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TS 30: Die Söhne der Erde

TS 30: Die Söhne der Erde

Titel: TS 30: Die Söhne der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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paar Gebieten entlang der nordamerikanischen Küste versteht sie kein Mensch mehr. Kein einziger moderner Autor oder Wissenschaftler oder … oder sonst jemand schreibt noch in Englisch. Ich sage, sie ist tot. Ein lebender Leichnam.“
    „Die Sprache deines Mannes“, grollte er und erhob sich halb.
    „Glaubst du, er hat je ein einziges Wort in ihr gesprochen, außer mit dir, seit er … seit er von Skula entkommen ist? Glaubst du, wenn David je zurückkommt und wir nach Rama gehen … glaubst du, wir würden dann noch die Sprache eines sterbenden Volkes sprechen? Auf einer neuen Welt!“
    Sie spürte die Tranen, die ihr über die Wangen rannen, und rang nach Atem inmitten des Schreckens, den sie empfand. Der alte Mann war so haarig, so riesig. Als er aufstand, warf das Licht der Leuchtkugel seinen Schatten über sie und erstickte eine ganze Ecke des Raumes damit. Sein Kopf berührte fast die Decke.
    „So. Das Volk deines Mannes liegt also im Sterben. Warum hast du ihn geheiratet, wenn er so kraftlos ist?“
    „Er nicht!“ rief sie. „Du bist es. Verkriechst dich hier mit deinen Träumen von einer Zeit, als dein Volk noch die Erde beherrschte … von einer Vergangenheit, die wir längst überwunden haben. David wollte dahin, wo … wo die Zukunft ist.“
    „Ich verstehe.“ Magnus Ryerson drehte sich halb zur Seite. Er rammte beide Fäuste in die Taschen seiner alten Hose und starrte zu Boden.
    „Ja, ich verstehe. Du bist wie alle die anderen, die man im Haß gegen den Westen erzogen hat, weil er einmal euer Herr gewesen ist. Euer Lehrer. Dieser Planet gehörte einmal dem weißen Mann. Es scheint, daß unsere Sünden uns immer noch nachfolgen – die nächsten tausend Jahre vielleicht … bis es an deinem Volke ist, zu versagen, und diejenigen, denen ihr hochgeholfen habt, sich gegen euch wenden werden. Nun, es fällt mir nicht ein, mich für meine Vorfahren entschuldigen zu wollen. Ich bin stolz auf sie. Wir haben nicht verwerflicher gehandelt als andere vor uns, und wir gaben … noch auf dem Sterbebett unserer Zivilisation gaben wir euch die Sterne.“
    Seine Stimme wurde lauter, bis sie zwischen den Wänden dröhnte. „Aber noch sind wir nicht tot. Glaubst du, dieses erbärmliche Protektorat ist eine neue Zivilisation? Niemals. Es ist nicht einmal eine anständige Barbarei, es ist eine glorifizierte Garnison. Das Protektorat ist es, das den Status quo anbetet, das sich vor der Zukunft fürchtet. Ich bin in den Weltraum gegangen, so wie meine Leute früher zur See gingen. Ich habe meine Söhne dem Raum gegeben, und du wirst auch die deinen dem Raum geben, weil das der Ort ist, wo die nächste Zivilisation entstehen wird. Und deshalb wirst du die Geschichte und die Sprache unseres Volkes – deines Volkes lernen. Bei Gott, du wirst lernen, was es heißt, eine von uns zu sein.“
    Seine Worte verloren sich in Leiere. Eine Weile sprachen nur der Wind und die knisternden Flammen im Kamin. Unten am Strand spielte die See mit dem Land wie ein Terrier mit einer Ratte.
    Tamara sagte schließlich: „Ich weiß bereits, was es heißt. Es hat mich David gekostet, aber ich weiß.“
    Er drehte sich ihr zu, senkte den Kopf und starrte sie an, als stände er einem Feind gegenüber.
    „Du hast ihn in den Tod geschickt“, fuhr sie tonlos fort. „Du hast ihn zu einer toten Sonne zum Sterben geschickt. Weil du …“
    „Du bist überreizt“, unterbrach er sie voll zurückgestauten Ärgers. „Ich habe ihn nur gebeten, an einer einzigen Expedition teilzunehmen. Und diese war wichtig. Er hätte später, gleichgültig was er dann gemacht hätte, voller Stolz sagen können, ich war auf der Kreuz.“
    „Um dafür jetzt zu sterben? Dieser Grund ist genauso sinnlos wie der wirkliche. Aber ich werde dir sagen, warum du ihn gezwungen hast zu gehen … und wenn du leugnest, daß du das getan hast, sage ich dir ins Gesicht, daß du lügst. Du konntest den Gedanken nicht ertragen, daß sich einer deiner Söhne von dir freigemacht hatte, sich nicht in dein Abbild pressen ließ – die ganze Farce der Raumforschung durchschaut hatte, wo Entfernungen nur der Entfernung willen zurückgelegt werden, wo die Zahl der zurückgelegten Kilometer ein Verdienst in sich darstellt. David wollte so leben, wie die Natur es für ihn gedacht hatte, auf lebender Scholle, mit reiner Luft zum Atmen und Bergen, um darin zu wandern, statt dahinzuvegetieren in einem rotierenden Sarg … und seine Kinder ebenfalls. Wir hätten glücklich sein können!

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