Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)
verschleppen. Und schon hast du die Anklagepunkte ‚Verschwörung, Entführung und Freiheitsberaubung’.”
„Das ist ja... hanebüchen!“ rief ich.
„Das ist es, allerdings. Wenigstens war nun klar, warum sie Chris Tucker bequatscht haben, sie nach Miami zu bringen. Sinnigerweise wollte Janet Arvizo auf Michaels Kosten Urlaub machen und hatte tatsächlich eine Brasilien-Reise gebucht...und so nahm sie den geplanten Flug gleich als Entführung her.“
„Wer glaubt so einen Mist?“
„Alle glauben so einen Mist, solange es dreckig genug ist“, antwortete Grace. Und dann wurde behauptet, dass Sneddon zu seiner Unterstützung einen Anruf aus Tokio bekommen hätte.“
„Aus Tokio?“
„Genau. Ein Anruf, der besagte, dass Michael total pleite sei. Dass er am Hungertuch nage. Dass er gehofft hätte, durch die Bashir-Doku wieder nach oben zu kommen. Und dass ein verlorener Prozess plus die entsprechenden Kosten und Folgen Michael komplett ruinieren würde. Und dass er deshalb angefangen habe, Gavin zu belästigen. Also lag Michael sehr daran, die Arvizos zu falschen Aussagen zu seinen Gunsten zu zwingen und sie zu entfernen.“
Ich sah sie verständnislos an: „Du machst nicht den Eindruck, dass du das glaubst.”
„Tu ich auch nicht. Sneddon bekommt einen Anruf aus Tokio? Warum sollte Sony Sneddon anrufen? Überhaupt: Warum hat ein nicht beweisbarer Anruf Gewicht? Wenn Michael ins Gefängnis hätte gehen müssen, wäre er doch so oder so erledigt gewesen...überleg doch mal. Sie benutzen Sony als Buhmann, um den wahren Drahtzieher zu decken...das ist meine Meinung.”
„Michael hat die ganze Zeit schon angedeutet, dass hinter all dem eine größere Sache steckt, dass da jemand an Fäden zieht…“
„Oja, da zieht jemand gewaltig an Fäden“, zischte Grace. „Und dieser Jemand ist zu mächtig, als dass ihm jemals einer ans Hemd kratzen kann!“
„Wer?“, fragte ich erstickt.
„Selbst wenn ich es wüsste“, sagte sie. „...könnte ich dir das ganz sicher nicht sagen.”
Ich nickte beklommen.
„Ich hab Michael in diesen Tagen so bewundert“, flüsterte Grace. Sie hielt ihre Tasse mit beiden Händen umklammert, als könne sie den damaligen Druck an das Porzellan abgeben.
„Er war so stark, er mobilisierte alle Kräfte, die er noch hatte… und doch… es ging nicht ohne Tabletten. Er beherrschte sich, Tag für Tag. Er erduldete alles ohne zu klagen. Nie sprach er von sich. Sein Interesse am Wohlergehen anderer Leute wurde um kein Dota geringer. Er fragte jeden Tag seinen Rechtsanwalt nach dessen Schwester, die zu dieser Zeit eine Gehirnoperation durchstehen musste, fragte jeden, mit dem er sprach: „Wie geht es dir?“ statt über sein Elend zu sprechen und fühlte immer mit. Zu keiner Sekunde hat er seine Liebe aufgegeben. Den Gerichtsprozess...nahm er...wie...eine Show. Er stand auf der Weltbühne und er würde durchhalten, bis er zusammenbrechen würde. Das hat er immer schon so gemacht. Er tanzte mit Nägeln im Fuß und angebrochenen Wirbeln...bis die Show vorbei war.
Aber als es auf das Ende des Prozesses, auf das Urteil zuging, war er nur noch ein Schatten seiner selbst. Er war innerlich komplett ausgehöhlt, vollkommen erledigt. Seine Schlaflosigkeit war auf ein Höchstmaß gestiegen. Ich fragte mich jeden Morgen, wie er es schaffte, einen ganzen Tag lang in diesem Gerichtssaal zu sitzen, angestarrt von Leuten, die ihn hassten und die ihn verurteilten – wegen nichts. Und die Anklage, vorwiegend Sneddon, wühlte nur so im Dreck. Sie hatten Zeugen geladen, dass es dich nur so friert. Sie holten die Mutter von Jordy, die angezogen war wie ein Model – alles bezahlt von Michaels Geld. Sie erzählte, dass sie seit zehn Jahren mit ihrem Sohn kein Wort gewechselt habe. Die Anklage hätte natürlich am liebsten Jordy persönlich gehabt, aber der war im Ausland. Vielleicht hatte ihn sein Vater dorthin geschafft, wir wissen es nicht. Und trotzdem...Jordy ist ein erwachsener Mann...er hätte doch...es wäre doch eine gute Gelegenheit gewesen von diesem...“
Grace biss sich auf die Zunge, um das Schimpfwort, das einsatzbereit darauf lag, nicht heraus zu lassen.
„Hätte er sich nicht strafbar gemacht, wenn er plötzlich zugegeben hätte, dass es damals Erpressung gewesen war?“, fragte ich.
„Sicher hätte es Größe gebraucht...“, zischte Grace, hielt inne, bemühte sich um Contenance, ehe sie weitermachte:
„Jedenfalls gaben die Zeugen der Anklage nicht viel her: es waren
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