Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)
Michael sich darüber allerdings nicht. Seine schöne Frau schien furchtbar unkompliziert, war selbständig und freiheitsliebend, und so ließ er sein Leben einfach weiterlaufen.
Die Aussicht auf eigene Kinder definierte nach einiger Zeit das Wesentliche der Beziehung. Für ihn war klar, dass, wenn Lisa endlich schwanger wäre, alles noch viel schöner werden würde. Doch Diskrepanzen waren vorprogrammiert: War Lisa Beziehungen gewohnt und in ihnen gereift, befand sich Michael in seiner allerersten Partnerschaft. Er hatte keine Ahnung von Zusammenleben und Co. War er in der Situation mit Jordy in dessen Alter gewesen, ein 13/14jähriger Junge, auf der Suche nach dem besten Freund, entsprach sein Beziehungsalter nun einem 17 -, maximal 18jährigen, unerfahrenen Jugendlichen, plump und unbeholfen, was die Psyche von Frauen angeht – ein Zustand, in dem viele Männer verbleiben, weil ihnen die Seele einer Frau zu kompliziert erscheint. Und so hing er, wie es Jugendliche eben tun, gern noch mit seinen Freunden ab, und mit dem, was ihn auch vorher schon erfreut hatte – mit Kindern. Er hatte, seit er Superstar war, keine Rücksicht auf den Tagesplan eines anderen nehmen müssen und merkte noch nicht einmal, wenn er Lisa mit seiner Routine überfuhr.
Ein weiterer wesentlicher Punkt war: Welches Vorbild in Beziehungen konnte er schon haben, als das seiner Eltern? Katherine war im Prinzip immer dem Willen seines Vaters gefolgt und hatte ihn unterstützt, selbst in Dingen, die sie innerlich nicht ganz abgesegnet hatte.
Und dieses Muster verstärkend: Er war Michael Jackson. Er musste nur seinen Namen sagen, um zu bekommen, was er wollte. Und so war er unterbewusst der festen Meinung, Lisa passe sich ihm und seinen Lebensstil an.
Lisa wiederum hatte ihr eigenes Kindheitstrauma zu bewältigen und die Gemeinsamkeiten, die Elvis und Michael hatten, lagen zu dicht beieinander, als dass sie sie hätte ignorieren können. Sie wollte sein helfender Engel sein und das tun, was sie meinte, bei ihrem Vater versäumt zu haben. Das Missverständnis, das beiden zugrunde lag, war, dass sich nichts bessert, wenn man die Lösung in der Änderung von Umständen und Personen sucht.
Und die Umwelt machte es ihnen nicht leichter.
Lisa bekam früh Druck von allen Seiten. Ihre Mutter war Michael gegenüber extrem misstrauisch. Sie mochte ihn nicht und war wenig bereit, sich ihm zu öffnen, um sein Wesen zu verstehen. Sie war davon überzeugt, dass er ihre einzige Tochter für Prestigezwecke gebrauchte und nicht wirklich an ihr interessiert war. Und auch Lisas Freundinnen, ihr gesamtes Umfeld reagierte verständnislos auf ihre Ehe mit Michael. Eine Frau, die zehn an jedem Finger haben konnte und sich für einen Wacko-Jacko entschied? Für die war er kein richtiger Mann - eher ein Alien, schräg und wenig repräsentativ – und der Zeitpunkt des Heiratsantrages zu offensichtlich, um ehrlich zu sein. Dazu noch dieser permanente Kinderwunsch!
„Was meinst du, was passiert, wenn er die Kinder hat?“, fragte eine Bekannte sie spitz. „Reicht er dann die Scheidung ein, weil er dann hat, was er wollte? Du hast doch selbst gesagt, dass Michael meint, alles zu bekommen, was er will.”
Die ständige Wiederholung dieser bösen Vermutungen ging an Lisa nicht spurlos vorbei, zumal sie sah, dass Michael nicht willens war, gewisse Dinge aufzugeben.
Seine Freunde lebten in seinem Haus, als ob es das ihre wäre, sie gingen ein und aus, wie es ihnen passte. Wie in einem Hotel hatten sie 24-Stunden Zimmerservice und Restaurant. Mit ihnen hing Michael oft ab, dann war er wie ein Jugendlicher, der seine Kumpels mehr brauchte als seine Frau, weil die ihn besser verstanden. Und dann...Kinder...immer wieder Kinder! Unbekannte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene von überall aus der Welt standen auf einmal in der Küche von Neverland und wiesen sich als Michaels Gäste aus. Fragte sie ihn, zuckte er mit den Schultern und sagte:
„Sie sind doch nur ein paar Tage hier... das gönnen wir ihnen doch von Herzen, oder?“
Vor den Toren standen, zu jeder Tages -und Nachtzeit Fans. Sie lagen in den Büschen, schliefen in ihren Autos, verfolgten die Limousinen, die aus Neverland herausfuhren, wenn auch nur der Hauch einer Chance bestand, dass Michael in einer saß. Und gelegentlich machte er die Tore für sie auf und ließ sie herein.
„Schau Lisa, wie sie sich freuen“, sagte er dann und sein Gesicht glühte, weil er ihnen diese Freude machen konnte.
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