Trugschluss
Gesprächspartners
huschte ein mitleidiges Lächeln. »Mehr als was im Radio kam, weiß ich nicht.
Aber es war von nichts Gegenteiligem die Rede. Ist doch auch nichts
Außergewöhnliches – ein Raser, der bei Nacht und Nebel auf einen Baum fährt!
Kommt doch immer mal vor, oder?«
»Seine Angehörigen werden sicher darauf
drängen, dass die Umstände untersucht werden.«
»Davon ist auszugehen. Aber was wollen Sie
tun, wenn die Staatsanwaltschaft keine Anhaltspunkte auf ein Fremdverschulden
findet?«
Sander nickte stumm. Er wusste zwar, dass
bei nicht natürlichen Todesfällen von Amtswegen ermittelt wurde – aber wie
intensiv dies bei einem gewöhnlichen Verkehrsunfall war, vermochte er nicht zu
sagen. Und bei der heutigen Elektronik an den Fahrzeugen waren sicher vielerlei
Manipulationen möglich – sogar von außerhalb.
Für die beiden Männer jedenfalls stand
eines fest: Kirchners Tod und ein ähnlicher Todesfall, von dem Brummton-Gruppen
in Mecklenburg-Vorpommern berichteten, wiesen erstaunliche Parallelen auf. Wenn
man dann noch den Überfall auf Lilo betrachtete und jenen BMW mit Stuttgarter
Kennzeichen dazu in Verbindung brachte, den Steinbach nun ebenfalls ansprach,
dann blieb nach Meinung des Journalisten nur der Verdacht, dass zwischen allem
ein Zusammenhang bestand. Und plötzlich stieg in Sander das dumpfe Gefühl auf,
mit seinen Recherchen ebenfalls in Gefahr zu geraten. Er beschloss, sich gleich
morgen Vormittag Häberle anzuvertrauen.
»Aber das Wichtigste kommt erst noch«,
unterbrach Steinbach die kurze Stille. »Es sieht ganz danach aus, als habe
dieser Kirchner aussteigen wollen.«
»Aussteigen?«, Sanders Interesse stieg
weiter.
»Wir haben mehrere anonyme Anrufe
erhalten. Vor einem halben Jahr zuerst, vor kurzem wieder. Es muss ein Insider
gewesen sein. Er hat uns auf irgendeine Schaltzentrale in Münsingen
hingewiesen, die schuld an dem Brummton-Phänomen sei. Mir wird immer klarer,
dass es nur dieser Kirchner gewesen sein kann.«
Sander verengte kritisch die Augenbrauen.
»Und dann lag plötzlich ein Buch über
Einstein in meinem Briefkasten«, fuhr Steinbach fort, »ja, über Einsteins
Relativitätstheorie.«
»Ein Hinweis, ein Tipp – oder was sonst?«,
staunte der Journalist.
»Nennen Sie’s, wie Sie wollen. Jedenfalls
glaub ich nicht daran, dass dies alles zufällige Ereignisse sind. Und die
Vorkommnisse häufen sich«, leitete Steinbach über und nahm einen Schluck aus
seinem Glas. »Wenn unser Gefühl nicht trügt, fühlt sich unsere Gegenseite in
die Ecke gedrängt.« Er überlegte. »Oder sie können zum jetzigen Zeitpunkt kein
Störmanöver gebrauchen.«
Sander lehnte sich zurück. »Mir ist nur
bei allem, was ich bisher erfahren habe – von Ihnen, den Neumanns und von Herrn
Brobeil – da ist mir noch immer nicht klar geworden, welcher Art die
Experimente sind, die Sie befürchten.«
Sein Gegenüber kniff nachdenklich die
Lippen zusammen, als suche er nach Worten. Dann erklärte er: »Mit ›HAARP‹, das
ist Ihnen geläufig, werden offenbar gigantische Energiefelder erzeugt. Was
letztlich damit bezweckt wird, wissen wir leider auch nicht. Aber es ist vieles
denkbar: Die Psyche der Menschen beeinflussen, also ganze Völker – bis hin zur
Manipulation des Wetters, was mir persönlich übrigens am ehesten wahrscheinlich
erscheint. Die Atmosphäre ist elektrisch geladen, Gewitter zeugen davon. Da
sind ständig gewaltige Kräfte am Werk. Ich denke, dass diese durchaus
veränderbar oder lenkbar sind, vorausgesetzt man weiß, wie’s geht.«
Sander machte sich Notizen. »Und dazu
braucht man natürlich jede Menge elektromagnetische Energie und damit
Funkanlagen«, zeigte er sich wissend.
»Eben«, sagte Steinbach, »Antennenanlagen
sind in den vergangenen zehn Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen. Klar,
unsere schöne Zivilisation hängt am Funkverkehr, keine Frage. Mobilfunk und
Internet, Satellitenkommunikation und Navigation – es gibt ja nichts mehr, was
nicht drahtlos geht, bis hin zum Babyphone, mit dem sie das Kinderzimmer
überwachen. Aber wer von uns allen kann schon überblicken, ob die vielen Masten
und Türme, die Parabolspiegel und sonstigen Antennen, die auf Hochhäusern oder
gar in Kirchtürmen installiert wurden, alle nur ›normalen‹ Zwecken dienen?
Selbst Kommunalpolitiker kriegen keine eindeutigen Antworten, wenn sie von der
Stadtverwaltung wissen wollen, wozu dieser oder jener Antennenmast dient. Die
Bürgermeister wissen’s nämlich oft
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