Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)
das, was ich spürte. Ich hätte ihn so gern gefragt, ich hätte ihm so gern Mut zum Leben gemacht....ich meine, da war doch ich... warum hat er nicht für mich leben wollen?“
Tränen stürzten aus ihren Augen und Michael, der hinter ihr saß, drückte sie so sanft und fest er nur konnte, an sich.
Sie presste die Lippen zusammen und starrte ins Feuer. „Ich... ich habe nicht wirklich daran geglaubt... nicht wirklich daran geglaubt, dass dies das Ende sei...und als der Krankenwagen die Auffahrt herauf kam, diese Leute alle auf ihm herum drückten, Maschinen anschlossen, Spritzen gaben, alles in Hektik zerfuhr und ich nur dastand und schreien konnte, da schwor ich mir, niemals in meinem Leben wieder einen solchen Schmerz ertragen zu müssen. Und genauso wurde mein Leben nach dem Tod meines Vaters. Ich wich potenziellen Schmerzen aus, was explizit hieß: ich wich meiner Verantwortung zu leben aus. Ich hatte Angst, Dinge falsch zu machen, also machte ich sie erst gar nicht. Ich betäubte mich. Den lieben langen Tag. Vom Suff zu Drogen, ich hab alles genommen, war immer auf irgendeine Weise benebelt. Ich lebte nicht mehr, ich vegetierte nur noch und vielleicht noch nicht einmal das. Ich ahmte meinen Vater selbst im Tod nach: Am Schluss war er nur noch Materie, keine Seele mehr in ihm, die ihn lebendig machte. Und ich war genauso leer. Er hatte nicht bei mir bleiben wollen. Ich war es ihm nicht wert gewesen. Ich war nur noch ein Körper und meine Seele war... ich weiß nicht wo. Ich hab sie nicht mehr gespürt.”
Michael weinte und seine Tränen flossen auf ihr Haar.
„Was war der Auslöser für den Umschwung?“, fragte er heiser.
„Ich wollte leben“, sagte sie schlicht und drehte sich in seinen Armen um. Ihre Iris hatte die Farbe eines Bergsees und eine unglaubliche Intensität.
„Ich war so tief unten, dass ich schon wieder Boden unter den Füßen spürte...das sind Momente voller...Gnade, weil sie dir einen Gedanken eingeben, der die Kraft hat, dich rauszuholen. Ich wollte nicht das Produkt der Fehler von anderen sein. Ich erkannte, ich habe mein Leben und das kann niemand sonst für mich leben. In dieser Sekunde wurde mir bewusst, dass das Leben ein Geschenk ist und dass es nicht recht ist, so damit umzugehen.”
Michael schwieg lange auf ihre Sätze. Fest hielt er sie im Arm, diese so zierliche und doch so starke Person. Mit grenzenloser Dankbarkeit wurde ihm bewusst, dass sich dieser Mensch hinter ihn gestellt hatte. Dass dieser Mensch vor Gott versprochen hatte für ihn da zu sein, in guten wie in schlechten Zeiten.
Es war geradezu unheimlich, wie sicher sich die beiden gesucht und gefunden hatten. Lisa war durch einen Vater mit Tabletten - Drogenproblemen paralysiert und da sie das noch immer nicht komplett verarbeitet hatte, zog sie genau einen solchen Menschen wieder an, damit sie es endlich lösen konnte.
Und Michael war aufgerufen, seine Vater-Kindheits-Probleme zu lösen und band sich an jemanden, der mit der Vergangenheit – genau wie er – Frieden schließen musste. Sie passten hervorragend zusammen. Die Frage war nur, ob sie es aufarbeiten konnten. Es gab eine Menge unberechenbarer Variablen in diesem Spiel - von denen Lisa noch nichts ahnte.
***
Michael stellte fest: sein Image hatte gelitten, aber seine Fans waren nach wie vor da. Seine Faszination auf Menschen ungebrochen. Er verursachte Tumulte, wohin auch immer er ging. Alles wie gehabt! Er hatte den Sturm, zwar nicht unbeschädigt überstanden, aber immerhin. Es konnte weiter gehen.
Seine Crew bequatschte ihn, dass er der Welt zeigen müsse, dass er ein Mann sei, ein ganzer Mann...sie sagten ihm, dass er nach dem Chandler-Schlamassel die Pflicht habe, seinen Ruf wiederherzustellen, das sei er auch Sony schuldig. Mit ihren Forderungen kam Lisa nicht zum ersten Mal in die Mühlen seiner PR-Maschine. Michael und seine Berater wollten, dass sie sich bei der ersten Vorstellung Lisas vor Michaels Fans küssten. Sie weigerte sich, als öffentlicher Beweis für seine Männlichkeit zu dienen. Aber Michael wollte den Kuss – und er setzte sich durch.
Und als er seinen Fans Lisa als seine Frau vorstellte, mit ihr den Laufsteg vorlief, gefährlich nah an ein schreiendes Inferno von begeisterten, weinenden und kreischenden Fans und ihr den viel diskutierten, öffentlichen Kuss gab, war er stolz und glücklich, eine solche Frau an seiner Seite zu haben.
Lisa aber fühlte sich – nicht zum ersten Mal - benutzt.
Viel Gedanken machte
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