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TS 30: Die Söhne der Erde

TS 30: Die Söhne der Erde

Titel: TS 30: Die Söhne der Erde
Autoren: Poul Anderson
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terrene Atomkerne ein und zerstörten sie. Nicht viel später würde eine Deformierung der Kristallstruktur eintreten, Ermüdungserscheinungen im Metall, letztlich endgültiger Zerfall. Er berichtete, was er gefunden hatte, und fügte in einem Tonfall von Prahlerei hinzu: „Ich hatte recht. Der Versuch war nötig.“
    „Ich werde dann den Antrieb wieder abstellen“, sagte Nakamura.
    Die Schwerelosigkeit kehrte zurück. Sverdlov löste mit seinem Schraubenschlüssel eine Spulenmutter, lockerte den Bolzen und schob die Spule ein paar Zentimeter nach hinten. „So, jetzt gib mir mal für ungefähr dreißig Sekunden drei g, nur um ganz sicher zu gehen.“
    „Drei? Bist du überzeugt, daß du …“
    „Bin ich. Mach schon!“
    Selbst bei drei g war jetzt keine Ablenkung mehr festzustellen … oder doch? Er beugte sich vor – seine rechte Hand rutschte von der Strebe ab, auf die er sie gestützt hatte. Er verlor sein Gleichgewicht und breitete beide Arme aus in dem instinktiven Versuch, einen Sturz abzuwenden. Sein rechter Arm fuhr dabei zwischen die Feldspulen und den Negatronstrom.
    Feuer sprühte auf.
    Dann hatte Nakamura den Antrieb schon wieder abgestellt. Sverdlov hing frei zwischen dem Gittergerüst und starrte auf seinen Arm. Der negative Ionenstrom hatte ihn über dem Handgelenk so sauber durchgetrennt wie ein Fallbeil. Blut und Wasserdampf spritzten aus dem Stumpf und gefroren in einer kleinen Wolke.
    Einen Schmerz verspürte er nicht. Noch nicht. Aber seine Trommelfelle knackten, während der Druck in seinem Anzug immer weiter fiel. „Nakamura!“ bellte er. „Verringere die Stromspannung auf eintausend und schick zehn Ampere hindurch. Schnell!“
    Er spürte kein Gewicht. Zehn Ampere waren zu wenig, um eine merkbare Zunahme der Schwere zu verursachen. Diesmal hielt er absichtlich seinen Arm in den Ionenstrom, aber immer noch spürte er keinen Schmerz. Nur ein kurzes Stechen im Kopf, als die Trommelfelle platzten. Das Gas der Antiprotone spielte lautlos um sein Handgelenk. Stahl schmolz. Sverdlov half mit einer Metallsäge in seiner linken Hand nach und versuchte den Raumanzugärmel abzudichten.
    Als er annahm, daß der Ärmel abgedichtet war, zog er den Stumpf zurück. „Stop!“ flüsterte er. „Kommt und holt mich.“
    Die Sauerstofftanks auf seinem Rücken führten ihm neue Atemluft zu, der Druck in seinem Anzug nahm wieder zu. Es war ein gutes Gefühl, an einer Rettungsleine zu hängen und tief durchzuatmen. Bis er an seinem eigenen Blut zu ersticken begann. Dann gab er auf und nahm die Gabe der Dunkelheit entgegen.

 
12. Kapitel
     
    Jetzt um die Wintersonnenwende war der Tag nur noch ein blasses Glimmen tief im Süden zwischen stahlfarbenen Wolken. Tamara hatte das Haus verlassen, als das erste Licht sich über den Ozean gestohlen hatte, und jetzt war die Sonne bereits wieder am Untergehen. Manchmal überlegte sie, ob der Weltraum wohl schwärzer sein konnte als dieses Land. Dort sah man wenigstens die Sterne. Auf Skula verkroch man sich vor dem Wind und blieb im Haus, und der Himmel versteckte sich hinter blindem Schneegestöber.
    Ein paar trockene Flocken wirbelten ihr entgegen, als sie das Moor verließ und den Strand betrat. Sie spürte, wie die Kälte die Zähne in ihr Fleisch einschlug. Ihr Kapuzenmantel bot nur geringen Schutz. Aber sie wollte noch nicht zurückgehen, nicht, bis das letzte Tageslicht verschwunden war und es gefährlich wurde, noch weiter im Freien zu bleiben.
    Düster sagte sie zu sich selbst: Ich würde auch dann noch bleiben, wenn es dem Kind nicht schaden würde und ich nicht wüßte, daß der Alte mich suchen kommen würde. Dave, hilf mir doch. Ich weiß nicht, was schlimmer wäre.
    Es bereitete ihr ein perverses Vergnügen, so offen mit sich zu sprechen. Die Konvention verlangte, daß sie nur an Davids ungeborenes Kind denken und sich selbst nur als Gefäß betrachten sollte, aber das Kind war für sie noch nicht wirklich. Bis jetzt bedeutete es nur morgendliche Übelkeit und schlechte Träume in der Nacht. Die Wirklichkeit, das war Magnus Ryerson: tierische Behaartheit und heiseres Knurren. Und Vorhaltungen, daß sie ihre Hausarbeit nicht so tat, wie er es wünschte, und lautes Lesen in einer ihr unverständlichen Sprache. Seine Insel und seine See und seine Sprachstunden …
    Tamara überraschte sich dabei, wie sie ihre Flüche laut herausschrie. „Verdammte Engländer, gottverdammte Engländer! Nehmt eure Sprache, und ihr wißt, was ihr damit tun könnt!“ Sie
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