Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)
für die Menschheit, für die Erde. Etwas war in diesem zierlichen Kerl, das ihm eine Stärke gab, die ihn immer wieder aufstehen ließ.
Zu Beginn hatte Jake diese Geisteshaltung als furchtbar naiv eingestuft, doch die Hartnäckigkeit, mit der sein Mandant bei seiner Einstellung blieb, veredelte sie schließlich und seine Achtung zu diesem Mann war unendlich gewachsen.
„Warum hasst du diese Leute nicht?“, hatte er ihn oft gefragt, wenn er wieder mal durch den Dreck geschleift worden war. „Warum heuerst du nicht einfach n’ Gangbruder an und machst diese miese Type fertig?“
Aber davon hatte sein Klient nie etwas wissen wollen. Er glaubte an das Gute, an Gott und er hatte sich nie davon abbringen lassen. Wenn er davon redete oder wenn er mit seinen Kindern zusammen spielte, war ein wahrnehmbares Leuchten um ihn herum. Jake hatte diese Wärme spüren können... es war ansteckend. Und mit den Jahren, trotz seiner Gegenwehr, war etwas davon auf ihn übergegangen und zu seinem ganz persönlichen Stolperstein geworden: Er hatte seinen Klienten lieben gelernt, obwohl er doch für dessen Vernichtung eingesetzt worden war.
„Liebe“, hatte sein Klient immer gesagt, „Liebe, Jake, ist die größte Macht der Welt, die größte Macht im Universum. Sie ist das, woraus wir gemacht sind, sie ist das, was wir alle sind...sie bleibt, wenn alles Böse geht...und daher glaube ich an das Gute, glaube ich an Gott, glaube ich daran, dass das Gute letztendlich immer siegen wird. Ich kümmere mich um Kinder, weil sie das Gute noch so offen in sich tragen und weil sie unsere Zukunft sind.”
Jake war nicht nur skeptisch diesen Worten gegenüber gewesen – er hatte sie abgelehnt. Die Welt war korrupt, sie war schlecht, Geld und Macht regierten über alles. Er musste es wissen! Die Menschen waren süchtig nach Erfolg, Ruhm, Schönheit, Sex und Reichtum. Egal, wie viel sie hatten, sie wollten immer noch mehr und das schändete alles. Die beste Einstellung, die man dem entgegenbringen konnte, war noch Gleichgültigkeit. Sich raus halten, nicht verschlungen zu werden von all diesen niederen Trieben, die den Menschen beherrschten. Das ständige Gelaber von Liebe und Co hatte Jake wahnsinnig gemacht. Er konnte es nicht mehr hören! Esoterisches, sinnloses, weltfremdes Gequatsche!
Aber für seinen Klienten war und blieb Liebe Gesetz. Anfangs hatte Jake mit fast grimmiger Genugtuung mit angesehen, wie dieser Glaube ständig unterminiert und widerlegt worden war. Bei den meisten Klienten, die er gehabt hatte, hatte es kaum ein halbes Jahr gedauert, bis sie umschwenkten, bis sie selbst in Korruption, Frustration oder Hass endeten. Doch sein Klient blieb stur. Er glaubte weiterhin an diesen Schwachsinn.
Er glaubte daran, als er per Medien durch den Kakao gezogen wurde. Er glaubte auch daran, als professionelle Maßnahmen getroffen wurden, seinen Ruf und seine Karriere zu zerstören. Ja, es gab Momente, in denen er sagte, die Welt sei bestechlich, die Menschen seien schlecht...aber das glaubte er nur von Erwachsenen, respektive Geschäftsleuten. Sein Grundgedanke, dass jeder Mensch gut sei, vor allem als Kind, blieb bestehen.
Er hörte nie auf, Kindern zu helfen, hörte nie auf, für die Umwelt einzustehen. Er bekam Prügel, steckte sie ein, fiel hin und stand wieder auf. Blutend, verwundet, weinend, aber er stand auf. Immer und immer wieder.
Jake hatte angefangen, ihn zu bewundern. Seine Stärke, seinen Glauben, seine Haltung. Seine Sanftheit, mit der er letztendlich die Angriffe parierte. Die einzige Protestaktion, an die er sich erinnern konnte, war die gegen Sony gewesen. Als er das zweite Mal angeklagt worden war und ihn eine Journalistin fragte, wie er sich fühle, brachte er gerade mal ein softes „Ich bin ärgerlich“ hervor.
Oh, er war so sanft, so sanft!
Und doch: Mit den Jahren war es unausweichlich: Er wurde schwächer. Er verlor Lebensenergie.
Jake sah ihn wanken, sah ihn abhängig werden, sah, wie er versuchte, ein glückliches Leben zu führen, wie er immer wieder versuchte, auf die Beine zu kommen, wie er langsam die Methode hinter den Attacken begriff, sah, dass er stur sein konnte und kämpfte – auf seine feine Weise. Er war so unglaublich entehrt, erniedrigt und verleumdet worden. Aber nie hatte er in der gleichen, niederträchtigen Weise zurückgeschlagen.
Sie nahmen ihm seinen Ruf, hetzten die Medien auf ihn, nahmen ihm seine Glaubwürdigkeit, arbeiteten an seinem finanziellen Ruin. Als er versuchte, sein
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