TS 23: Planet YB23
überhaupt dazu in der Lage sein sollten.“
Carnell verzog das Gesicht zu einer Grimasse.
„Klingt ja mehr als geheimnisvoll, Held. Aber eigentlich geht es gegen das Reglement, dem Kommandanten wichtige Beobachtungen zu verschweigen.“
„Ich verschweige keine Beobachtungen, sondern weigere mich lediglich, meine daraus folgernden Schlüsse schon jetzt bekanntzugeben. Eine Gefahr entsteht uns daraus nicht, aber es wäre doch unsinnig, eine unnötige Beunruhigung zu erzeugen.“
Nansen fing einen unmutigen Blick von Jules Beaux auf und deutete ihn ganz richtig.
„Sie baten uns um unsere Beobachtungen, damit wir in gemeinsamer Arbeit ein rechtes Bild von den Verhältnissen hier machen können. Nun, wir trugen unseren Teil dazu bei. Und nun wollen Sie uns den Rest einfach vorenthalten. Was sind denn Ihre Beobachtungen, Held? Wollen Sie uns das nicht sagen?“
Der Physiker zog die Augenbrauen hoch.
„Es sind die gleichen, die auch Sie machten, denn wir waren zusammen in der unterirdischen Stadt. Ich denke da besonders an die Halle mit den hundert Bildschirmen. Können Sie sich nicht denken, was auf diesen Schirmen zu sehen ist? Nicht? Na, dann seien Sie beruhigt, ich kann es mir auch noch nicht vorstellen. Aber wenn sich meine Ahnung bewahrheitet, was es sein könnte, dann trifft General Patterson der Schlag.“
General Patterson, Chef der Expeditionsabteilung der irdischen Raumflotte, war Carnells Vorgesetzter und dafür bekannt, nicht so schnell aus der Fassung gebracht werden zu können. Somit war Helds Behauptung, ihn könne der Schlag treffen, nichts als ein unterstreichender Hinweis auf die Bedeutung seiner Vermutungen.
Carnell seufzte.
„Wenn Patterson der Schlag trifft“, mutmaßte er düster, „dann werde ich bei der zu erwartenden Eröffnung sicherlich in meine Bestandteile zerfallen. Das sind herrliche Aussichten. Dabei sieht YB 23 so friedlich und harmlos aus.“
„Ich habe niemals behauptet, wir stünden einer Gefahr gegenüber“, schränkte Held die Befürchtungen ein. „Ich sprach nur von einer unglaublichen Entdeckung, die uns – vielleicht – bevorsteht. Etwas Genaues läßt sich noch nicht sagen.“
Jane spielte mit ihren Fingern, als sie sagte:
„So, also die Bildschirme dort unten hängen mit der Beobachtung zusammen, die Nansen und ich machten? Ich sehe da nur einen Zusammenhang: der zweite Planet, den wir sahen, war nicht der Planet der Gegenwart, sondern ein Bild aus der fernsten Vergangenheit.
Und das Bild dort unten auf dem Schirm kann auch nicht der Gegenwart entstammen, denn die Bewohner, die wir sahen, leben längst nicht mehr. Wir begegneten also zweimal der Vergangenheit, ist esdas, was Sie meinen, Held?“
Der Physiker zuckte die Schultern.
„Vielleicht“, murmelte er.
Und mehr war aus ihm nicht herauszubekommen. Er schwieg beharrlich und vertröstete die in der Messe Versammelten auf den kommenden Tag, an dem eine neue Expedition in die unterirdische Stadt stattfinden sollte.
Man wollte den nächsten Gang erforschen. Es gab ja deren noch fünf weitere.
Zu welchen weiteren Wundern mochten sie führen?
*
In dieser Nacht hatte Kranz, der in der Zentrale Wache hielt, ein unheimliches Erlebnis.
Er saß auf dem Platz des Kommandanten im dämmerigen Licht einer kleinen Kontrollampe, die eine ungehinderte Sicht in das fast totale Dunkel der Welt draußen erlaubte. YB 23 besaß keinen Mond, nur die Sterne verbreiteten ein ungewisses Licht.
Es wurde Mitternacht, die Konturen der winzigen Hügel verwandelten sich in den Augen von Kranz in furchterregende Ungeheuer.
Besonders der Eingang zur unterirdischen Stadt begann an einen Saurier zu erinnern, der dort bewegungslos auf ein zufällig vorbeikommendes Opfer lauerte. Natürlich war das paradox, denn Saurier – wenigstens die meisten – waren Pflanzenfresser. Aber – war das auch das einzige, was paradox war? War es nicht überhaupt paradox, hier auf diesem leblosen Planeten an Saurier oder sonstige Ungeheuer zu denken?
Kranz rutschte ein wenig auf dem Sessel hin und her, um sich dann zurechtzusetzen.
Selbstverständlich litt er unter Halluzinationen, wenn er den harmlosen Hügel, der den Eingang zur unterirdischen Stadt markierte, für ein lebendes Wesen hielt. Aber das Dunkel der Nacht bewirkte ein Verschwimmen der Wirklichkeit zu diffuser Unwirklichkeit. Hinzu kam das Wissen um das einstmalige Leben auf YB 23, das nur scheinbar erloschen war.
Trotzdem – Kranz verfluchte sich ob seiner lebhaften
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