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TS 18: Der strahlende Phönix

TS 18: Der strahlende Phönix

Titel: TS 18: Der strahlende Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harold Mead
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kam uns entgegen und nahm uns schweigend unsere Kleidung ab. Sie war ungefähr vierzig Jahre alt, nicht sehr groß und hatte dunkles Haar.
    Blackler wies auf die linke Tür. „Sie gehen jetzt zu Bett“, befahl er. „Anna wird Ihnen Ihr Abendbrot in Ihr Zimmer bringen. Und schlafen Sie gut. Morgen um zwölf Uhr nehme ich Sie dann zu Schultz mit. Er hat schon nach Ihnen gefragt, aber ich habe ihn hingehalten. Sie haben einen Vorteil: Keiner sonst hat Ihre praktische Erfahrung!“
    Er verließ mich, und ich ging zu Bett. Fast sofort schlief ich ein.

 
VIII
     
    Als ich am nächsten Morgen aufwachte, fühlte ich mich entschieden besser.
    Anna kam in mein Zimmer und brachte mir mein Frühstück. Sie hatte ein sanftes Gesicht, und ihre Bewegungen waren ruhig und ausgeglichen. Ich hatte mir früher niemals die Mühe gemacht, das Gesicht eines Rekonditionierten zu betrachten, doch nun studierte ich Annas Züge recht eingehend.
    „Anna?“ sagte ich.
    Sie drehte sich um und sah mich ohne jegliches Interesse an.
    „Sind Sie glücklich?“
    Sie schob die Tasse, die sie gebracht hatte, vor mich hin und forderte mich damit auf, zu trinken. Sie runzelte die Stirn, und es schien, als suchte sie nach Gedanken, um mir zu antworten. Dann erklärte sie mit ihrer milden Stimme: „Ich bin ein Diener. Ich bin ein Diener der Menschen, damit sie dem Menschengeist dienen können.“
    „Was ist der Menschengeist, Anna?“ Ich sprach so sanft, wie ich nur konnte.
    „Ich kenne den Menschengeist nicht, und darum bin ich so, wie ich jetzt bin. Aber ich kann ein Diener sein, und deshalb bin ich noch nützlich.“
    „Warum kennen Sie nicht den Menschengeist?“
    Sie runzelte wieder die Stirn. „Ich dachte nicht in der richtigen Art, weil mein Geist krank war, denn sonst wären meine Gedanken die desStaates gewesen.“ Sie hielt inne, und ich konnte sehen, wie sie in den Trümmern ihres Gedächtnisses nach etwas suchte. „Es gab da ein Kind. Es war mein Kind, aber der Staat sah es nicht als das meine an. Ich konnte das nicht verstehen, und ich konnte auch nicht begreifen, daß meine Gedanken unrecht sein sollten. Aber jetzt weiß ich, daß der Staat recht hatte.“
    Sie drehte sich um. Als sie zur Tür ging, sagte sie mit einer plötzlichen Lebhaftigkeit: „Aber das Kind –“
    „Ja?“
    Ihre Lebhaftigkeit erstarb genauso plötzlich, wie sie aufgeflackert war. „Das Kind – ich dachte – ich hätte vergessen.“
    Sie stand da und schaute mich an, bis ich ihr schließlich sagte, daß sie gehen sollte.
    Später steckte Blackler den Kopf zur Tür herein und rief mir zu, ich solle mich für die Unterredung mit Schultz fertig machen. „Ich werde Sie hinüberbringen“, sagte er. „Aber ich nehme an, daß Schultz Sie allein sprechen will. Beeilen Sie sich, es tut nicht gut, zu spät zu kommen!“
    Als ich in das Wohnzimmer trat, wartete mein Freund schon auf mich und ging im Raum auf und ab. „Nun“, sagte er, „bevor wir gehen, möchte ich Ihnen noch ein bißchen mehr erzählen. Schultz ist hier der Boß und – was er sagt, das gilt. Seine Selbstüberheblichkeit nimmt ständig zu, seitdem er hier lebt. Er kam her, schloß sein Büro in der Stadt, während ich Sie im Hospital behandelte. Nun, Waterville, ich fürchte mich nicht, aber die Entwicklung hier macht mir Sorge.“
    „Sagen Sie mir, was Sie denken“, forderte ich ihn auf, als wir zusammen über den Platz gingen.
    Er grinste mich an. „Glauben Sie, daß die Menschen im Staat sagen können, was sie denken?“
    „Nun – natürlich benimmt man sich korrekt.“
    „Korrekt!“ nickte er kräftig. „Ja, das ist das richtige Wort. Ein gutes Wort – korrekt. Und es ist zweifellos ratsam, sich hier korrekt zu benehmen.“
    Wir hatten die Mitte des Platzes erreicht, und kein Mensch war in unserer Nähe. Am anderen Ende des Platzes sahen wir ein paar Kolonisten und eine Gruppe von Rekonditionierten, die die Vorplätze der Hütten fegten. Ganz in ihrer Nähe stand ein Moralbeamter, die Hände auf dem Rücken, und schaute gelangweilt auf die Arbeitenden.
    Mein Begleiter wies auf den Beamten. „Das ist jetzt eine neue Einrichtung. In letzter Zeit haben sich die Ausbrüche der Rekonditionierten vermehrt – ich erzählte Ihnen schon davon –, und aus diesem Grunde werden sie jetzt bewacht. Die Moralbeamten tragen hier Gummiknüppel bei sich.“
    „Das ist gesetzwidrig“, rief ich hitzig. „Das fordert nur Gewalttätigkeit heraus. Im Staat –“
    „Gehen Sie weiter, Sie

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