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TS 18: Der strahlende Phönix

TS 18: Der strahlende Phönix

Titel: TS 18: Der strahlende Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harold Mead
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Weile schweigend neben mir her. Endlich sagte er: „Deine Sprache ist dieselbe und doch anders. Deine Kleidung ist nicht die von Leuten, die ich kenne, und ich bin weit im Norden gewesen. Wo kommst du her?“
    Dieser Mann, dachte ich, war kein Narr. Auch war er kein Wilder. Ich hielt es für richtig, ihm die Wahrheit zu sagen. „Erzähle mir zuerst“, sagte ich, „wer du bist. Meine Botschaft ist für deinen Herrscher bestimmt.“
    Er drehte sich zu mir mit einem grimmigen Lächeln. „Ich bin der Bruder des Mannes, den du unseren Herrscher nennst. Wenn ich dich töten würde –“ Er zuckte die Achseln. „Mein Name ist Harold. Diese Leute“ – und er zeigte auf seine eigenen Männer – „sind dumm. Wir haben keine Zeit, unserem Volk etwas zu lehren; wir müssen arbeiten und manchmal kämpfen, um zu leben. Aber einige von uns – mein Bruder, ich selbst, einige andere … Sag mir, woher du kommst?“
    „Von der anderen Seite des Meeres. Mein Land war mächtig, als auch das eure mächtig war, und es wurde nicht völlig zerstört. Wir haben wieder aufgebaut. Jetzt wollen wir Menschen treffen, die in anderen Ländern übriggeblieben sind.“
    „Wie kamst du her?“
    „Wir flogen in einer Maschine.“
    Er nickte. „Das haben wir schon gehört. Wir schickten Männer als Beobachter aus, die uns solche Nachrichten brachten.“
    „Ja.“
    „Einst flog auch mein Volk. Wir waren eine große Nation. Jetzt leben wir wie Wilde, und es bleibt wenig Zeit, um Kenntnisse zu sammeln. Das Wissen gehört der Vergangenheit an. Wenn du sagst, daß du geflogen bist, wird das Volk erschrecken. Warum kamst du aus der Gruft?“
    „Wir verbrachten dort die Nacht.“
    Er grinste. „Meine Männer sagten, du kämest von Gott. Jetzt sehen sie, daß du ein Mensch bist, und schon nennen sie dich einen Propheten.“
    „Was denkst du, was ich bin?“
    Er schaute mich an. „Ein Mensch, auf jeden Fall. Und unbewaffnet, was gut für dich ist.“
    „Die Gruft? Wem gehört sie?“
    Er lachte. „Man sagt, sie gehört Gott.“
    „Ist euer Gott tot?“
    „Wenn es jemals einen gnädigen Gott gab, so ist er tot, obwohl ich nicht glaube, daß er dort beerdigt ist. Aber die anderen … Habt ihr einen Gott in eurer neuen Zivilisation?“
    „Wir verehren einen Geist.“
    „Was für einen Geist?“
    „Den Menschengeist.“
    Er warf seinen Kopf zurück und lachte. „Ist das alles, was ihr tun könnt?“ Dann zog er sein Schwert und zeigte auf die Spitze. „Deinen Geist – ich kann ihn damit ausblasen, und was willst du dann tun? Bist du solch ein Narr? Glaubst du an das?“
    „Ich? Ich glaube an – einen Geist.“
    „Ein Geist“, sagte er, „oder ein Gott. Zweifellos. Aber was hat das mit Menschen zu tun?“ Er machte ein paar Schritte und schlug mit seinem Schwert die Grasspitzen ab. Dann murmelte er etwas vor sich hin, was ich nicht verstehen konnte.

 
XIV
     
    Am Abend erreichten wir das Dorf. Es lag tief im Wald, und wir näherten uns ihm auf einem gewundenen Pfad, der mit Blättern und Moos bedeckt war. Hier schien Frieden zu sein, und ich sagte: „Menschen könnten hier glücklich leben.“
    Mein Begleiter lächelte und schaute mit offensichtlicher Befriedigung um sich. Dann murmelte er: „Im Winter frieren wir und hungern, und das Vieh stirbt – und alte Leute. Nun – aber nach dem Winter kommt schließlich der Frühling.“ Dann schaute er wieder grimmig drein, sich daran erinnernd, daß ich ein Gefangener war.
    Am Rande des Dorfes lagen bebaute Lichtungen. Wir sahen, wie Vieh heimwärts getrieben wurde – kleine, dünne Tiere im Vergleich zu den Tieren in unserem Staat. Als wir uns dem Dorf näherten, wurden wir von einem Schwarm von Kindern verfolgt, die neben uns herliefen – schwatzend und durcheinanderschreiend – und meine Träger und mich neugierig anschauten.
    Das Dorf selbst war groß und völlig von schweren Holzpalisaden und einem tiefen Wassergraben mit spitzen Lanzen, die sich im Wasser widerspiegelten, umgeben. Wir betraten das Dorf, als die Dämmerung schon hereingebrochen war, und ich bemerkte als erstes die gedämpften Lichter, die aus den Fenstern drangen und den Holzrauch, der über die Dächer strich.
    Die Häuser waren niedrig und die Dächer mit Schindeln gedeckt, die Fenster mit Holzläden geschlossen und ohne Glas. Über einem Gebäude konnte ich ein Holzkreuz erkennen, und ich war überrascht, die alte Christentradition hier noch zu finden.
    Unsere Bewacher führten uns zu einem Gebäude,

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