Trust Me - Blutiges Grauen
zuckerkrank war.”
David schwieg einen Moment, damit sie die Nachricht verdauen konnte.
“Wer hat ihn gefunden?”, fragte sie.
“Ein Mann namens John Roberti. Die Leiche lag im Bach auf einem unbebauten Grundstück hinter einem Kiosk.”
“Wie ist er getötet worden?”
“Der Körper war schon zu verwest, um das jetzt sagen zu können. Jemand hat ihn in eine Tonne gestopft und ins Wasser geworfen. Offenbar hat er da eine Weile gelegen. Wenn Sommer wäre, hätten wir womöglich …”
Er ließ den Satz unbeendet, aber sie wusste, was er hatte sagen wollen: Dann hätten sie nur noch Knochen vorgefunden.
Sie schlug sich die Hand vor den Mund, um gegen die plötzliche Übelkeit anzukämpfen, die in ihr aufstieg. Das war der Mann, mit dem sie vor Weihnachten in ihrem Büro gesprochen hatte. “Gibt es irgendeinen Hinweis darauf, wer ihn getötet hat?”
“Wir suchen die Tonne natürlich nach Fingerabdrücken und anderem ab. Es hat aber so stark geregnet, dass wir keine Schuhabdrücke oder Reifenspuren finden werden. Der Pathologe wird womöglich etwas mehr sagen können, wenn er den Toten untersucht hat.”
“Es war seine Frau”, sagte Skye. Das hatte sie bereits von Anfang an vermutet. “Vielleicht zusammen mit ihrem Liebhaber.”
“Wir kriegen den, der das getan hat, Skye!” David versuchte, überzeugt zu klingen, aber Skye bezweifelte, dass er sehr optimistisch war. Er hörte sich müde an und mitgenommen.
“Jonathan Stivers könnte dabei helfen. Er hat alle möglichen Indizien gegen Mrs. Regan gesammelt.”
“Das hat Mike Fitzer auch gesagt. Er wird ab jetzt die Sache übernehmen. Als wir den Leichnam identifiziert hatten, war mir klar, dass es nicht mehr mein Fall ist.”
“Wird Mike denn mit Jonathan zusammenarbeiten?”
“Inzwischen schon. Es gefällt ihm nicht, wenn er einen ungeklärten Mord auf seinem Schreibtisch hat. Außerdem weiß er, dass ich ihm über die Schulter sehe.”
“Wann kannst du nach Hause kommen?”
“Ich bin schon unterwegs.”
Als es an die Haustür klopfte, richtete Skye sich auf. “Da draußen vor der Wohnung ist jemand.”
“Oh Gott! Sag nicht, es ist Lynnette, um Jeremy abzuholen! Ich komme, so schnell ich kann.” Aber Skye wusste, dass es nicht schnell genug sein würde, um die Konfrontation mit seiner Exfrau zu verhindern. Jeremy war bereits zur Tür gerannt, um zu öffnen. Bevor Skye den Hörer aufgelegt hatte, stand Davids Exfrau in der Wohnung und musterte sie feindselig.
“Tut mir leid, aber David ist noch nicht hier.” Skye fühlte sich so befangen wie noch nie in ihrem Leben. Sie wusste, was jemandem mit MS bevorstehen konnte. Sie hatte eine gute Freundin, die innerhalb von zehn Jahren im Rollstuhl gelandet war.
Lynnette kniff die Augen zusammen, während sie Skyes Spaghettihemd und die Pyjamahose betrachtete. “Was bilden Sie sich ein, wer Sie sind?”
Das war eine dieser typischen rhetorischen Fragen, mit denen man Streit anfing. Oder eine Prügelei.
Skye hob beschwichtigend die Hand und trat einen Schritt zurück. “Hören Sie, das ist jetzt nicht der richtige Augenblick. Ich bin nur als Babysitter hier.”
“Wollen Sie behaupten, dass Sie nicht mit meinem Mann schlafen?”
“Er ist Ihr
Ex
mann.” Skye warf einen bedeutungsvollen Blick auf Jeremy. “Ihr Sohn ist hier.”
“Das stimmt.
Mein
Sohn. Und ich will nicht, dass Sie in irgendeiner Form mit ihm zu tun haben.”
“Es ist unnötig, ihm noch mehr Kummer zu bereiten”, sagte Skye leise. Aber Lynnette schien im Moment nicht die erforderliche Sensibilität aufbringen zu können, um darauf Rücksicht zu nehmen. Nach den Stilettos, dem Minirock und der weit ausgeschnittenen Bluse zu urteilen, hatte sie eine lange Nacht hinter sich und war noch nicht zu Hause gewesen.
“
Sie
sind die Hure, die ihm Kummer bereitet.” Sie blickte Jeremy mit gerunzelter Stirn an, der das Gespräch mit weit aufgerissenen Augen verfolgte. “Hol deine Sachen. Wir gehen.”
Jeremy, offensichtlich unangenehm berührt von dem ungehobelten Benehmen seiner Mutter, holte seinen Rucksack. Dann schlurfte er mit gesenktem Kopf an Skye vorbei. Als er fast an der Tür war, drehte er sich noch einmal um. “Mach dir keine Sorgen, Skye”, sagte er leise. “Meine Mom mag dich. Sonst hätte sie ja keine Fotos von dir gemacht.”
Obwohl er schnell und leise sprach, hatte Lynnette ihn offensichtlich verstanden. “Ich habe keine Fotos von Ihnen gemacht”, sagte sie schnell. “Er weiß ja gar nicht,
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