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Trugschluss

Trugschluss

Titel: Trugschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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der denn für
Beziehungen zu diesem komischen Kauz hier?«
    Sander zuckte mit den Schultern. »Kommunalpolitiker
treiben sich überall rum. Wer sich für dieses Ehrenamt entscheidet, hat
allerhand am Hals, glauben Sie mir!«

12
     
    Donnerstag, 16. März 2000.
    Die Hohenstadter Leiche, dafür sorgte Sander, kam anderntags groß
in die Schlagzeilen.
    Ihm war es im Laufe des gestrigen Tages
noch gelungen, ein Gespräch mit Chef-Ermittler August Häberle zu führen. Sie
beide verband ein enges Vertrauensverhältnis, zumal sie schon viele Fälle
gemeinsam bearbeitet hatten – schon zu Zeiten, ehe Häberle nach Stuttgart
gegangen war. Sander wusste längst, welche Details, die er erfuhr,
veröffentlicht werden konnten, und welche nicht, weil sie die Ermittlungen
stören würden. Nur Kripo-Chef Helmut Bruhn traute ihm, warum auch immer, nicht über
den Weg. Das Verhältnis war seit Jahren angespannt – doch kannte Sander die
Ursache nicht. Manchmal hatte Sander den Eindruck, der Kripo-Chef hege
ernsthaft Zweifel daran, dass auch die Presse an der Aufklärung einer Straftat
interessiert sein könnte. Dabei wurden die Zeugenaufrufe stets detailliert
veröffentlicht.
    Auch in seinem heutigen Artikel hatte
Sander die Leser gebeten, verdächtige Beobachtungen der Sonderkommission zu
melden. Doch erfolgreich war dies nicht. Obwohl der Bericht auch in den Lokalausgaben
von Göppingen und Ulm erschien, gab es keine weiteren Hinweise mehr.
     
    Selbst die Analyse des Erbguts, die bis zum Abend vorlag,
erbrachte keine Erkenntnisse. Nirgendwo in den verfügbaren Datenbänken war
solches DNA-Material gespeichert. Es traf auch auf keinen der Vermissten zu,
sofern deren Erbgut registriert war.
     
    In den folgenden Tagen berichtete die  ›Geislinger Zeitung‹ noch
einige Male in großer Aufmachung über den rätselhaften Fall – bis schließlich
selbst Sander eingestehen musste, dass es nun nichts Neues mehr gab, also alle
verfügbaren Details ausgelutscht waren, wie er sich gegenüber seinen Kollegen
ausdrückte. Ende März jedenfalls verschwand das Ereignis dann gänzlich aus den
Zeitungsspalten.
    Die Kriminalisten versprachen sich noch
von der April-Ausgabe der ZDF-Sendung ›Aktenzeichen XY … ungelöst‹ neue Spuren,
zumal sich der Moderator dabei insbesondere an die Schweizer Zuschauer wandte.
Zwar gab es ein halbes Dutzend Hinweise auf die mögliche Identität des Toten,
doch verliefen auch diese Ermittlungen schließlich im Sande.
     
    Irgendwann im Laufe des Sommers 2000 musste August Häberle im
Gespräch mit Sander einigermaßen zähneknirschend einräumen, dass der Fall nach
dem gegenwärtigen Stand der Dinge als ungelöst zu den Akten gelegt werden müsse.
Einer seiner wenigen, wie der Chef-Ermittler betonte. Er fügte jedoch hinzu,
dass man sofort wieder nachhaken werde, sobald sich neue Erkenntnisse ergäben.
    Diese aber gab es nicht.

13
     
    Über ein Jahr später, am Donnerstag, 19. April 2001, am Cape Canaveral
in Florida.
    Die Sonne brannte gnadenlos auf die Zuschauer-Tribüne herab.
Zwei-, dreitausend Menschen gehörten zum erlesenen Kreis derer, die hier am
Cape Canaveral Platz nehmen durften – Gäste der europäischen Raumfahrtbehörde
ESA und der amerikanischen NASA. Mit zusammengekniffenen Augen, mit
Sonnenbrillen oder Ferngläsern, blickten sie über das weite und von Alligatoren
bevölkerte Sumpfgelände des ›Banana-Creek‹ zu den Starttürmen hinüber, vier,
fünf Kilometer entfernt. An einem, das war nur durchs Fernglas zu erkennen,
stand die ›Endeavour‹, majestätisch und in der Sonne glitzernd. In knapp zehn
Minuten würde sie auf einem Schwall entfesselter Energie in den tiefblauen
Frühlingshimmel donnern. Wie gebannt hingen die Blicke an der metergroßen
Digital-Anzeige, die vor der Zuschauer-Tribüne aufgebaut war. Die gelben
Ziffern hakten monoton die Sekunden ab. Noch knapp zehn Minuten waren es, als
es ganz feierlich wurde: Aus den Lautsprechern ertönte die amerikanische
Nationalhymne. Die Zuschauer erhoben sich, viele griffen sich mit der rechten
Hand ans Herz, richteten ihren Blick seitwärts, wo Sternenbanner und
›Endeavour‹-Flagge im Frühlingswind flatterten. Mit den letzten Tönen der Musik
waren’s noch sieben Minuten und 23 Sekunden. Die feierliche Stille blieb für
einen atemlosen Augenblick erhalten. Dann wanderten die Augen zwischen
Countdown-Uhr und dem Startturm da draußen hin und her. Die Nervosität stieg.
    Die letzten zehn Sekunden: Jetzt begannen
die

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