TS 35: Die Waffenhändler von Isher
was Cayle widerfahren war, und fuhr dann fort: „Er wurde von uns als kallidetischer Riese erkannt und jetzt von uns beobachtet in der Hoffnung, daß sein Aufstieg so rapide vor sich gehen wird, daß er uns in unserer Auseinandersetzung mit der Kaiserin von Nutzen sein könnte, besonders, um sie daran zu hindern, ihre neue Zeitwaffe erfolgreich geigen uns einzusetzen. Ich bin der Ansicht, wir sollten ihm mit etwas Geld unter die Arme greifen.“
„Ich verstehe.“ Das Gesicht auf dem Schirm blickte nachdenklich. „Was für Chancen geben Sie ihm?“
„Anfangs wird er es in der Stadt nicht leicht haben. Aber er wird seine Kleinstadtallüren bald genug überwinden. Die Schwierigkeiten, in denen er sich augenblicklich befindet, werden das ihre dazu beitragen. Aber er braucht Hilfe.“
Hedrock war zu einem Entschluß gekommen. „Geben Sie ihm fünfzehn Kredit und tun Sie so, als wäre das ein persönliches Darlehen von Ihnen. Ansonsten tun Sie nichts weiter. Er soll sich allein durchschlagen. Noch etwas?“
„Nein.“
„Dann auf Wiedersehen.“
Lucy Rall benötigte kaum eine Minute, um das Visiphon wieder in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen.
Drittes Kapitel
Cayle beobachtete das Gesicht seiner zukünftigen Wirtin, während sie ihn gründlich musterte. Ihr Ausdruck, als sie endlich nickte, verriet nichts von ihren Gedanken. Das Zimmer, das sie ihm gab, war klein, aber es kostete nur einen Viertel Kredit pro Tag.
Cayle ließ sich auf das Bett fallen und versuchte, sich zu entspannen. Er fühlte sich überraschend wohl. Ganz hatte er zwar noch nicht überwunden, auf welche Weise man ihm sein Geld gestohlen hatte, aber das Ganze erschien ihm jetzt nicht mehr als nicht wiedergutzumachendes Unglück. Die fünfzehn Kredit, die ihm das Mädchen gegeben hatte, würden ihn die nächsten Wochen über Wasser halten. Er war sein eigener Herr. Er war in der Hauptstadt. Und die bloße Tatsache, daß ihm das Mädchen Geld geliehen und ihm ihre Adresse gegeben hatte, mußte auch etwas zu bedeuten haben. Cayle seufzte wohlig und blieb noch einige Minuten liegen, bis es Zeit zum Abendessen wurde.
Er hatte vorher schon einen Speiseautomaten bemerkt. Er war leer bis auf einen älteren Mann. Cayle zog sich ein Steak und nahm dann absichtlich in der Nähe des anderen Gastes Platz.
„Ich bin gerade angekommen“, warf er beiläufig hin. „Können Sie mir ein bißchen von der Stadt erzählen. Ich wäre Ihnen wirklich dankbar.“
Sein Unwissen so offen zuzugeben, war sonst nicht Cayles Art. Aber er sagte sich, daß es im Augenblick wichtiger wäre, so schnell wie möglich verschiedene Dinge in Erfahrung zu bringen, als einem falschen Stolz nachzugeben. Es überraschte ihn nicht, als der Unbekannte sich wichtigtuerisch räusperte und sagte:
„So? Neu in der großen Stadt, wie? Schon irgendwo gewesen?“
„Nein. Gerade angekommen.“
Der Mann nickte. In seinen Augen lag ein interessiertes Schimmern. Zynisch dachte Cayle: Er überlegt, wie er daraus Profit schlagen kann.
Der andere sagte: „Ich heiße Gregor. Ich wohne um die Ecke in einem Hotel. Was möchten Sie denn wissen?“
„Oh, wo ist die beste Wohngegend? Wo das Geschäftsviertel? Über wen wird gesprochen? Das und Ähnliches.“
Gregor lachte. „Über wen gesprochen wird? Über die Kaiserin natürlich. Haben Sie sie schon mal gesehen?“
„Nur im Fernsehen.“
„Na, dann wissen Sie ja, daß sie nur ein kleines Mädchen ist, das erwachsen spielt. Sie sitzt in ihrem goldenen Käfig und darf nicht heraus. Dafür sorgen schon ihre Berater, die keine Lust haben, die Macht aus den Händen zu geben.“
Cayle zog die Stirn in Falten. Sein Eindruck von der Kaiserin Innelda war ein anderer. Sie besaß ein eigenwilliges Gesicht, und ihre Stimme hatte Stolz und Entschlußkraft verraten. Wenn irgendwelche Leute sie als ihr Werkzeug betrachteten, dann würde er ihnen raten, sich lieber vorzusehen. Die junge Kaiserin wußte, was sie wollte.
Gregor fuhr fort: „Bestimmt wollen Sie Ihr Glück bei den Spielen versuchen. Die finden Sie in der Straße des Glücks. Und dann die Theater, die Restaurants, die …“
Cayles Interesse verlor sich. Er hätte wissen sollen, daß er durch eine bloße Zufallsbekanntschaft noch dazu hier in dieser verrufenen Gegend nicht das erfahren konnte, was er wissen wollte.
Der Mann schwatzte immer noch. „Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen gern einiges zeigen. Ich selbst bin zwar momentan ein bißchen knapp bei Kasse, aber
Weitere Kostenlose Bücher