Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)
Touristin war und dass er mir nicht trauen durfte. Dass er, wie sein Arbeitgeber, niemandem trauen durfte.
Sein Rückzug war deutlich, aber nach alldem, was ich selbst schon erlebt hatte, konnte ich ihm das nicht übel nehmen. Michael war schon von Leuten reingelegt worden, die jahrelang bei ihm gearbeitet und dann dem Drang des Geldes nicht hatten widerstehen können. Ich hatte erfahren, dass es Personalagenturen gab, die Verträge mit der Presse hatten, dass Angestellte mit hohen Summen bestochen wurden, um Personal zu empfehlen und einzuschleusen, wie z.B. externe Handwerker, die Reparaturarbeiten nutzten, um Minikameras an den unmöglichsten Orten zu installieren – sogar auf Michaels Toilette hatte man welche gefunden.
Wie konnte Michael nur mit so etwas leben? Er musste ständig damit rechnen, dass eine Kamera auf ihn gerichtet war. Er musste sich ständig beobachtet fühlen. Nach kurzer Zeit schon hatte ich verstanden, warum ich ein Schnäppchen für Linda war. Und doch konnte jeder, der mit lauteren Absichten anfing, zur Gefahr werden. Linda hatte mir erzählt, sie wüsste gar nicht mehr, wie oft sie schon bestochen worden war, mit immer höheren Summen, je länger sie bei Michael war. Er konnte nie sicher sein. Ein Mensch war ein Mensch. Trotz jahrelanger Treue konnte eine kleine Meinungsverschiedenheit, ein Angebot in verheißungsvoller Höhe zum richtigen Zeitpunkt alles verändern. Allein diese Tatsache würde mich krank machen, dachte ich. Es sagt sich so leicht, dass Celebritys in einem Fischglas leben, aber was es wirklich heißt, das macht sich kaum einer klar.
Chris trank gedankenverloren seinen Kaffee und sichtete die Häppchenauswahl auf meiner mitgebrachten Platte.
„Keine Dattelbällchen mehr,“ sagte er enttäuscht. Ich grinste. Die Dinger hatten es ihm angetan.
„Im Kühlschrank sind noch welche“, verriet ich ihm. Chris sah mich mit einem Kinderblick an, seine dicken Lippen formten ein lautloses „Oh!“, und ein „Bitte, bitte, hol noch welche!“ während er seine fleischigen Hände faltete.
Ich prustete laut heraus. „Meine Güte, wer kann diesem Blick widerstehen?“, grinste ich und stand auf. „Was krieg ich denn dafür? Komm her, Süßer, ich mach auch gleich noch mehr Kaffee.”
Leise lachend griff ich nach der Kanne, ging zurück in die Küche und setzte noch mal Kaffee an. Während ich darauf wartete, hörte ich Michaels erregte Stimme aus dem Esszimmer.
„Das...das hab ich nicht erlaubt! Ich hab das nicht veranlasst! Ich...“
Er verstummte, lauschte in den Hörer.
„Nein!“ rief er, „ich habe Angst vor ihm. Er kontrolliert mein Leben, er übernimmt alles...er schneidet mich von meinen Beziehungen ab...ich...weiß gar nichts mehr...ich kann noch nicht mal meine Konten einsehen...! Das ist Methode...sie...“
Er fing an zu schluchzen. Seine Stimme war resigniert, voller Angst und sie schnürte mir geradezu die Brust ab.
„Ruf mich an, wenn es eine Chance gibt“, sagte Michael und legte auf.
Als ich zurück zu Chris kam und die Schale auf den Tisch stellte, stürzte der sich sofort auf das Konfekt und drehte genüsslich die Augen nach oben. „Die Dinger sind der Hammer“, sagte er mampfend und spülte die Masse mit einem kräftigen Schluck Kaffee nach unten. „Das ist so göttlich...mmhhh...und sieh mal...ich hab wirklich was für dich...“, rief er mit vollen Backen, „wattemal!“
Er wühlte sich durch das Tohuwabohu auf seinem Schreibtisch, bis er eine DVD fand, die er in den Computer einlegte und für mich abspielte.
Den Kopf voller Gedanken schaute ich auf den Bildschirm:
Die Jacksonfamilie saß draußen im Sonnenuntergang auf Decken am Ufer eines großen Sees. Grace hielt Blanket im Arm, der wohl eingeschlafen war und sich in ihre Arme kuschelte. Sein langes, schwarzes Haar fiel zur Seite hinunter. Paris lag neben ihnen und las Grace etwas vor, während Michael und Prince sich unter lautem Gekreische eine Wasserschlacht mit überdimensionalen Pumpguns lieferten. Sie lachten und Michael wirkte übermütig und aufgedreht. Zusammen mit seinem Ältesten holte er kichernd etwas unter einem Busch hervor. Mit Indianergebrüll stürzten er und Prince dann auf Grace und Paris zu und warfen Wasserbomben auf sie. Lautes Gekreische ertönte:
Grace schützte Blanket mit ihrem Körper, Paris beschwerte sich lauthals, dass ihr Buch nass geworden sei und ging sofort zum Gegenangriff über. Michael hörte nicht auf, wie ein Kobold umher zu rennen und lachend
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