TS 18: Der strahlende Phönix
länger und etwas grauer. Sein Blick traf mich wie ein Schlag, aber ich glaubte zu erkennen, daß die Augen dieses Mannes weniger grausam waren als jene seines Bruders. Er hieß Hugh, wie ich später erfuhr.
Als Harold stehenblieb, folgte ich seinem Beispiel. Hugh und die beiden Frauen betrachteten mich eingehend, ohne zu sprechen, und Harold blieb still an meiner Seite und atmete ein wenig schwer. Nach ungefähr einer Minute verbeugte ich mich und dachte darüber nach, was man wohl von mir erwartete. Der Mann im Stuhl neigte seinen Kopf, sagte aber nichts. So entschied ich mich, als erster zu sprechen. „Ich bin ein Bote“, begann ich. „Ich komme zu euch in Frieden!“
„Was ist deine Botschaft?“
„Ich bin beauftragt worden, mit den Ureinwohnern Kontakt aufzunehmen und sie über unsere friedlichen Absichten aufzuklären.“ Ich hatte gesagt, daß ich in Frieden kam. Was mich anbelangte, so war dies die Wahrheit; aber galt das auch für die Kolonisten? Glaubte ich, der ich die ungeheuere Arroganz der Kolonisten kannte, daß sie durch die rechtmäßigen Einwohner der Insel ihre Pläne durchkreuzen lassen würden?
„Ich komme zu euch“, sagte ich, „von einem Volk, das in eurem Land – fünf Tagesmärsche nach Westen hin – gelandet ist.“
„Wie viele sind es?“ fragte Hugh. „Und was tun sie hier?“ Seine tiefe Stimme klang ruhig.
Ich erzählte ihm von der Tätigkeit und der Zahl meiner Gruppe.
Er hob den Blick und wandte sich an Harold. „Du sagst, daß die Kundschafter zurückgekommen sind?“
„Ja“
„Bring sie her.“
Harold ging hinaus und ließ mich mit dem Pasten, der nahe hinter mir stand, zurück. Kein Wort wurde gesprochen. Die beiden Frauen studierten mich sorgfältig. Ich konnte das Gemurmel der Menge draußen hören.
Dann kam Harold zurück, und mit ihm zwei Männer. Beide beugten das Knie, dann standen sie schweigend und warteten.
Hugh forderte sie zum Sprechen auf, und der Größere von den beiden gab einen detaillierten Bericht über unser Lager und die Arbeiten ab.
„Wie viele Frauen?“ fragte Hugh, als sie geendet hatten.
„Die Hälfte, Herr. Vielleicht mehr als die Hälfte. Sie arbeiten wie die Männer.“
„Gut, ihr könnt gehen.“
Als sie den Raum verlassen hatten, sagte Hugh zu mir: „Du siehst, wir haben euch beobachtet. Es scheint, daß du die Wahrheit gesprochen hast. Hast du mir sonst noch etwas zu erzählen?“
Er bedeutete seiner Tochter, mir einen Stuhl zu bringen. Ich setzte mich und sprach beträchtlich lange und erklärte das ganze Kolonisierungsprojekt. Ich erklärte es einfach und verschwieg nichts.
Schließlich hatte ich alles gesagt, was zu sagen war, und saß ruhig da.
Harold ergriff das Wort. „Sie kommen, um unser Land zu nehmen, Bruder. Wer sind diese Leute, die vom Himmel kommen, und nehmen, was ihnen nicht gehört? Es kommt nichts Gutes vom Himmel. Sie haben ihr eigenes Land, sie sollen dort bleiben.“
Hugh sagte nichts. Er blickte mich an, und ich schwieg.
Dann sprach Harold weiter. „Es ist die alte Geschichte. Männer kämpfen, um zu nehmen, was sie glauben, zum Leben zu benötigen. Dieses Volk braucht nicht unser Land. Sie sollen zurückgehen, und wenn sie es nicht tun, so wollen wir sie hinaustreiben.“
„Und noch einen weiteren Feind bekämpfen“, warf Hugh ein. „Wir kämpfen gegen die Barbaren im Norden. Wenn wir jetzt auch noch gegen diese Männer aus einem anderen Land kämpfen, so ist es wirklich die alte Geschichte, die Geschichte, die Gott veranlaßte, uns in der Vergangenheit schrecklich zu züchtigen. In dem ganzen Land hier sind ein paar Dörfer alles, was von der Menschheit übriggeblieben ist. Der Rest sind Tiere. Sollen wir wieder zu Tieren werden? Haben wir nichts anders anzubieten?“
Hugh schaute zu seiner Frau und lächelte. „Und was meinst du?“ fragte er.
„Es gibt schon zu vieles Töten“, sagte sie mit tiefer Stimme. „Frauen haben das immer gesagt. Männer sagen das auch, aber sie finden immer wieder neue Gründe, um töten zu können.“
Ihr Mann lächelte. Er sagte zu seinem Bruder: „Können wir diesen Männern nicht als Freunde begegnen?“
Harold lachte. „Wenn ich dich nicht liebte, Bruder, und nicht wüßte, daß du ein weiser Herrscher bist, würde ich sagen, du seist ein Narr. Wenn ein Fuchs unser Hühnerhaus beraubt, so werden wir versuchen, ihn zu erschlagen.“
„Es gibt zu viel Blutvergießen.“
Zu meiner Überraschung hörte ich mich selbst sprechen.
„Was ist
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