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Trugschluss

Trugschluss

Titel: Trugschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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zuckte mit den Schultern, um sich
dann wieder gelassener zu geben: »Aber seit dem elften September ist mein
Vertrauen in die Erkenntnisse unserer Geheimdienste etwas – na ja«, er machte
eine Pause, »um es vornehm auszudrücken, etwas geschwunden.«
    »Andererseits«, überlegte der Blasse stirnrunzelnd,
»lässt sich eine solche Sache nur schwerlich geheimhalten. Wenn ich mir
überlege, wie viele Personen daran beteiligt sind.« Er schob sich eine gehäufte
Gabel voll gebratener Eier in den Mund.
    »Nun ja«, konstatierte sein
Gesprächspartner, während er sich entspannt zurücklehnte, »aber allesamt sind
es handverlesene Wissenschaftler, guter Freund.« Er lächelte väterlich. »Sie
wissen selbst am besten, wie hoch die Anforderungen waren. Und selbst
Kapazitäten auf ihren jeweiligen Gebieten tun sich schwer mit dieser Materie.«
    Der junge Mann schnitt sich ein Stück von
seinem Steak ab. »›Materie‹ ist das richtige Wort, ja.« Er nahm einen Bissen
und meinte wie zur Bestätigung dessen, was sein älterer Kollege gesagt hatte: »Dabei
müsste die Zauber-Formel: E gleich Em-Ce-Quadrat doch eigentlich jedem
Zehntklässer einleuchten.«
    Der andere nickte gelassen. »In der Tat,
mein Freund. Obwohl sich noch immer viele mit der Vorstellung schwertun, dass
sich aus vergleichsweise verschwindend geringen Mengen Materie eine
höllenmäßige Energie freisetzen lässt. Eigentlich die Höllenglut.«
    Der junge Mann nahm einen Schluck Kaffee. »Das
Schlimme ist«, konstatierte er, »dass wir Wissenschaftler unablässig
Geheimnisse enträtseln, die Lösungen dann aber sofort in die Hände verantwortungsloser
Gruppen gelangen.«
    Der Ältere kannte solche Einwände zur
Genüge. Er atmete tief durch. »Junger Freund«, sagte er, »diese Problematik
wird in den nächsten Jahren noch viel, viel dramatischer. Wir sind uns doch
einig, dass wir erst ganz am Anfang dessen stehen, was uns dieses Universum an
Rätseln aufgibt. Seit wir intensiv damit begonnen haben, zu glauben, eines nach
dem anderen lösen zu können, tun sich doch sofort tausend neue auf. Und ich
gebe Ihnen absolut recht – mit allem, das wir einigermaßen verstehen, liefern
wir gleichzeitig den Abgründen dieser Welt auch wieder neue Möglichkeiten,
diesen Planeten zu zerstören.« Und wie zur Bestätigung wiederholte er die
Formel, die letztlich zur Atombombe geführt hat: »E gleich Em-Ce-Quadrat – ein
genialer Gedankengang eines genialen Denkers. Aber gleichzeitig das Tor zur
Hölle.« Der Wissenschaftler stand auf und ging zum Mittagsbüffet hinüber, um
sich Orangensaft nachzuschenken. Als er sich wieder setzte, dozierte er vor
seinem jungen Kollegen weiter: »Das Problem, wie ich es sehe, besteht in den
unterschiedlichen Entwicklungsstufen auf der Erde. Die einen, das sind wir, Sie
und ich und die hochtechnisierte und sogenannte zivilisierte Welt, die sind in
der Lage, die Risiken abzuschätzen. Aus leidvoller Erfahrung natürlich. Wir
haben, leider mit herben Verlusten und viel Elend, eine Entwicklung
durchgemacht, einen Lernprozess, der uns einsichtig macht – oder sagen wir
besser: einsichtig machen müsste.« Er überlegte und beobachtete seinen
Kollegen, der jetzt den Erdbeersahne-Nachtisch löffelte und aufmerksam zuhörte.
»Nun gibt es Regionen auf diesem Planeten, da ist eine solche Entwicklung nicht
langsam und kontinuierlich vonstatten gegangen. Die Menschen dort wurden, ich
sag es mal überspitzt, aus ihrer Steinzeit direkt in die Moderne katapultiert,
also mit den Errungenschaften unserer Technik konfrontiert, ohne jemals langsam
darauf vorbereitet worden zu sein, wenn Sie verstehen, junger Freund.«
    Der Gesprächspartner nickte eifrig,
während der Ältere weiterredete: »Heute hat, wenn man’s genau nimmt, ein
›Buschmann‹ Waffen und Techniken in der Hand, über deren Wirkung er sich
überhaupt kein Bild machen kann. Denn sie wissen nicht, was sie tun, pflege ich
immer zu sagen – ist aus der Bibel, glaub ich. Das ist, wie wenn Sie einem
kleinen Kind eine Pistole in die Hand gäben. Es würde wild drauf losballern,
ohne sich über das Ausmaß dessen, was es anrichtet, bewusst zu werden.«
    Der Wissenschaftler nahm einen Schluck
Orangensaft. »Und ich sag Ihnen, junger Freund: Wenn es die zivilisierte
Menschheit nicht schafft, diese Entwicklungsunterschiede auszugleichen, wird es
eines Tages eine Katastrophe geben. Eine Katastrophe ungeahnten Ausmaßes.« Nach
kurzer Überlegungspause fügte er seufzend hinzu: »Aber

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