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Trümmermörder

Trümmermörder

Titel: Trümmermörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Rademacher
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Familiendrama ist, dessen Zeugen wir hier werden«, fährt der Psychologe leise fort, »dann fehlen uns noch einige Darsteller: eine Großmutter. Das zweite Großelternpaar. Der Kindsvater und mutmaßliche Gatte der älteren Frau. Vielleicht weitere Kinder. Brüder oder Schwestern der Erwachsenen. Nicht zu reden von Verwandten zweiten oder dritten Grades. Viele weitere potenzielle Opfer – oder Täter.«
    Stave seufzt. »Sie meinen, dass wir noch ein paar weitere Tote finden müssen, die in dieses Schema passen? Dann erst können wir sicherer sein, dass es sich um eine Familie handelt?«
    Bürger-Prinz schüttelt den Kopf. »Wenn Sie den zwanzigsten Toten finden, dann können wir wohl ziemlich sicher sein, dass es keine Familie ist. Aber wenige weitere Opfer? Ein Junge oder ein Mädchen würden ebenso in das Schema passen wie alte Menschen beiderlei Geschlechts. Ein Mann ebenso wie eine Frau. Denken Sie doch: Einen Mann zwischen fünfunddreißig und fünfzig Jahren würden Sie für den Gatten und Vater halten. Einen jüngeren Mann für einen Bruder oder vielleicht den Mann der jüngeren Frau. Seien Sie sicher: Der nächste Tote, den Sie finden, wird ins Schema passen. Und der übernächste auch. Sie werden um nichts schlauer sein als jetzt.«
    »Was ist mit dem Medaillon?«
    Bürger-Prinz lehnt sich zurück und starrt zur Decke. »Die beiden Opfer, die es trugen, haben sicher etwas miteinander zu tun.«
    »Wenn es nicht der Täter abgelegt hat, als Zeichen.«
    »Das glaube ich nicht. Zu unauffällig beziehungsweise zu unregelmäßig. Sie haben zwei Tote ohne Medaillon gefunden, was bedeutet, dass der Täter dort nichts hinterlassen hat. Oder dass er es tat, aber so versteckt, dass Sie es übersahen. Beides würde nicht zu einem Mörder passen, der auf jeden Fall Zeichen setzen will.«
    »Also sind die Medaillons aus dem Besitz der Opfer. Eine Familie. So etwas wie ein Wappen?«
    »Keines, das ich von einer Hamburger Familie kennen würde«, antwortet der Psychologe. »Aber es muss kein Familienwappen sein.«
    »Sondern?«
    »Vielleicht ein religiöses Zeichen? Ein Kreuz und zwei Dolche, das hat eine spirituelle Dimension.«
    »Eine Sekte? Wie die Zeugen Jehovas? Der alte Mann war beschnitten.«
    »Wie die Juden. Und die Muslime übrigens auch.«
    »Juden und Muslime werden wohl kaum ein Kreuz tragen.«
    »Also Christen. Vielleicht gehören die vier Opfer derselben Gemeinde an.«
    »Und kein anderes Gemeindemitglied meldet sie als vermisst? Kein Pastor oder Sektenführer?«
    »Sekten wollen nicht unbedingt ans Licht der Öffentlichkeit treten und auch nicht die Aufmerksamkeit der Polizei erregen. Vor allem nach den Erfahrungen der letzten Jahre.«
    Stave denkt an die Zeugen Jehovas, die, als »Bibelforscher« geschmäht, in die Konzentrationslager gesperrt wurden. Er hat in den wenigen Minuten mit dem Psychologen viel erfahren, mehr, als er zu hoffen gewagt hatte. Aber was fängt er mit den Fakten und Hypothesen an? Wo soll er die in seinen Fall einordnen? Ist irgendetwas davon überhaupt wichtig? Oder verirrt er sich auf einer toten Spur?
    »Danke für Ihre Zeit«, sagt der Oberinspektor resigniert und steht auf.
    In der Zentrale geht Stave langsam den düsteren Gang bis zu seinem Büro entlang, bleibt bei der Tür zum Vorzimmer jedoch abrupt stehen. Sie ist nur angelehnt. Dahinter erkennt er zwei Schemen: Erna Berg und MacDonald. Für einen Moment ist der Oberinspektor versucht, diskret zu hüsteln, bevor er eintritt.
    Doch die beiden turteln nicht herum. Seine Sekretärin sitzt am Schreibtisch, das Gesicht verweint. Der junge Brite steht schräg dahinter, halb zu ihr hinuntergebeugt, und redet im Flüsterton beschwörend auf sie ein.
    Stave versteht kein Wort, ist auch ganz froh darüber. Geht mich nichts an, denkt er. Ein Beziehungsdrama schon jetzt, obwohl die beiden doch erst seit wenigen Tagen ein Paar sind. Er gibt den beiden noch etwas Zeit, sich auszusprechen, und geht nicht in sein Büro, sondern weiter bis zu seinem Chef. Cuddel Breuer hat ihn ja einbestellt.
    Stave fasst die Funde noch einmal zusammen, gibt sich auch einen Ruck und berichtet von seinem Besuch bei Bürger-Prinz.
    »Sie lassen wirklich nichts unversucht.«
    Stave schweigt irritiert, nicht sicher, ob das lobend oder sarkastisch gemeint ist. »Ich tue mein Bestes.«
    »Das erzählen Sie dem Bürgermeister«, sagt Breuer. »Wir sollen uns bei ihm melden. Er ist nicht glücklich über den Fall.«
    Stave und Breuer fahren im Mercedes die

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