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TS 33: Projekt Mikrokosmos

TS 33: Projekt Mikrokosmos

Titel: TS 33: Projekt Mikrokosmos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Grinnel
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schwerwiegenden Veränderungen unterziehen, die sich besonders Dritten gegenüber bemerkbar machen. Wir selbst spüren die Wandlung wohl am wenigsten. Trösten wir uns damit, daß unsere Arbeit nicht ewig dauern wird. Sobald diese doppelte Beanspruchung unserer seelischen und körperlichen Kräfte ein Ende findet, werden wir auch zu unserer ureigensten Persönlichkeit zurückfinden. Das mag Ihnen ein Trost sein und eine Ermunterung, durchzuhalten, bis unser Experiment zum Nutzen der ganzen Menschheit als abgeschlossen betrachtet werden kann.“
    Unbeirrt nahm die Arbeit ihren Fortgang. Die Welten des Mikrokosmos entwickelten sich weiter, die allgemeine Kenntnis der Raumfahrt brachte sie einander näher. Während seiner letzten Verwandlung hatte Warren an dem sogenannten Milchstraßenkongreß teilgenommen, der in der Stadt Dau zusammengetreten war. Warrens Funktion als einer der Delegierten hatte nicht unmaßgeblich zum Zusammenschluß der so weit verstreuten Welten beigetragen. Ein Gefühl des Stolzes auf seine Leistung ergriff ihn, und er mußte zu seinem Erstaunen feststellen, daß er sich geschmeichelt fühlte, als Enderby auf einer der Versammlungen lobend auf den Eifer Altons hinwies. Bevor die Männer auseinandergingen, ermahnte Enderby sie noch einmal, besonders wachsam und mißtrauisch zu sein.
    „Wir sind im Besitz von Erkenntnissen, die unsere Erde unter normalen Umständen erst in zwanzigtausend Jahren gewonnen hätte“, erklärte er ernst. „Wir müssen diese Geheimnisse hüten, sie dürfen nicht in die falschen Hände geraten. Wir alle wissen von den Versuchen eines Spions, der sich in den Besitz unserer Aufzeichnungen und Unterlagen setzen wollte. Bisher sind diese Versuche zum Glück gescheitert, aber ich bin sicher, daß der Unbekannte seine Anstrengungen verdoppeln wird. Wir müssen uns der Verantwortung bewußt sein, die auf unseren Schultern ruht, und unsere ganzen Anstrengungen darauf richten, daß kein Mißbrauch mit unserem Wissen getrieben werden kann.“
    Nachdenklich verließ Warren nach dem Abendessen das Wohngebäude zu einem Spaziergang durch den Park. Langsam stieg er die Hügelkette hinan und blickte auf den Park zurück, der so harmlos und unscheinbar aussah und doch die tiefsten Geheimnisse der Menschheit barg. Plötzlich entdeckte er, daß er nicht allein war. Nicht weit von ihm kauerte eine Gestalt im Gras, die Arme um die Knie geschlungen, den Blick gegen den Himmel gerichtet, an dem die ersten Sterne aufflammten.
    Die Gestalt war Marge, die ihn mit einer Handbewegung begrüßte.
    „Sie mögen der Ansicht sein, daß sich romantische Gefühle nicht mit dem harten Beruf eines Reporters vertragen“, sagte Warren verlegen. „Ich glaube auch nicht, daß ich früher Sehnsucht gespürt hätte, den nächtlichen Himmel zu betrachten. Vielleicht nur deshalb, weil ich zu wenig Gelegenheit hatte, mich mit solchen Dingen zu beschäftigen. Das ist anders geworden, seit ich auf Thunderhook einzog. Die Atmosphäre hier hat mich verwandelt, der Anblick des sternenübersäten Himmels läßt Saiten in mir anklingen, die früher nie berührt wurden.“
    „Ja“, nickte das Mädchen versonnen. „Es ist ein Anblick, den man immer wieder von neuem genießen kann. Auch ich habe einen anderen Himmel während meiner Verwandlung gesehen, aber ich fand keine innere Beziehung zu ihm. Nur dieser Himmel über uns ist unser wirklicher Himmel, er gehört zu mir, ihm fühle ich mich verbunden. Ich fühle mich demütig und doch leicht und beschwingt, wenn ich in die Sterne blicke, eins mit unserem Universum,“
    Warren nickte. „Sie haben sich verändert, Marge, wissen Sie das? Sie haben sich zu Ihren Gunsten verändert, sind nicht mehr das oberflächliche junge Mädchen, als das Sie hier heraufkamen.“
    Marge atmete tief und warf ihm einen verstohlenen Blick zu. „Ich verstehe nicht, was Sie meinen, Warren“, sagte sie abwehrend. „Ich hoffe aber, es sollte ein Kompliment sein.“
    Die Dunkelheit verbarg sein Lächeln, und er war froh darüber. Marge war wirklich eine andere geworden, eine Frau, zu der er sich seltsam hingezogen fühlte. Lange saßen sie stumm beieinander, dann standen sie auf und gingen zurück. Warren brachte das Mädchen bis an die Tür ihres Hauses. Sie reichte ihm die Hand, und er hielt sie einen Augenblick länger, als er es beabsichtigt hatte. Erst als Marge gegangen war, fiel ihm ein, daß sie keinen Versuch gemacht hatte, ihm ihre Hand zu entziehen.

 
12. Kapitel
     
    Leopold

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