Trust Me - Blutiges Grauen
zugepflasterte Fingerspitzen fiel. “Hör zu, warum gehst du heute nicht früher? Ich weiß sowieso nicht, wie du mit diesen Dingern an den Händen Haare schneiden kannst. Ich schaffe das schon allein.”
Jane wusste gar nicht, wie sie diese Freundlichkeit aufnehmen sollte. Hier in diesem Laden herrschte große Konkurrenz. Sie steckten alle zu sehr in ihren eigenen Schwierigkeiten, kämpften zu hart ums Überleben, um einen anderen großartig unterstützen zu können.
“Bist du sicher?”, fragte sie. Sie wusste, dass Danielle in diesem Fall länger bleiben musste. Dann blieb ihr weniger Zeit mit ihrem Sohn, der ihr Ein und Alles war. Aber Danielle nickte und schob Jane zu ihrem Platz.
“Ja, ich bin sicher. Hol deine Tasche und geh”, sagte sie in spielerisch strengem Ton.
Jane fühlte sich erleichtert und schöpfte wieder ein bisschen Hoffnung. Es war früh genug. Mit etwas Glück würde sie Noah noch in seinem Büro antreffen. Freitags arbeitete er meist bis sechs, um die Woche abzuschließen.
Sie nahm ihre Tasche und die Schlüssel und rannte fast aus dem Laden. Dann fuhr sie zu Noah ins Büro.
Als sie ankam, entdeckte sie seinen Truck in der Seitengasse; hier parkte er immer. Das war ihre Chance.
Alles wird gut. Mach dir keine Sorgen. Beruhige dich.
Das Auto seiner Sekretärin stand nicht mehr draußen; Jane nahm an, dass Noah allein im Büro war. Es war die beste Gelegenheit, ihm von ihrem erniedrigenden Erlebnis zu berichten, von den Zweifeln, die sie mehr denn je plagten, von ihrer Angst.
Nur, dass sein Büro verschlossen war und er nicht an die Tür kam.
“Noah? Noah, ich bin’s!” Sie klopfte. “Bitte mach auf!”
Keine Reaktion. Er erschien erst, als sie nicht aufhörte, wie verrückt gegen die Tür zu hämmern. Doch er öffnete die Tür lediglich einen Spalt und blieb davor stehen, als wollte er ihr den Zutritt versperren.
“Ich muss mit dir reden”, sagte sie aufgeregt und noch völlig außer Atem.
Er runzelte die Stirn. “Jane, ich kann dich nicht reinlassen. Ich habe Wendy versprochen, mich nicht mehr mit dir allein zu treffen, und ich werde mein Versprechen halten. Wenn du Hilfe brauchst, musst du dich an deinen Mann wenden.”
“Du hast es ihr erzählt”, flüsterte sie.
“Ich musste. Das war die einzige Möglichkeit, die Sache zu beenden und nicht wieder schwach zu werden.”
“Was wird aus
mir
?”
“Es ist für uns beide so am besten. Du musst lernen, dich auf deinen Mann zu verlassen und nicht immer zu mir zu kommen. Ich möchte nicht zwischen euch stehen. Wer gewinnt dabei? Niemand. Das wäre für unsere beiden Familien schlecht.”
“Aber … Oliver hat mir gestern Nacht wehgetan. Er ist nicht mehr derselbe. Er ist …
gefährlich.”
Jane wusste, dass sie viel zu schnell redete, dass sie hysterisch wirkte und deshalb nicht besonders überzeugend war. Aber sie wünschte sich so verzweifelt, dass er ihr glaubte.
Noah verdrehte die Augen. “Hör auf! Er hat eine schwere Zeit durchgemacht, so wie wir alle. Für ihn war es noch schlimmer als für uns. Er muss wieder vollkommen von vorn anfangen und hat keine Ahnung, wie er seine Familie ernähren soll.”
“Aber er
hat
es getan, Noah. Ich glaube, er hat wirklich diese Frauen umgebracht und wollte Skye vergewaltigen. Ich fürchte, er wird wieder was tun, wenn er die Gelegenheit bekommt. Es ist nur eine Frage der Zeit, dass …”
Er hob die Hand, um Jane zum Schweigen zu bringen. “Ich will nichts davon hören, du bist ja völlig überdreht! Er hat es nicht getan, hörst du?
Er war es nicht!”
Sie blickte sich auf dem verlassenen Parkplatz um. Was sie ihm sagen wollte, war zu intim, um es vor aller Welt hinauszuposaunen. Aber Noah ließ ihr keine Wahl. Sie wusste, er würde sein Versprechen Wendy gegenüber einhalten und sie nicht hereinlassen. “Gestern Nacht hatten Oliver und ich zum ersten Mal Sex miteinander.”
Noah verzog das Gesicht. “Davon will ich auch nichts hören! Leb dein Leben und werde glücklich. Mach meinen Bruder glücklich!” Er wollte sich zurückziehen, aber sie umklammerte die Türkante und ließ nicht los.
“Noah, du
musst
mir unbedingt zuhören! Ich weiß nicht, mit wem ich sonst darüber reden kann. Ich weiß nicht, ob ich verrückt werde oder ob er wirklich gefährlich ist, aber er
fühlt sich so an
, als wäre er es. Gestern Nacht hat er darauf bestanden, dass ich mich fesseln lasse, mit dem Gesicht nach unten, und er hat mir die Augen verbunden. Es war ihm ganz egal, dass
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