TS 35: Die Waffenhändler von Isher
ihn besonders durch die große Zahl seiner automatischen Anlagen beeindruckte. Was ihn jedoch überraschte, war, daß die Wohnung offensichtlich keinerlei Schutzvorrichtungen besaß. Auf seine Frage erklärte das Mädchen:
„Wir Waffenhändler leben wie jedermann sonst, vielleicht ein bißchen komfortabler als der gewöhnliche Bürger. Nur unsere Läden, ein paar Fabriken und die Informationszentrale sind befestigt.“
Sie brach ab. „Sie sagten vorhin etwas von einem Anzug kaufen. Wenn Sie wollen, helfe ich Ihnen beim Aussuchen.“
Cayle war in Hochstimmung. Die Einladung in ihre Wohnung und das Angebot, ihn bei seinem Einkauf zu begleiten, konnte nur eine Bedeutung haben. Sie legte Wert auf seine Bekanntschaft. IhrePflichten gegenüber den Waffenläden konnten unmöglich eine tiefere Anteilnahme an der Person oder dem Schicksal eines obskuren Cayle Clark einschließen.
Sie nahmen ein Lufttaxi. „Wo fahren wir hin?“ fragte Cayle.
Das Mädchen schüttelte lächelnd den Kopf. „Sie werden schon sehen.“ Als sie im Taxi saßen, deutete sie nach oben. „Schauen Sie“, sagte sie.
Eine künstliche Wolke entfaltete sich plötzlich am Himmel, wechselte mehrmals die Farbe und erstrahlte dann in den Buchstaben: DAS KLEIDERPARADIES.
„Ein Geschäft, das sich lohnt anzuschauen“, sagte Lucy.
Das Kleiderparadies war, wie sich herausstellte, noch eindrucksvoller als seine Anzeigen. Das Gebäude war drei Straßenzüge lang und achtzig Stockwerke hoch, der Haupteingang hundert Meter breit und dreißig Stock hoch. Ein Energieschirm hielt die Unbilden des Wetters ab, doch ansonsten verwehrten weder Türen noch andere Sperren den Zugang zu der mächtigen Eingangshalle. Das Paradies führte nicht nur Strandkleidung, es stellte seinen Kunden auch einen Strand zur Verfügung, komplett mit Muscheln und anderem Meeresgetier und einer Viertelmeile Meeresbrandung. Es führte nicht nur Skiausrüstungen, sondern besaß auch einige verblüffend echt wirkende Berge mit einer fast eine halbe Meile langen schneebedeckten Abfahrt.
Sie fuhren in eines der dreißig Stockwerke, die, nach Preisen gestaffelt, ausschließlich Anzüge führten, und Lucy zeigte ihm den Unterschied in der Webart von „Stadtkleidung“ und seinem eigenen Anzug. Alles in allem gab Cayle hier zweiunddreißig Kredit aus und wollte mit dem Rest seines Geldes ihr das Darlehen zurückgeben. Aber sie sagte: „Das können Sie mir auch noch später zählen. Bringen Sie es lieber auf die Bank, als eine Reserve.“
Das hieß, daß er sie wiedersehen würde, daß sie ihn vielleicht wiedersehen wollte. Er beschloß, sie zu küssen, bevor sie sich trennten, aber sie schaute auf die Uhr und hatte es plötzlich sehr eilig. Als er sich umgezogen hatte, betrachtete sie ihn anerkennend und meinte lächelnd: „Sie sind ein großer, hübscher Mann. Wußten Sie das? Aber jetzt wollen wir laufen.“
Vor dem Eingang des Superkaufhauses verabschiedete sie sich von ihm. Cayle blieb zurück. Er hatte plötzlich ein sonderbar leeres Gefühl in der Brust.
Als er vor dem Gebäude der Fünften Interplanetarischen Bank ankam, hatte er diese merkwürdige Leere wieder überwunden. Die Bank war groß, ein eindrucksvolles Unternehmen, zu dem die winzige Summe von fünfzehn Kredit in keinem Verhältnis stand, aber das Geld wurde ohne weiteren Kommentar entgegengenommen.
Er verließ die Bank in besserer Stimmung als je zuvor seit dem Diebstahl. Er hatte jetzt ein Konto. Er war neu eingekleidet. Nur noch eine Sache blieb ihm jetzt zu tun übrig, bevor er sich wieder seiner Karriere als Glücksspieler widmen konnte.
Es war nicht schwer, eines der Schilder zu finden, das ihm dieRichtung zum nächsten Waffenladen wies. Doch als er vor der Tür ankam, wurde er enttäuscht. Hinter dem Glas hing ein Schild, das er in dieser Art noch nie in einem Waffenladen gesehen hatte:
Alle städtischen Waffenläden vorübergehend geschlossen.
Alte und neue Läden auf dem Lande geöffnet wie üblich.
Cayle machte widerwillig kehrt. Mit der Möglichkeit, daß die berühmten Waffenläden geschlossen sein könnten, hatte er nicht gerechnet. Aus der Ankündigung war auch nicht zu ersehen, wann sie wieder öffnen würden. Was sollte er jetzt tun? Er hatte sich seine nächsten Schritte in dieser Reihenfolge vorgestellt. Waffenladen, dann ein weiterer Besuch in der Straße des Glücks, schließlich das Distrikthauptquartier von Oberst Medlon. Den Waffenladen hätte er als erstes aufsuchen müssen, da
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