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Trugschluss

Trugschluss

Titel: Trugschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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gab,
sollten verstärkt Personen überprüft werden. Der Leiter der Göppinger
Polizeidirektion, Manfred Brause, hatte die Anweisungen des Innenministeriums
und des Landeskriminalamts an die einzelnen Dezernate innerhalb seines Hauses
weitergegeben, worauf Kripo-Chef Bruhn die ohnehin bereits bestehende
Urlaubssperre augenblicklich bis Mitte März ausdehnte.
    Als Häberle an diesem nebligen
Dezember-Montag vor der Fahrt zur Geislinger Sonderkommission bei dem wieder
mal missmutig gelaunten Kripo-Chef vorbeischaute, um das weitere Vorgehen in
Lugano zu besprechen, winkte Bruhn unwirsch ab und wies dem Kommissar den Platz
am Besuchertisch zu.
    »Ich glaub, Ihnen ist gar nicht bewusst,
was Sie ausgelöst haben«, begann der Chef, auf dessen Glatze sich die
Halogenlichter spiegelten. Er würdigte Häberle keines Blickes, sondern
sortierte gelochte Blätter.
    Der Kommissar verschränkte die Arme und
war gespannt, was kommen würde. Bruhn schien verärgert zu sein – aber auch das
war nichts Außergewöhnliches.
    »Da werden hinter meinem Rücken Aktionen
ausgelöst, die weitreichende Folgen haben. Im Innenministerium ist der Teufel
los – nicht nur in Stuttgart, auch in Berlin.«
    Häberle holte tief Luft. Er hatte wirklich
keine Ahnung, was geschehen war.
    Erst jetzt blickte ihm Bruhn, der sein
Jackett abgelegt hatte, aber eine korrekt sitzende Krawatte trug, energisch in
die Augen. »Diese beiden Araber da bei Blaubeuren, die vor einigen Tagen von
den Ulmer Kollegen kontrolliert wurden, sind ins Terrornetz Al Kayda
verstrickt.«
    Häberle stockte der Atem, ließ es sich
aber nicht anmerken.
    »Das haben die Staatsschützer in
Reutlingen rausgekriegt«, ergänzte Bruhn, dessen Gesicht trotz der eher
rundlichen Formen irgendwie kantig wirkte. »Eine beachtliche Leistung«, stellte
er fest, »die Ulmer haben’s glatt verpennt.«
    Häberle überlegte, über wen nun das
Donnerwetter niedergehen würde. Schließlich war es doch letztlich der
Aufmerksamkeit der Ulmer Kollegen zu verdanken gewesen, dass sie den Tipp auf
diese beiden Männer an ihn weitergegeben hatten.
    »Und Sie leiern da eine Sache an, von der
ich übers Innenministerium erfahren muss«, wetterte Bruhn jetzt los. »Und
kommen Sie mir jetzt bloß nicht daher und behaupten, dieser … dieser Blühm,
dieser verschwundene Kommunalpolitiker, habe etwas mit der Sache zu tun.« Der
Chef sprang auf, als habe ihn eine Sprungfeder hochgeschnellt. Er vergrub die
Hände in den Hosentaschen und wurde lauter: »Unsere Zielrichtung ist ab sofort
eine andere: Objektschutz, Personenschutz, flächendeckende Kontrollen aller
gefährdeter Anlagen – militärische, industrielle.« Bruhn schritt zu einem der
Fenster und blickte zum Himmel, als suche er Erleuchtung von oben. Häberle
beobachtete ihn distanziert, ohne ihn unterbrechen zu wollen.
    »Das IM« – womit Bruhn das
Innenministerium meinte – »das ist seit Anfang letzter Woche schon vom
Verteidigungsministerium auf die Aktivitäten gewisser Kreise hingewiesen
worden. Und jetzt das!« Bruhn tat so, als ob Häberle an allem schuld sei.
    »Die erwarten«, fuhr der Chef fort, »oder
besser gesagt: die gehen davon aus, dass es in den nächsten drei Monaten
knallt.« Bruhn drehte sich mit einem Schlag wieder um, worauf Praktiker Häberle
die Gelegenheit zu einer Bemerkung gekommen sah: »Und was bedeutet das konkret
für uns?«
    Bruhn stutzte. »Alle verfügbaren Kräfte
zum Schutze gefährdeter Objekte einsetzen. Und im Umfeld verdächtige Personen
observieren und kontrollieren.«
    Als Häberle stumm nickte, noch immer die
Arme verschränkt, ließ sich Bruhn wieder in seinen Bürosessel plumpsen und
brauste los: »Autobahn, Bahnlinie, Umspannwerke, Türme, Sendemasten,
Industriebetriebe – WMF in Geislingen, alle die großen hier in Göppingen, das
Daimler-Schulungszentrum droben bei Hohenstadt, Mineralbrunnen in Bad
Überkingen, die Leitung der Landeswasserversorgung vom Donau-Ried ins Remstal,
die NATO-Pipeline. Mein Gott, muss ich Ihnen das vorbeten?«
    Häberle seufzte in sich hinein und stand
auf, als Bruhn sich wortlos wieder um seine losen Blätter kümmerte und damit
zum Ausdruck brachte, dass alles gesagt war.
    »Ach, noch was«, entschied Bruhn ohne
aufzublicken, »die Soko in Geislingen wird aufgelöst. Der Fall wird im Rahmen
des Tagesgeschäfts weiterverfolgt.«
     
    Die Aktion unterlag höchster
Geheimhaltung. Nur die führenden Polizeibeamten wurden annähernd darüber
informiert, dass es konkrete

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