Trugschluss
noch vereinfachter ausgedrückt: Mit
Gewichtsverschiebungen. Das ist eine rein mechanische Sache. Aber bitte –
fragen Sie jetzt nicht weiter. Ich will nicht, dass es gleich tausend Nachahmer
gibt, die mir den Erfolg vor der Nase wegschnappen.«
»Sie sagen, es sei auch mit aufwändigen
Energiefeldern möglich …?«
»Davon gehe ich aus. Alles besteht aus
Energie, überall ist Energie. Ich bin davon überzeugt, dass mit gigantischen
elektromagnetischen Energien die Welt zu verändern ist.« Willing behielt seine
Gesprächspartnerin fest im Auge. Irgendwie hatte er ihr Interesse an diesem
Thema geweckt. »Die Atmosphäre, in der wir leben, ist umgeben von solcher
Strahlung. Gewitter entstehen durch elektrische Aufladungen. Oder denken Sie an
statische Aufladungen, wenn plötzlich an ihren Fingern, Funken überspringen.
Die Großen dieser Welt«, sinnierte er weiter, »die basteln schon daran, glauben
Sie mir. Ein Erstes wird sein, das Wetter zu beeinflussen. Wer das Wetter
beherrscht, beherrscht die Welt. Er kann den Feind aushungern oder Wüsten in
blühende Landschaften verwandeln. Der nächste Überlebenskampf, das weiß man
längst, findet weniger ums Öl, als viel mehr ums Wasser statt.« Willing wischte
sich über die schweißnasse Glatze. Der Raum war eben viel zu heiß. »Glauben Sie
etwa auch, die Hitze im vergangenen Sommer sei Zufall gewesen? Brütende Hitze
über ganz Mitteleuropa, Hitze wie noch nie! Ich wette mit Ihnen um den Erfolg
meiner Maschine – im Sommer 2004 wird das Gegenteil getestet: Ungewöhnliche
Kälte, Regen, geradezu winterliches Wetter. Alle werden jammern, es habe seit
Menschengedenken keinen so verregneten Sommer mehr gegeben.«
Sie lächelte. »Und warum gehen Sie mit
dieser Theorie nicht an die Öffentlichkeit?«
»Soll ich mich als Spinner
abqualifizieren? Sie sind Journalistin, Sie müssen es doch wissen: Wenn Sie das
Ihrer Redaktion erzählen, werden Sie nie mehr einen ernsthaften
wissenschaftlichen Recherche-Auftrag kriegen.«
Willing war sich zwar nicht sicher, wie
ernst seine Besucherin ihn nahm und ob sie tatsächlich nur journalistisches
Interesse hatte, schließlich waren in den letzten Jahren schon viele dubiose
Fragesteller aufgetaut. Jetzt aber wollte er sein Hauptanliegen trotzdem
ansprechen – den Brummton. Egal, was ihr Auftrag war, sie sollte wissen, dass
es Menschen gab, die in der Lage waren, die dunklen Machenschaften von Militärs
und Politikern zu durchschauen. Er erläuterte seine Theorie, wonach der
Brummton mit weltweiten Experimenten zu tun haben müsse und dass offenbar
versucht werde, all jene, die dies publik machen wollten, einzuschüchtern. Es
habe sogar bereits Tote gegeben. Er erwähnte die beiden dubiosen Unfälle in
Mecklenburg-Vorpommern und eines Mitarbeiters des Truppenübungsplatzes
Münsingen.
»Und Sie haben keine Angst, ebenfalls in
die Schusslinie zu geraten?«, hakte die Besucherin nach und strich sich ihre
langen schwarzen Haare aus dem Gesicht.
Willing lächelte erhaben. »Nein. Überhaupt
nicht. Weil ich davon überzeugt bin, dass unsere Gegenseite gar nicht mehr in
der Lage ist, so viele Menschen unauffällig aus dem Weg zu räumen, dass es
keinen Aufschrei geben würde. Viel zu viele sind bereits eingeweiht. Und es ist
nur noch eine Frage der Zeit, bis auch die Medien den Mut aufbringen, es laut
in die Welt hinauszublasen.«
Die junge Frau versuchte, sich jedes Wort
und jede Formulierung einzuprägen. Ihr war verdammt heiß. Sie sehnte sich
irgendwie nach der Kühle, die der Nebel vor dem Fenster versprach.
Willing, der immer stärker schwitzte,
fasste angesichts der vorausgegangenen Ereignisse den Entschluss, nicht länger
zu schweigen. Mochte diese Frau auch zu jenen gehören, die bereits in der
Vergangenheit versucht hatten, ihn über das Brummton-Phänomen auszuhorchen, so
machte es jetzt keinen Sinn mehr, mit dem, was er wusste, hinter dem Berg zu
halten. Sollte sie es doch ihren Auftraggebern, wer immer diese sein würden,
Wort für Wort übermitteln – dann würde denen endlich klar sein, dass sie’s
nicht mit einigen wenigen zu tun hatten, sondern mit einer starken
Gemeinschaft.
»Wissen Sie«, sagte er deshalb und verzog
sein blasses Gesicht zu einem Lächeln. »Unsere Erkenntnisse sind inzwischen
ziemlich umfangreich – und dokumentiert. So dokumentiert«, log er überzeugend, »dass
sie bei einem Notar unter Verschluss sind. Falls einem von uns etwas zustößt,
werden die Dokumente, darunter Videos und
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