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TS 44: Die Milliardenstadt

TS 44: Die Milliardenstadt

Titel: TS 44: Die Milliardenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Mahr
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nicht.“
    Egan-Egan amüsierte sich über die naive, hilflose Treuherzigkeit des Polizisten und trat ohne Widerspruch in den kleinen Raum. Die Tür schloß sich sofort hinter ihm; aber es wurde nicht dunkel. Das Zimmer besaß nämlich ein großes Fenster, durch das Egan-Egan auf die Straße hinausschauen konnte. Er überzeugte sich gleich davon, daß das Fenster ihm jedoch keine Möglichkeit zur Flucht bot. Es ließ sich nicht öffnen, und das überaus widerstandsfähige Glassit ließ sich nicht anders als mit einem Schmelzbrenner bearbeiten, den Egan-Egan nicht mit sich führte.
    Noch unangenehmer war ihm, daß das Zimmer nicht ein einziges Möbelstück besaß. Jetzt, da er nichts tun konnte, befiel ihn die Müdigkeit von neuem. Er legte sich auf den harten, kalten Boden und verschränkte die Arme unter dem Kopf.
    Er dachte über die Drittkasten-Leute nach. Sie waren einfältig und verbohrt, wie ihre Meinung über die vierte Kaste bewies. Sie hatten ebenfalls eine Goldene Regel; aber offenbar unterschied sie sich von der, die in der Viertkasten-Stadt gelehrt wurde.
    Enver-Lake war noch nicht einmal auf die Idee gekommen, ihn nach Waffen zu untersuchen. Dafür gab es eine Reihe von möglichen Erklärungen; die wahrscheinlichste jedoch war die, daß er es für unmöglich hielt, daß ein Fremder eine Waffe besitzen könne.
     
    *
     
    Daran, daß durch das Fenster kein Licht mehr hereinkam, merkte er, daß er eine beträchtliche Zeit geschlafen hatte. Als er aufstand, schmerzten ihn zwar die Knochen; aber trotzdem fühlte er sich erfrischt und munter. Er hätte gerne etwas gegessen; aber da Enver-Lake ihm erklärt hatte, es werde ihm an nichts fehlen, wollte er lieber von den Polizisten sich Essen geben lassen, als seinen eigenen, ohnehin knapp bemessenen Nährbreivorrat anzurühren.
    Er stand auf und tastete sich bis dorthin, wo er die Tür vermutete. Sie ließ sich nicht öffnen; aber er konnte Lärm schlagen.
    Er hatte schon den Arm gehoben, um die Faust gegen die Türfüllung zu donnern, da gab es dicht vor ihm ein surrendes Geräusch. An dem schwachen Luftzug merkte er, daß die Tür sich geöffnet hatte. Da es draußen jedoch ebenso dunkel war wie in seinem Gefängnis, konnte er immer noch nichts erkennen.
    Er kniete nieder und suchte den Boden nach seiner Lampe ab. Währenddessen hörte er tapsende, leise Schritte von der Tür her. Schließlich fand er die Lampe, richtete sie auf die Tür und drückte auf den Knopf.
    Fast im gleichen Augenblick hörte er einen erstickten Schrei. Der Lichtkegel der Lampe hatte eine Frau erfaßt, die dicht neben der Tür stand und sich die Hand vor den Mund preßte.
    „Was suchst du hier, Bürgerin?“ fragte Egan-Egan lächelnd, nachdem sein Staunen sich gelegt hatte.
    Sie nahm die Hand vom Mund und lächelte verwirrt zurück.
    „Ich wollte dich befreien, Egan-Egan.“
    „Woher kennst du meinen Namen?“
    „Die halbe Stadt kennt ihn schon. Du bist eine Sensation, besonders für die Frauen.“
    „Warum besonders für die Frauen?“
    „Nun“, lächelte sie, nicht mehr verwirrt, sondern so, daß man sehen konnte, was sie wollte: „Du bist groß und stark. Ganz anders als unsere Männer!“
    Egan-Egan nahm sich Zeit, sie zu betrachten. Sie war anderthalb Köpfe kleiner als er und ziemlich dick. Ihre besten Jahre schien sie schon hinter sich zu haben. Egan-Egan dachte, daß er keines von den Dingen, die sie sich erträumt haben mochte, für sie werde tun können. Er fragte sich, ob er ihr das sagen solle; aber er entschied sich schließlich dagegen. In einer Lage wie der seinen brachten Skrupel keinen Vorteil.
    „Wohin willst du mich bringen?“ fragte er.
    „Wohin du willst“, lächelte sie kokett.
    Egan-Egan nickte.
    „Schalte das Ding aus!“ riet sie ihm und zeigte auf die Lampe. „Erstens macht es mir Angst, und zweitens kann man uns durch die Fenster sehen.“
    Das war richtig. Egan-Egan nahm den Finger vom Knopf und wunderte sich darüber, daß sie so geläufig mit dem Begriff „schalten“ umging. Offenbar kannte man bei der dritten Kaste Lampen.
    „Wie heißt du?“ fragte er.
    „Ich heiße Enva-Hod. Enver-Lake ist mein Mann.“
    „Wird er dich nicht bestrafen, wenn er erfährt, was du getan hast?“
    „Er erfährt es nicht. Er ist auf einer Versammlung, und niemand wird wissen, daß ich dich befreit habe.“
    „Gut“, sagte Egan-Egan, „gehen wir!“
    Nachdem er durch die Tür getreten war, schloß sie sich wieder. Enva-Hod war inzwischen schon beim

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