Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)
Vernichtung aus. Debbie war seine letzte Zeugin, was bedeutet, dass ihr Eindruck ein nachhaltiger sein würde. Sneddon stellte diese subtilen und hinterfotzigen Fragen, damit sie nur ja etwas sagt, dass gegen Michael verwendet werden kann. Aber sie fährt ihm gleich zu Beginn über den Mund und erklärt ihm, dass sie sich nichts vorschreiben lässt und dass sie immer sagt, was sie denkt. Sie war so verdammt ehrlich und geradlinig, dass sie wie ein Leuchtfeuer wirkte in diesem Affentheater. Und am Schluss brach sie in ungebremste Lobenshymnen über Michael aus.“ Grace kicherte.
„Du hättest das Gesicht von diesem Sack Sneddon sehen sollen, als sie plötzlich loslegte! Auf eine so unverblümte, direkte Art, der sich niemand widersetzen konnte. Sie war so unwiderstehlich sympathisch! Alle im Gerichtssaal hatten danach ein völlig anderes Bild von Michael – eines, das der Wahrheit entsprach!“
„Oh, wie toll! Allein dafür könnte ich Debbie nachträglich küssen!“, rief ich. „Wieder etwas Positives für die Presse!“
Schlagartig erlosch Graces Lächeln wieder. „Die Presse?“, fragte sie bissig. „Du glaubst doch nicht, dass einer dieser verdammten Reporter da draußen auch nur ein Körnchen Positives über Michael gesagt hätte? Für die war er schuldig!“
„Aber Grace! Vorhin hast du doch erwähnt, dass kein Zeuge der Anklage haltbar war! Und kein Argument! Dass Mesereau alle auseinander legen konnte! Und die Arvizos als Lügner entlarvt hat!“
„Meinst du, das interessiert die?“, giftete Grace. „Die haben alle nach wie vor schön skandalträchtig berichtet! Dass Michael einmal in Pyjamahosen zum Gericht kam...das war ein gefundenes Fressen! Das war wichtig! Sie haben nichts darüber gesagt, wie unglaubwürdig Gavin war. Nach seiner Aussage schrieben sie in großen Headlines: ‚Opfer hat Aussage bestätigt! Jackson so gut wie verurteilt’ Ich meine, was soll die Öffentlichkeit denn denken? Und als die Mutter im Zeugenstand war...kein Wort über deren Betrügereien! Nein, sie wiederholten die Anklagepunkte! ‚Mutter des Opfers hat Angst vor Jackson!’ ‚Mutter der Opfers klagt an: Gefangennahme und Entführung!’ ‚Janet Arvizo weint im Zeugenstand über Grausamkeit von Jackson!’ DAS waren die Schlagzeilen! Diese Hurensöhne! Und natürlich stürzten sie sich auf die Aussage, die Sneddon angeblich aus Asien bekommen haben soll: Dass Jackson sturzpleite sei! Das waren die Nachrichten, die um die Welt gingen! Ich kann mich erinnern, als Michael das erste Mal wegen Jordy angeklagt war, da wurde der Presse ein Junge präsentiert, der seit seinem dritten Lebensjahr von Michael in einem Keller festgehalten und sadistisch missbraucht worden sein soll. Sechs Jahre lang! Und Michael habe das Ganze auch noch gefilmt! Wie krank sind manche Leute?!“
Echauffiert lief sie auf und ab. „Sie haben gedruckt, dass Mike 42 Kühe in Asien habe schlachten lassen, um Steven Spielberg mit einem Fluch zu belegen! Dass Jordy es angeblich nicht ertragen könne, Michael zu begegnen und er deshalb nicht gekommen sei!
Das war das, was die Öffentlichkeit erfuhr, egal wie gut Mesereau war, egal, wie viel Zeugen auseinander gelegt wurden und egal, wie viel Zeugen für Michael aussagten! Das blieb alles ungedruckt! Sie waren alle gefärbt, infiltriert, geimpft.“
Mir wurde nachträglich schwummrig. Was mochte in diesen Tagen nur in Michaels Kopf vorgegangen sein? Wie viel Glauben konnte er nach all diesen Manipulationen in das Urteil der Grand Jury haben? Wie groß, oder besser, wie winzig, war die Hoffnung, lebend aus dieser Geschichte heraus zu kommen? Wie, verdammt noch mal, hatte er diesem Druck standgehalten?
Gequält sah ich Grace an. Sie nahm schwesterlich meinen Arm, drückte ihn und wir liefen schweigend eine stille Runde durch den Park.
„Kannst du noch?“
„Ja, bitte, wenn es dir noch gut genug geht, wäre ich dir dankbar, wenn du weiter erzählst.“
Nächster Schauplatz: Küche.
Wir kochten uns was Kleines zum Essen und es war schön mit Grace zusammen zu sein. Die Geschichte, so bitter sie war, verband uns.
Nach dem Essen machte ich uns noch eine Tasse Cappuccino, wir saßen am Küchentisch und hatten ein Windlicht in einem roten Glas angezündet. Die Flamme brannte ruhig und ohne zu flackern und Grace setzte an ihrem letzten Punkt an.
„Die Anklage begann Ende Februar mit der Vernehmung ihrer Zeugen. Hab ich schon erzählt, dass unser allseits geliebter Mr. Bashir ebenfalls da
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