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TS 33: Projekt Mikrokosmos

TS 33: Projekt Mikrokosmos

Titel: TS 33: Projekt Mikrokosmos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Grinnel
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mußte selbst Enderby zugeben. „Wenn uns etwas über ihn hinwegzutrösten vermag, so die Aussicht, davon zu lernen und gewappnet zu sein, wenn unsere Stunde gekommen ist.“
    Marge war auffallend bleich, als sie sich erhob. „Wir sollen also ruhig mit ansehen, wie all diese Millionen von Männern und Frauen, die wir kennenlernten, und mit denen wir zeitweise zusammenlebten, zugrunde gehen? Können wir denn bei dem Gedanken Ruhe finden, daß all ihre Hoffnungen, all ihr Streben umsonst waren? Müssen wir uns damit abfinden, daß sie zu Staub und Asche werden, in sengender Hitze unter Qualen umkommen, während ihre herrlichen Städte in Trümmer fallen?“
    Steiner blieb kühl und gelassen. „Ich fürchte, daß es keine Hoffnung für sie gibt“, sagte er. „Aber ich finde es nicht außergewöhnlich. Steht nicht am Ende allen Lebens der Tod? Sagt nicht die Bibel, daß der Mensch, aus Staub geboren, wieder zu Staub werden müsse?“
    Marge schüttelte immer wieder den Kopf, sie schien es einfach nicht fassen zu können. „Ich kann es nicht glauben“, flüsterte sie mit bebenden Lippen. „Der Tod eines einzelnen Menschen ist ein Unglück für einen kleinen Kreis, aber der Untergang einer ganzen Welt ist etwas anderes. Menschen sterben, um anderen, die nach ihnen kommen, Platz zu machen. Wie aber kann es Absicht sein, ganze Welten, ganze Rassen und Gesellschaften auszurotten!“
    „Es hat keinen Sinn, daß wir uns die Köpfe heiß reden“, schaltete Enderby sich ein. „Wir hatten das Privileg, der Geburt eines Universums beizuwohnen, nun müssen wir, ob wir wollen oder nicht, den Mut aufbringen, seinem Untergang zuzusehen. Vielleicht war es von Anfang an zu viel, was wir uns auferlegten, da wir nur Menschen sind. Haben wir aber einmal damit begonnen, so müssen wir unsere Aufgabe auch zu Ende führen.“
    Von diesem Zeitpunkt an standen die Besuche auf den Planeten des Mikrokosmos unter einem dunklen Schatten – doppelt schwer zu ertragen, da die Bewohner jener Welten von der über ihnen hängenden Drohung nichts ahnten. Ihnen mußte verborgen bleiben, was nur die Beobachtung von außen in grausiger Klarheit enthüllte.
    Das Mikrouniversum war inzwischen in ein Entwicklungsstadium geraten, das an Vollkommenheit grenzte. Die Zeiten kriegerischer Auseinandersetzungen, sozialer Revolutionen und kleinlicher Streitigkeiten um ein Stück Land gehörten der Vergangenheit an. Was Wissenschaft und Technik geschaffen und erkämpft hatten, gehörte allen Nationen zugleich. Überfluß an vielen Dingen herrschte; was die eine Welt nicht hatte, wurde ihr von einer anderen ohne Gegenleistung geliefert. Trotzdem führte dieser Überfluß nicht zu Trägheit und Überschätzung weltlicher Genüsse. Nie hatte das kulturelle Leben einen so hohen Stand erreicht, nie waren die edlen, unvergänglichen Werte, die aus der Kunst geboren wurden, so sehr Allgemeingut wie gerade jetzt. Arbeit wurde nicht mehr um materiellen Lohnes willen geleistet, sondern weil sie Harmonie und Zufriedenheit bescherte, Neid und Haß waren Begriffe, die kaum noch vom Hörensagen bekannt waren.
    Daß die technische Entwicklung steil aufwärts führte, stellte Warren bei seinem nächsten Besuch in der Stadt Dau fest. Die entferntesten Welten des Mikrokosmos hatten Verbindung miteinander aufgenommen, in allen Häusern hingen jene blitzenden Kristallkugeln von der Decke, die der Nachrichtenübermittlung innerhalb des gesamten Universums dienten. Flammte diese Kugel dreimal in dunklem Rot auf, so war dies das Zeichen, daß eine für alle Welten wichtige Nachricht verbreitet werden sollte.
    Am zweiten Abend seines Aufenthaltes in Dau geschah es, daß Warren die Kugel rot aufflammen sah. Gespannt harrte er der Dinge, die da kommen würden. Zuerst zeigte die Kugel ein wechselndes Farbenspiel, das dann einem einheitlichen Grau wich, aus dem sich, klarer und klarer werdend, ein Gesicht mit klugen Augen schälte. Warren kannte dieses Gesicht. Es gehörte dem bekanntesten Astrophysiker des Universums, ein Gesicht, von zahlreichen Falten durchzogen, mit einem schmalen Mund und scharf gebogener Nase. Jetzt öffneten sich die Lippen des Mannes, und seine dunkle Stimme erfüllte den Raum.
    „Ich schalte mich ein, Freunde, um euch eine Prophezeiung und zugleich ihre Bestätigung bekanntzugeben. Es handelt sich um die Wiedergabe einer Voraussage, die vor mehr als zweihundert Jahren vom Orakel des Weißen Sterns gegeben wurde. Ich möchte, daß es zu euch in seinen eigenen

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