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TS 18: Der strahlende Phönix

TS 18: Der strahlende Phönix

Titel: TS 18: Der strahlende Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harold Mead
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bestimmt“, erklärte er.
    Nachdem die beiden meine Papiere durchgeschaut hatten, wandte sich der Mann an mich: „Mr. John Waterville“, sagte er, „Beamter Klasse Zwei. Zum Daueraufenthalt im Lager abkommandiert. Ich habe schon von Ihnen gehört. Sie sind der Mann, der dort drüben war, stimmt’s?“
    „Ja“, antwortete ich kurz.
    „Er hat eine Belobigung bekommen“, warf die Beamtin ein und betrachtete mich nachdenklich.
    Ich sagte nichts. Die Tür öffnete sich, und ein junger Mann im weißen Kittel trat ein.
    Der Doktor – denn er war es – schaute auf meine Papiere. „Nun, Mr. Waterville, dann wollen wir mal sehen.“ Er begann, mich eingehend zu untersuchen. Schließlich sagte er: „Vollkommen gesund. Ausgezeichnet. Sie müssen wissen, Mr. Waterville, daß ich denke, wir überschätzen die Wichtigkeit der Größe bei den Menschen. Sie sollten eigentlich so kompakt und drahtig sein wie Sie.“ Dann ging er zum Tisch, unterzeichnete meine Papiere und setzte den Stempel ,Tauglich für das Kolonisierungsprojekt’ darunter. Er schaute mich über seine Schulter hinweg an und bemerkte: „Ich habe sonst immer nur die Rekonditionierten zu untersuchen, und dabei fühle ich mich stets wie ein Fleischbeschauer.“
    Als ich wieder angezogen war, führten mich die beiden Moralbeamten einen Gang entlang und weiter durch einen Hof. Dort standen ungefähr ein Dutzend Männer und Frauen in zwei Reihen. Sie waren alle jung und vollkommen nackt. Ihre Kleider lagen zu ihren Füßen. Zwei Gesundheitsbeamte – der junge Arzt, der mich untersucht hatte und noch ein anderer – untersuchten die in Reih und Glied Stehenden. Nach Beendigung wurden ihre Papiere unterschrieben, und jeder bekam einen blauen Stempel, den Kometen mit dem Schweif, auf die rechte Schulter gedrückt.
    „Rekonditionierte“, grunzte der Beamte. „Besonders ausgewählte.“
    Er brauchte mir das nicht zu sagen, denn die Menschen, die dort im Sonnenlicht standen, waren schön. Einige Frauen hatten liebliche Gesichter, doch ihre Augen waren ausdruckslos wie die von Steinstatuen.
    Ich ging mit meinen Begleitern weiter. Die Beamtin neben mir blieb stehen und betrachtete interessiert einen jungen, kräftigen Burschen, der gerade vortrat.
    „Komm weiter, Bessy“, sagte mein Begleiter George.
    „Einen Augenblick, mir macht es Spaß, zuzuschauen.“
    „Komm weiter, du bist im Dienst!“ Sie kam, konnte es jedoch nicht unterlassen, noch einmal einen Blick hinter sich zu werfen.
    „Sie ist schrecklich“, vertraute er mir an. „Wenn ich nicht ständig auf sie aufpassen würde, dann wäre sie schon wegen ihres Verhaltens in Schwierigkeiten gekommen.“
    Er ging vor mir her und bewegte sich wie ein großer Affe.
    Wir näherten uns einer Toreinfahrt auf der anderen Seite des Hofes, als plötzlich Unruhe entstand. Alle drei schauten wir uns um, und ich sah, wie sich eine Frau, die gerade zur Untersuchung auf den Tisch gelegt worden war, den Händen des Doktors entwand und davonsprang. „Nein!“ schrie sie. „Nein!“ Der junge Doktor, der mich untersucht hatte, lief ihr entgegen. Sie wich vor ihm zurück. Aus der Gruppe der Rekonditionierten drangen wild durcheinanderklingende Laute. Ein Moralbeamter, der auf einer Bank gesessen hatte, sprang auf. Die Frau schrie und rannte wie eine Gehetzte durch den Hof, Schrecken und. Verstörtheit waren aus ihrem Gesicht zu lesen. Als sie bei dem Moralbeamten vorbeilief, versuchte er, sie zu ergreifen, aber sie schüttelte ihn ab. Dann kam sie auf uns zugelaufen, und bevor ich überhaupt einen Gedanken fassen konnte, lag sie zu meinen Füßen und umklammerte meine Beine. „Nein!“ schrie sie immer wieder.
    Ich tat nichts für sie, ich konnte nichts für sie tun. Das war Sache des Staates, und es war bei solchen Anlässen gewöhnlich nicht klug und auch nicht ratsam, sich einzumischen. Aber dieses Nicht-helfen-Können bereitete mir Pein.
    Bessy lachte. Sie beugte sich nieder und zog die schreiende Frau an den Haaren hoch. „Laß sie los, Bessy“, sagte George. „Gib sie mir!“ Er ging einen Schritt vor und faßte sie bei den Handgelenken. Er streckte einen langen, behaarten Zeigefinger aus und legte ihn auf das Gesicht der Frau. Ihr Schreien verstummte. Er ließ seine Hand über ihr Haar gleiten, sie zitterte, dann wurde sie ruhig. „Sie ist in Ordnung“, sagte George. „Sie ist schön“, fügte er hinzu. Er drehte sie von sich weg, ließ ihre Handgelenke los und gab ihr einen Schlag auf den Rücken. Sie

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