TS 13: Slan
als sich seine Hand zum Stoß erhob.
Nur eines blieb ihr übrig. Es gab keine andere Möglichkeit mehr. Ihre Willenskraft kam ihr zugute, als sie die ganze Stärke, die in ihren Armen ruhte, zu einem mächtigen Stoß ansetzte, die Decken emporschleuderte und über Kopf und Schulter des Mannes warf. Dann war sie aus dem Bett geschlüpft –
Hinter ihr stieß der Mann einen Ruf der Überraschung aus, als die Decken ihn umhüllten. Bestürzung lag in dem unterdrückten Schrei und die erste Furcht vor den Folgen einer Entdeckung.
Sie wußte, was sie tun mußte, obwohl sie es niemals zuvor getan hatte. Geräuschlos huschte sie an der Wand entlang und tastete mit den Fingern. Dann hatte sie eine Tür in der Täfelung geöffnet, schlüpfte hindurch, verschloß sie hinter sich und jagte einen matt erhellten Privatkorridor entlang zu einer Tür am anderen Ende. Sie öffnete sich unter ihrer Hand in einen riesigen, luxuriös eingerichteten Arbeitsraum.
In plötzlicher Bestürzung über die Kühnheit ihrer Handlung erstarrt, stand Kathleen in der Türöffnung und starrte auf den gigantischen Mann, der an einem Schreibtisch saß und beim Lichte einer Tischlampe schrieb. Dann platzte sie heraus: „In meinem Zimmer ist ein Mann. Er hat versucht, mich zu töten.“
Kier Gray blickte auf. Sein Gesicht trug einen harten Ausdruck.
„Ein Meuchelmörder? Erzähle!“
Die Geschichte floß von Kathleens Lippen in einem bebenden Strom von Worten, die, angefangen von dem Zusammentreffen mit Davy Dinsmore, alles exakt berichteten.
„Du glaubst also, daß John Petty dahintersteckt?“ fragte er.
„Er ist der einzige, der es getan haben könnte. Die Geheimpolizei ist den Leuten, die mich bewachen, direkt vorgesetzt.“
Er nickte langsam.
„Es ist also soweit“, sagte er leise. „John Pettys Griff nach der höchsten Macht.“
Kier Grays braune Augen blickten ernst auf Kathleen. „Er versuchte, dich vor dem vom Rat festgesetzten Termin umzubringen, da ich dann nichts mehr dagegen hätte unternehmen können. Und er hat recht. Der Kabinettsrat würde nur ungeduldig, wenn ich aus dem Tod eines Slans eine Streit- und Rechtsfrage machen würde. Und andererseits würden sie eine Untätigkeit meinerseits als Beweis dafür ansehen, daß ich vor Petty Angst habe. Was den Anfang vom Ende bedeuten würde.“
Er schwieg einen Augenblick und fuhr dann fort: „Wie du sehen kannst, Kathleen, eine sehr gefährliche Situation. Denn John Petty hat sich sehr befleißigt, das Gerücht zu verbreiten, ich beabsichtigte, dich am Leben zu erhalten. Er plant, mich beim Rat in Mißkredit zu setzen. Demgemäß hängt mein Prestige und meine Stellung jetzt von meiner Fähigkeit ab, deine Hinrichtung trotz John Petty zu verhindern.“
Er lächelte. „Nun, was hältst du von unserer politischen Lage?“
Kathleens Nasenflügel bebten vor Verachtung. „Er ist ein Narr, wenn er glaubt, sich gegen Sie stellen zu können, das ist meine Meinung. Und ich werde Ihnen mit ganzer Kraft helfen. Ich kann Ihnen helfen, mit Gedankenlesen und so weiter.“
Kier Gray lächelte ein breites Lächeln, das die harten Linien aus seinem Gesicht auslöschte. „Weißt du, Kathleen, wir menschlichen Wesen müssen euch Slans manchmal recht eigenartig vorkommen. Zum Beispiel die Art und Weise, in der wir euch behandeln. Du kennst den Grund dafür, nicht wahr?“
Kathleen schüttelte den Kopf. „Nein, Mr. Gray. Ich habe in den Gehirnen vieler Menschen danach gesucht, aber niemand scheint zu wissen, warum sie uns hassen. Ich habe etwas von einem Krieg zwischen Slans und Menschen gefunden, der vor langer Zeit stattgefunden hat, aber es gab davor schon viele andere Kriege – und die Menschen haßten sich danach auch nicht.“
Er sagte: „Du hast davon gehört, was Slans mit menschlichen Babys machen?“
„Das ist eine dieser verdammten Lügen“, entgegnete Kathleen verächtlich.
Er lachte leise. „Ich sehe, du hast davon gehört. Und dies wird dir vielleicht einen Schock versetzen: Derartige Dinge passierten tatsächlich mit Babys. Was weißt du von dem geistigen Gesichtskreis eines erwachsenen Slans, dessen Intelligenz zwei- bis dreihundert Prozent höher ist als die eines normalen menschlichen Wesens? Du weißt nur, daß du solche Dinge nicht tun würdest, aber du bist noch ein Kind. Na ja, genug davon! Du und ich, wir stehen jetzt vor einem Kampf um unser Leben, Der Meuchelmörder ist wahrscheinlich inzwischen aus deinem Schlafzimmer entflohen, aber du brauchst nur
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