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Trugschluss

Trugschluss

Titel: Trugschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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Jahren
– in Hohenstadt.«
    Stille. Die drei Männer auf dem Flur
verstanden die Welt nicht mehr.
    »Kein Zweifel?« Dies war alles, was
Häberle zu sagen vermochte.
    »Kein Zweifel«, bestätigte Schmidt und
wollte dem Chef-Ermittler das Blatt Papier reichen. Der lehnte aber ab.
    »Das muss ich tatsächlich erst mal
verdauen«, räumte der Kommissar ein. Seinem jungen Kollegen hatte es offenbar
auch die Sprache verschlagen, weil er nicht mal sein übliches »Da haut’s dir’s
Blech weg« sagen konnte.
    Häberle entschied, mit seinen beiden
Kollegen die neue Situation zu beraten. Sie gingen in das Besprechungszimmer
und nahmen an dem weißen Tisch Platz.
    »Kollegen«, sagte der Kommissar, »was dies
bedeutet, muss uns klar sein. Der Mann, der bei den Neumanns war, ist ein
Mörder. Oder zumindest einer, der mit diesem Verbrechen vor dreieinhalb Jahren
zu tun hatte.«
    »Was ich überhaupt nicht versteh«, warf
Schmidt vorsichtig ein und begann an seinem Schnurrbart zu zwirbeln, »warum
trägt einer so lange ein fremdes Taschentuch mit sich rum. Oder wenn’s sein
eigenes ist, warum wirft er es nicht weg, wenn es mit seinem Opfer in Berührung
gekommen ist?«
    Häberle wollte gleich noch eins
draufsetzen: »Warum kutschiert einer Nummernschilder in der Landschaft rum, die
er vor dreieinhalb Jahren vom Auto des Verblichenenen geschraubt hat? Kann mir
ein Mensch dies vernünftig erklären?«
    Sie schwiegen sich für einen Moment an,
bis Linkohr feststellte: »Vielleicht gibt’s gar nicht für alles eine vernünftige
Erklärung.«
    Häberle sagte dazu nichts. Er mochte zwar
den jungen Kollegen, aber seit dieser anfing, für Verschwörungstheorien und
bisweilen sogar zweifelhaftes esoterisches Gedankengut zugänglich zu sein, war
er ihm tatsächlich ein bisschen unsympathisch geworden. Aber die jungen Leute
durften ja verrückte Ideen haben, dachte er dann wieder. Das Leben, das Alter
und die Erfahrung würden es schon richten …
     
    Sander fand die Adresse Kirchners im Münsinger Telefonbuch. Er
wohnte in einer beschaulichen Siedlung, deren Baustile an die Achtzigerjahre
erinnerte, als man sich langsam von den gradlinigen Fronten verabschiedete, vor
allem aber von den schwäbischen Gartenmäuerchen mit Scherenzaun.
    Den Journalist beschlich stets ein ungutes
Gefühl, wenn er Angehörige von Verunglückten aufsuchen musste. Er vermied dies,
so gut es ging. Doch im vorliegenden Fall war er ja seit gestern quasi selbst
ein Betroffener. Das Einfamilienhaus wirkte gepflegt, der Garten davor auch.
Sander ging im Nieselregen die paar Schritte über einen Plattenweg zu der
weißen Alu-Tür und sah, dass am Klingelknopf ›Stefan Kirchner‹ stand. Gerade
als er drauf drücken wollte, hörte er die Stimme einer Frau, die am Giebel des
Nachbarhauses an einem offenen Fenster stand. »Da ist niemand.«
    Der Journalist drehte sich um. Er blickte
zu einer jungen schwarzhaarigen Frau hinauf. Die rief, ohne gefragt zu werden
und in gepflegtem Schwäbisch: »Der Herr Kirchner isch vorletzte Nacht tödlich
verunglückt.«
    Ziemlich direkt, dachte sich Sander.
Schließlich hätte er auch ein Freund sein können, der davon wohl geschockt
gewesen wäre.
    »Weiß ich«, rief der Journalist zurück. »Sonst
niemand da?«
    »Nein, der Herr Kirchner hat hier allein
g’wohnt.«
    Sander bat die Frau, doch mal kurz
herunterzukommen, was sie offenbar gerne tat. Endlich jemand, dem sie etwas
erzählen konnte.
    Sie war um die 30, schätzte Sander, wirkte
gepflegt und war ihrer Kleidung nach zu urteilen wohl gerade mit Hausarbeiten
beschäftigt. Er stellte sich vor und wurde sofort in den Flur gelassen, der angenehm
temperiert war. Die Frau lehnte die Haustür an und musterte den Journalisten. »Wieso
interessiert Sie denn das?«, wollte sie wissen. Sander war auf diese Frage
eigentlich gar nicht gefasst, weshalb er wenig überzeugend erklärte, Kirchner
sei wohl mit einem interessanten Forschungsprojekt befasst gewesen, das Anlass
zu allerlei Spekulationen gäbe.
    »Dass es gar kein Unfall war?«, zeigte
sich die Frau schlagartig interessiert.
    »Nein, nein, das nicht. Mich würde nur
interessieren, ob man denn weiß, was der Herr Kirchner gearbeitet hat.«
    Die Frau kratzte sich im halblangen Haar. »Gearbeitet
hat der eigentlich ständig. War ja alleinstehend, immer allein«, sagte sie und
lächelte so, als ob er ihr Leid getan hätte.
    »Hat er denn keine Angehörigen?«
    »Doch, irgendwo im Norden, Cuxhaven oder
so, keine Ahnung. Manchmal

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