Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)
geschlafen. Er sagte das den Verantwortlichen. Er sagte, er könne nicht schlafen, das sei sein Problem. Er könne nicht bringen, was die Leute von ihm erwarten würden. Sie wollten High Power, die Power, mit der er früher die Bühne gefetzt hatte. Aber das konnte er nicht, nicht mehr! Die Leute würden von ihm enttäuscht sein, sie würden nach dem Presseauftritt, spätestens nach dem Konzert wieder schlecht von ihm reden…er würde zusammenbrechen, es würde peinlich werden…er wollte keine Blamage. Sein Selbstbewusstsein schwankte mit der Intensität seiner Schmerzen und die wiederum war abhängig von der Dosis und richtigen Einstellung der Gegenmittel.
Ärzte. Spritzen. Sie beruhigten ihn. Sie sagten ihm, er müsse nicht lange reden. Nur ein bisschen, nur damit die Leute wüssten, er meine es ernst. Michael war klar: Dort standen seine größten und miesesten Kritiker. Journalisten, die Spezies, die sein Leben ruiniert hatten. Es immer noch ruinieren konnten. In deren Abhängigkeit er sich gerade wieder begab. Was würden sie über ihn schreiben? Er schwor sich, wenn dieser erste Auftritt in der Öffentlichkeit ein Reinfall war, würde er alles abblasen. Die Karten waren noch nicht verkauft. Noch war es nicht zu spät. Die Tickets würden erst danach angeboten werden.
Er wurde geschminkt, zog sich an. Setzte die dunkelste Sonnenbrille auf, die er finden konnte.
Er sah verdammt gut aus.
Massen auf dem Weg zur Konferenz. Massen die sein Auto säumten, Fans, die an sein Fenster klatschten, Menschen, die schrien. Welches Jahr wurde geschrieben? 1980? 2009? Es war, wie immer. Wo Michael Jackson auftauchte, tobte das Chaos. Hintereingang, Bodyguards, Wühlen durch die Menge. Mikrofone und Kameras stoßen bereits hier schon in sein Gesicht. Der Moderator, froh ihn endlich zu sehen, eine Meute von Journalisten und Fans draußen vor dem roten Vorhang. Ein Rednerpult. Michaels Herz klopft wie verrückt. Er ist aufgeregt, nervös. Er hat mit Massen kein Problem, wenn er auf der Bühne steht… aber ein Rednerpult! Die Leute um ihn herum sprechen ihm gut zu. Michael holt tief Luft, jemand hält den Vorhang auf, er nimmt all seinen Mut zusammen und geht mit wackligen Knien durch die Öffnung auf das Pult zu. Seine Präsenz wirkt sofort. Mit ihm ist etwas Großes in den Raum gekommen, etwas, was die Menschen fasziniert, was sie betört, was sie ersehnen. Ohrenbetäubendes Gebrüll schlägt ihm entgegen. Er traut seinen Ohren und Augen kaum. Selbst viele der Journalisten und Reporter rufen begeistert seinen Namen. Alle trommeln, kreischen, ihre Augen glänzen, als habe Michael einen Super-Auftritt hingelegt. Aber er steht nur da. Er lächelt still. Wartet. Fühlt.
Und...da.
Da ist sie. Die Verbindung. Dieses Etwas, dieses Gewaltige, das alles verknüpft, alles verschmelzen lässt. Er spürt es genau, spürt, wie dieses Etwas die Leute um ihn herum ergreift, überrollt. Seine Liebe für die Menschen auf diesem Planeten quillt über, füllt den Raum und die Menschen schreien noch lauter. Dabei hat er nur am Mikrofon geruckelt. Überwältigt von der Resonanz geht er auf den Moderator zu und umarmt ihn. Seine Emotionen sind so vielfältig, er hat dies alles nicht erwartet. Geht zurück an das Mikro. Spürt, wie ihn das Adrenalin packt, Adrenalin, das er beim Tanzen spürt, das ihn lebendig und konzentriert macht, spürt, wie belebend es ist, zurück auf der Bühne zu sein und auch diese Empfindung überfällt ihn so maßlos, dass er erneut zum Moderator geht und ihn etwas Sinnloses fragt. Der Moderator deutet auf das Pult. Michael weiß, er muss jetzt etwas sagen. Und in ihm reift der Entschluss, dies durchzustehen und danach wirklich, wirklich den Hut zu nehmen. Nur noch dieses eine Mal, denkt er. Nur noch dieses eine Mal. Sie haben Recht. Die Menschen werden anders über mich denken. Ich werde mein Bestes geben.
Er stellt sich ans Mikrofon, sagt die ersten Sätze, aber sowie er den Mund aufmacht und die Leute seine Stimme vernehmen, schreien sie auf, als ob sie den Heiligen Gral vor sich hätten. Michaels Ausstrahlung ist nicht mit Worten zu beschreiben. Wieder kann er nur dastehen, aber den Leuten scheint es zu reichen, ihn zu sehen. Er lacht leise und ruft: „I love you more!“
Seine Stimme ist tief, tiefer als sonst. Es ist die Stimme, die er normalerweise nur hat, wenn er mit Freunden redet. Heute ist er in der Lage, sie öffentlich einsetzen. Und wieder erwidern sie diese Ansage mit tosendem Gekreische und
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