TS 21: Die Überlebenden
eine Gasmaske zu tragen, die Paggets nicht. Vielleicht wird das einmal die Antwort auf alle unsere Fragen sein.“
„Und warum nicht schon heute?“
„Man versuchte es in Amerika, aber Gas hat die schlechte Eigenschaft, sich zu schnell zu verflüchtigen. Tausende von Behältern wären notwendig, nur eine kleine Insel zu säubern – und das nicht einmal vollständig. Der Rest würde sich wieder vermehren …“
Und so redeten wir und stellten Hypothesen auf, ohne zum Ziel zu gelangen. Es gab einfach noch keinen Ausweg. Aber wir regten uns nicht darüber auf, sondern versuchten, die Lage nüchtern zu sehen.
18. Kapitel
Am anderen Tage wußte auf einmal jeder in Saxham, warum ich Eva nicht heiraten wollte – oder glaubte es wenigstens zu wissen.
Ich befand mich auf den Feldern außerhalb der Mauer und sprach mit Bert. Plötzlich bekam dieser Stielaugen und sah an mir vorbei, Mund und Nase geöffnet. Ich folgte seinem Blick.
Auf der Straße schritt ein Mädchen auf das Tor zu, ein graziöses, elegantes Mädchen, in der Hand eine große Tasche.
So schnell ich konnte, eilte ich auf sie zu, noch ehe sie das Tor erreichte, wo Clara ihre Wache absolvierte.
„Hallo, Ginette!“ rief ich, ohne jedoch allzuviel Begeisterung zu verraten. Ich tat so, als käme sie jeden Tag zu Besuch.
Abrupt blieb sie stehen.
„Sie besitzen doch wohl nicht den Nerv zu denken, ich sei Ihretwegen nach Saxham gekommen?“ fragte sie scharf.
„Das nicht, aber immerhin sind Sie da!“
Sie riß sich sichtlich zusammen.
„Streiten wir uns nicht gleich wieder, Don. Wie sehen die Dinge hier aus?“
„Gut“, erklärte ich ihr. Dabei betrachtete ich sie eingehender und sah mich zu der Bemerkung veranlaßt: „Aber das ist doch nicht möglich, Ginette! Kommen Sie wirklich von Cambridge? Sie sehen aus, als hätten Sie sich gerade wieder einmal umgezogen.“
„Was tut das zur Sache?“ wollte sie wissen.
Tatsächlich, das war meine alte Ginette, die sich nicht um einen Deut geändert hatte. Bekleidet war sie mit einem ärmellosen Sommerkleid, adrett und elegant. Die weißen Schuhe fielen durch ihre hohen Absätze auf. Der verletzte Arm war verbunden, die Binde sauber und heil.
„Wie kamen Sie hierher?“ erkundigte ich mich.
Sie mochte einsehen, daß sie ohne Auskünfte nicht weiterkam. Ein wenig unwillig berichtete sie also:
„Eine Reisegesellschaft nahm mich mit. Sie haben in Newcastle eine Yacht und wollen damit zu einer Insel.“
„Und Sie gingen nicht mit?“
„Könnte ich dann vor Ihnen stehen?“
„Cambridge war also nichts?“
„Nein!“
Das war alles, was ich jemals über Cambridge erfuhr.
„Wie kamen Sie durch Greetham?“
„Kenne ich nicht. Ich fragte in Grantham nach Saxham. War ein netter Umweg von fünfzehn Kilometern.“
„Ohne den Umweg wären Sie bereits tot“, klärte ich sie auf.
Sie hätte gerne nach dem ,warum?’ gefragt, kam aber nicht mehr dazu. Halb Saxham hatte sich inzwischen um uns versammelt und betrachtete Ginette neugierig.
Eva mußte in dem Augenblick angekommen sein, als ich Ginettes Kleid ein Stückchen von der Schulter streifte, um nach der Wunde zu sehen. Wenn ich sie vorher bemerkt hätte, wäre ich vielleicht vorsichtiger gewesen. Aber ich dachte mir wirklich nichts dabei. Ginette und ich verkehrten immer mit einer gewissen Selbstverständlichkeit miteinander, die andere Leute leicht auf falsche Vermutungen kommen ließ. So natürlich auch Eva.
Verstohlen betrachtete ich Eva, um ihre Reaktion festzustellen. Ich erschrak. In ihren Augen stand flammende Wut über die Ankunft von Ginette. Sie liebte mich also wirklich!?
Ich stellte Ginette den anderen vor. Ginette bot allen Charme auf, die anderen zu begrüßen. Sie lächelte und fand für jeden ein freundliches Wort. Damit gehörte sie ohne viele Zeremonien zu unserer Gemeinschaft.
Erst einige Stunden später gelang es mir, sie allein zu sprechen. Sie wußte nun alles über Saxham und durfte als völlig aufgeklärt gelten. Ich bekam das auch zu spüren.
„Ich bin nicht durch Greetham gekommen“, meinte sie. „Ob uns das vielleicht nützen kann?“
„Keine Diplomatie mit den Messerwerfern“, winkte ich ab. „Sie wollen das, was wir haben, und glauben, es sich mit Gewalt nehmen zu können. Heute Abend findet übrigens eine Besprechung statt, dann werden Sie alles Nähere erfahren.“
Ich zögerte. Dann entschloß ich mich, direkt zu fragen. Bei Ginette hatte es wenig Sinn, nicht offen zu sein.
„Warum sind
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