TS 18: Der strahlende Phönix
meines langen künstlichen Schlafes restlos verraten hatte. Blackler trat an mein Bett, fühlte meinen Puls, zog eines meiner unteren Augenlider herunter und nickte. „In Ordnung“, sagte er. „Wie fühlen Sie sich?“
„Sehr ausgeruht.“
„Sind Sie scharf darauf, hier Ihre Arbeit anzutreten?“
„Ich bin fit für das Werk. Ich will hier nicht mehr liegen.“
Die gestellte Frage blieb zwischen uns. Während der Fahrt schon war mir die Gewißheit gekommen, daß Blackler wußte, wie ich über unseren Staat dachte. Ich konnte es aus seinen Augen lesen. Es gab nichts anderes für mich als das Rekonditionierungszentrum. Ich wußte das, hatte es die ganze Zeit schon gewußt. Warum handelte Blackler nicht? Ich konnte es nicht verstehen, aber ich wollte nicht Katz und Maus mit mir spielen lassen.
„Nun“, sagte ich, „wahrscheinlich wissen Sie jetzt alles über mich. Erzählte ich sehr viel, als ich bewußtlos war?“
Er nickte. „Ja.“
„Dann halten Sie mich doch nicht länger hin, ich möchte, daß alles schnell vorüber ist. Wenn ich krank bin, so wurde ich es durch meine Pflicht für den Staat, und zwar dort drüben auf der Insel. Sie wußten das schon, als Sie mich zum ersten Mal sahen. Spielen Sie nicht mit mir, Blackler, ich habe das nicht verdient.“
Er begann, im Zimmer auf und ab zu wandern – die Hände in den Hosentaschen vergraben. Er blickte mich über seine Schulter hinweg an: „Ich denke, daß Sie morgen mit Ihrer Arbeit beginnen werden.“
Ruckartig setzte ich mich auf. Meine Glieder waren wie Gummi, aber langsam kehrten die Kräfte wieder. „Wie kann ich damit beginnen? Sie kennen doch die Tatsachen! Die Schwester und andere in dem Hospital wissen auch davon! Was glauben Sie denn? Ich sagte Ihnen doch schon, daß Sie nicht mit mir spielen sollen!“
„Ich meine das, was ich sage“, war seine Antwort. „Sie werden Ihre Arbeit aufnehmen, sobald Sie die Anweisung dazu bekommen. Sie werden noch ein paar Tage etwas schwach sein, aber das macht nichts.“
“Aber die Schwester?“
„Ich war da, während Sie erzählten. Sonst keiner. Ich bin der hier verantwortliche Arzt, und was ich sage, gilt. Gloria“ – er lachte – „sie tut das, was ich ihr sage. Oh ja, sie ist neugierig, aber sie hat mich sehr gern. Im übrigen bin ich hier das Gesetz.“
Ich starrte ihn an. „Ich weiß nicht, was Sie denken“, sagte ich langsam, „aber jeder gesunde Bürger würde nicht eine Minute zögern, mich anzuzeigen. Sie müssen selbst krank sein.“
Er lachte wieder. „Nun, wenn das so sein sollte, so würden Sie es kaum weitererzählen!“
„Zugegeben. Aber ein krankes Mitglied dieser Expedition, geschweige denn zwei, könnten den Ruin für sie bedeuten. Was meinen Sie dazu?“
„Sind Sie so überzeugt von dem Erfolg?“
„Ich? – Ich weiß nicht, was ich fühle. Was denken Sie?“
Er ignorierte meine Frage. „Auf jeden Fall“, sagte er, „seien Sie dankbar dafür, daß Sie noch einmal davongekommen sind. Mein Motiv? Nun, sagen wir, daß ich beruflich interessiert bin. Sie können denken, daß es für mich von Wert ist, Sie für Studienzwecke zu benutzen. Nach allem zu urteilen, hat Ihnen die Insel das Gleichgewicht geraubt; und wer sagt uns, daß es anderen nicht genauso ergehen wird? Oder – nehmen Sie auch an, daß ich Sie vielleicht gern habe, Waterville, und daß ich Sie als Freund haben möchte, um nicht allein gegen Schultz und den Rest der Beamten und die Kolonisten zu stehen. Die Kolonisten – sie sind keine angenehme Gesellschaft.“
„Das weiß ich. Blackler, glauben Sie an den Menschengeist?“ Allein diese Frage genügte, um einen Menschen in das Rekonditionierungszentrum zu bringen. Ich wollte ihn schockieren.
„Natürlich“, antwortete er. Und nach einer Weile fuhr er fort: „Ich will Ihnen folgendes sagen, ich glaube an die Wissenschaft und an mich selbst. Oder vielleicht ist das ein und dasselbe?“
„Sie wissen das zweifellos am besten.“
Blacklers Art wurde plötzlich offiziell. „Nun“, sagte er, „ich muß noch verschiedenes erledigen. Sie bleiben jetzt hier. Stehen Sie auf und ziehen Sie sich an. Sie werden sich noch recht unsicher auf Ihren Beinen fühlen. Am Abend werde ich Sie dann abholen kommen und mit zu meiner Blockhütte nehmen. Ich habe es so einrichten können, daß Sie mit mir zusammen wohnen. Morgen werden Sie dann kräftig genug sein, um Schultz zu sehen. Er lebt jetzt mehr oder weniger ständig hier, jetzt, wo die Dinge
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