TS 23: Planet YB23
dazu, die aufkommende Übelkeit zu bekämpfen.
Man sah, daß der Astronom nur mit Mühe seine Heiterkeit verbarg. Fast bedauernd über die verfehlte Gelegenheit sagte er:
„Eine einfache Naturerscheinung bei plötzlicher Bewegungsänderung. Gesetz des Beharrungsvermögens. Für den Bruchteil einer Sekunde waren wir schwerelos. In den Anfängen der Raumfahrt soll das ein großes Hindernis gewesen sein, besonders beim umgekehrten Vorgang der Beschleunigung. Man nannte es auch Andruck.“
„Hol’ Sie der Teufel!“ bedankte sich Ray unhöflich. „Was soll dieser Vortrag über längst veraltete Dinge?“
„Sie fragten mich ja danach!“ belehrte ihn Harrison beleidigt.
Die Fremden hatten der Unterhaltung gelauscht, ihr aber weiter keine Bedeutung beigemessen. Der Lift sank immer noch nach unten und kam mit einem unsanften Ruck zum Halten. Wieder hätte Carnell fast den Halt verloren. Er verbarg dieses Mißgeschick jedoch, indem er das Körpergewicht auf ein anderes Bein verlagerte. Sein Gesicht drückte eine maßlose Langeweile aus.
Er erhielt einen Stoß in den Rücken und stand in einem Saal. Überall an den Wänden waren in regelmäßigen Abständen Posten aufgestellt, in den Händen schimmernde Metallstäbe, wahrscheinlich Waffen irgendwelcher Art. Vertrauenerweckend sahen sie nicht aus.
„Verdammt! Was wollen sie eigentlich von uns?“ knurrte Carnell. „Ich glaube nicht, daß wir einen Besucher aus dem Weltraum so unhöflich empfangen hätten.“
„Finden Sie es nicht auch seltsam“, gab Harrison zurück, ohne auf die Frage des Kommandanten einzugehen, „daß diese Extraterrestrier genauso aussehen wie wir? Ich habe mir darunter immer scheußliche Ungeheuer mit sieben Beinen und drei Augen vorgestellt. Nun finden wir die erste außerirdische Intelligenz – und sie sieht aus wie der Mensch – ist der Mensch!“
„Was heißt finden? Haben Sie vergessen, wie diese ganze Zivilisation so plötzlich aus dem Nichts vor unseren Augen in der Wüste entstand? Haben wir es überhaupt mit einer Realität zu tun?“
Der Astronom rieb sich eine schmerzende Stelle an der Seite.
„Und ob sie real sind, ganz gleich, wo sie herkommen! Erklären kann ich mir die Existenz dieser materiellen Geister absolut nicht, aber sie sind nun mal da! Richtig besehen existieren unsere Gastgeber überhaupt nicht, aber sie haben uns trotzdem gefangen.“
Auf der anderen Seite der kahlen Halle öffnete sich eine breite Tür und ein einzelner Mann kam herein. Er unterschied sich keineswegs von den beiden Wächtern an der Seite der vier Erdenmenschen, auch nicht von dem bisherigen Anführer, aber es war trotzdem klar, daß ihnen eine entscheidende Persönlichkeit entgegenschritt.
Der Fremde näherte sich bis auf wenige Schritte.
Dann blieb er stehen und starrte die Gefangenen an. In seinen Augen war nur wenig Neugierde, aber dafür um so mehr Grausamkeit und kalte Mordlust.
Carnell sah diesen wenig versprechenden Blick und wußte instinktiv, daß ihnen ein Todfeind gegenüberstand. Wenn er nur gewußt hätte, warum der andere so mit Haß erfüllt war; aber jede Frage würde sinnlos sein. Man würde ihn nicht verstehen.
Der Anführer berichtete jetzt scheinbar von der Gefangennahme und von dem irdischen Raumschiff, denn er zeigte mehrmals auf Ray und seine Leute, beschrieb sehr anschaulich mit untermalenden Handbewegungen die STAR und ihre imponierende Größe.
Der Neuankömmling hörte schweigend zu. Dann sah er Ray an, trat plötzlich auf ihn zu und stellte in herrischem Tonfall eine unverständliche Frage. Die Arme hatte er dabei in die Hüfte gestemmt; breitbeinig stand er vor dem Kommandanten, in dem es allmählich zu kochen begann.
Nicht daß Carnell nun ein besonders tapferer Mann gewesen wäre, das konnte niemand behaupten; das Gegenteil aber auch nicht. Er hatte bisher eben niemals Gelegenheit gehabt, seinen Mut zu beweisen. Das Reglement verbot es gewissermaßen.
Dies war seine erste Gelegenheit – und er nutzte sie aus.
Er stemmte ebenfalls seine beiden Fäuste herausfordernd in die Hüfte, schob die Beine auseinander und stand da, als sei er der Herr des Universums. Ein Grinsen überzog sein Gesicht, als er seine ganzen Schulkenntnisse aus dem Unterbewußtsein hervorkramte und sagte:
„Weißt du was, du Rindvieh? Du kannst mich mal.“
Weiter kam er nicht, denn wenn auch der Fremde sicherlich diesen so bedeutenden Satz aus dem irdischen Kulturschatz nicht wörtlich kannte – und wenn, so hätte er ihn
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