TS 29: Die Zeitbombe
und einen Projektor aufgestellt. Der Raum schien mit Männern vollgepfercht zu sein. Da war der Chef, grimmig und sauer blickend, bereit, seinen Zorn über irgend jemand zu ergießen. Neben ihm saß ein Captain, der unzweifelhaft den Befehl ausgegeben hatte, Danforth herbeizurufen. In einer Reihe vor einer langen Wand standen drei Männer mit weißen Gesichtern in krampfhaft starrer Haltung; sie schienen es nicht zu wagen, sich zu setzen. Danforth empfand Mitleid mit ihnen; sie stellten seine gesamte Mannschaft dar, und ihre Anwesenheit in diesem Zimmer konnte nur eines bedeuten. Mr. Ramsey saß in einem anderen Stuhl neben dem Schreibtisch und versuchte die Gelassenheit nachzuahmen. Um ihn herum standen oder saßen in verschiedenen Posen der Niedergeschlagenheit sechs Söhne Amerikas.
Alle wandten den Kopf, als Danforth eintrat.
Mr. Ramsey sagte ruhig: „Wir haben auf Sie gewartet, Leutnant. Wir wollen uns zuerst die Aufnahme ansehen, bevor wir Ihren Bericht anhören.“
„Jawohl, Sir.“ Danforth bewegte sich durch den Raum und stellte sich neben seine Leute an die Wand. Sie mieden geflissentlich seinen Blick.
„Wir dürfen von den Bildern nicht allzuviel erwarten“, fuhr Mr. Ramsey fort, „wegen des Wetters. Ich habe sie bereits gesehen und möchte doch sagen, daß es nicht die Schuld der Kameraleute ist. Können wir anfangen?“
Jemand löschte das Licht, und ein Kameramann trat zum Projektor. Die Köpfe drehten sich zur Leinwand.
Der Regen war stark. Und durch den Regen tollten zwei große, verspielt aussehende Wachhunde. Hinter ihnen, im Dunkel der Nacht, erhob sich das Haus, das noch bis vor wenigen Stunden unversehrt dagestanden hatte. Ein vereinzeltes Licht schimmerte über dem Eingang. Während mehrerer Minuten war nichts anderes zu sehen. Es schien endlos zu dauern, aber Danforth kannte den verfälschten Eindruck, den ein unbewegtes Bild hervorruft und vermutete, daß es nicht mehr als dreieinhalb bis vier Minuten waren.
Dann tauchten plötzlich die Hunde wieder auf und rannten wie toll über den Garten auf die Straße zu. Langsam in den Sichtbereich des Gerätes rollend, erschien ein Wagen der Sicherheitspolizei. Die Hunde wirbelten herum und begleiteten den Wagen, als er den Weg zum Haus hinauffuhr, und schnappten nach den Reifen. Der Wagen hielt an, die Scheinwerfer erloschen, die Wagentür wurde aufgestoßen, und Captain Redmon trat in den Regen hinaus. Die Hunde waren sofort an seiner Seite und beschnupperten ihn. Er tätschelte ihre Köpfe, stieß sie zur Seite und betätigte einen altmodischen Messingklopfer, der am Hauseingang hing. Dann, in einer unbewußten und völlig nutzlosen Bewegung, streckte er die Arme aus, wie wenn er durchsucht würde.
Einer der Zuschauer im dunklen Raum kicherte. Danforth unterdrückte ein Grinsen. So war sein Vorgesetzter gewesen. Er pflegte automatisch die Arme auszustrecken, wenn er wußte, daß Suchstrahlen seinen Körper abtasteten. Er hatte die alte Gewohnheit nie abgeschüttelt, die noch üblich gewesen war, als er der Polizei beitrat. Diese zu beiden Seiten der Tür verborgen angebrachten Suchgeräte brachten ein eventuell vorhandenes Geschoß zur Explosion, fanden unweigerlich eine Klinge oder andere Metallgegenstände unter den Kleidern auf und erhitzten sie bis zu einem unerträglichem Grad. Redmon hatte die Vorsichtsmaßnahme ergriffen und seine Ausrüstung im Wagen gelassen, aber er hielt dennoch die Arme in die Höhe, um sich durchsuchen zu lassen.
Die Tür öffnete sich, und ein Diener ließ Redmon ein. Dann schloß sie sich wieder, und die Hunde rannten davon.
Das war alles, und der nun folgende Abschnitt der Bewegungslosigkeit war wirklich lang. Einmal oder zweimal kreuzten die Wachhunde die Bildfläche, aber die meiste Zeit über war nichts zu sehen außer dem großen Haus, dem Licht, das über der Tür brannte und dem unaufhörlichen Regen. Sie warteten.
Mr. Ramseys weiche Stimme unterbrach plötzlich das im Raum lastende Schweigen.
„Ich würde Ihnen anraten, jetzt die Augen abzuschirmen. Der Schein ist sehr grell.“
Hände wurden im Halbdunkel erhoben, und die Augen bis auf schmale Schlitze zwischen den Fingern verdeckt. Jedermann wollte es sehen, obwohl sie alle solchen Szenen bereits früher beigewohnt hatten und eine derartige Zerstörung nicht wieder zu sehen wünschten. Sie saßen oder standen nervös und in unbequemen Stellungen, warteten in der gespannten Stille auf das Kommende.
Die Hunde erschienen auf der Leinwand. Sie
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