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TS 44: Die Milliardenstadt

TS 44: Die Milliardenstadt

Titel: TS 44: Die Milliardenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Mahr
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Haben Sie die auch weggeworfen?“
    Über das Gesicht von Honest-Eins flog der Schimmer eines Lächelns, das Egan-Egan sich nicht erklären konnte.
    „Nein, die natürlich nicht“, antwortete Honest-Eins. „Die kann ich Ihnen sofort wiedergeben.“
    Egan-Egan fiel ein Stein vom Herzen. Die Waffen waren noch da!
    „Haben Sie noch keinen Hunger?“ erkundigte sich Honest-Eins fürsorglich.
    „Doch“, antwortete Egan-Egan, „einen mächtigen.“
    „Das Frühstück ist fertig. Kommen Sie!“
    Honest-Eins ging voran, den Gang entlang. Egan-Egan folgte ihm und schaute dabei durch die Fenster. In dieser Richtung hielt sich der Bodennebel noch und verhüllte die Erde. Es gab weniger von den hohen Häusern als auf der anderen Seite, aber Egan-Egan fiel es nicht schwer zu erraten, daß hinter den Hochhäusern, vom Dunst versteckt, die niedrigen, eintönigen Gebäude der Drittkasten-Stadt lagen und noch weiter nach Westen, unter dem Horizont, der Koloß seiner eigenen Stadt, die er vor ein paar Tagen verlassen hatte.
    Honest-Eins blieb an einer geöffneten Tür stehen und ließ Egan-Egan an sich vorbei. Der Raum, den die Tür verschloß, war ebenso luxuriös eingerichtet wie der, in dem Egan-Egan geschlafen hatte; es fehlte jedoch das Bett.
    In der Mitte des Zimmers stand ein runder Tisch mit der gleichen Art von Sesseln, die Egan-Egan vorhin schon einmal hatte ausprobieren wollen. An dem Tisch saßen Francis-Zwei und ein älterer, weißhaariger Mann, den Egan-Egan nicht kannte. Sie standen auf, als er eintrat, und lächelten ihm freundlich entgegen.
    „Das ist Egan-Fünf, Meister“, sagte Honest-Eins mit unüberhörbarem Respekt.
    Der Weißhaarige streckte Egan-Egan die Hand entgegen.
    „Willkommen!“ sagte er einfach. „Ich heiße Oliver-Null.“
    Egan-Egan erwiderte den Händedruck und verfluchte dabei den alten Philosophen, der sich nicht die Mühe gemacht hatte, in seinenAufzeichnungen zu erklären, was die Zahlen hinter den Namen der zweiten Kaste bedeuteten.
    Der Tisch war reichlich gedeckt. Egan-Egan hatte zu tun, um sich beim Anblick der völlig ungewohnten Speisen zu beherrschen. Er kannte die meisten von den Dingen, die vor ihm standen, aus den Beschreibungen; aber es war etwas anderes, über sie zu lesen, als sie dampfend und duftend vor sich zu sehen.
    Das dort in der Schüssel, gelb und rund, waren Kartoffeln. Daneben, auf einem Teller säuberlich ausgebreitet, gebratene Eier mit dem Dotter exakt in der Mitte der dünnen Eiweißfläche. Auf einem Tablett lagen dunkle Schnitten kräftigen Brotes, und aus einer Kanne dampfte ein Getränk, das Egan-Egan nicht identifizieren konnte, weil er es nicht sah. Vielleicht war es Kaffee.
    Honest-Eins setzte sich neben ihn.
    „Entschuldigen Sie“, sagte Egan-Egan, „daß ich Sie vom Essen abhalten will: kann ich vielleicht die Lampe und die übrigen Dinge bekommen?“
    Honest-Eins sah über den Tisch hinüber zu Oliver-Null. Egan-Egan sah mit jäh aufsteigendem Verdacht, wie sie beide die Augenbrauen hoben.
    „Sie werden gleich hier sein“, antwortete Oliver-Null. „Ich habe schon jemanden danach geschickt. – Inzwischen wollen wir essen.“
    Es war Egan-Egan alles andere als recht; aber er fühlte, daß er seine Gastgeber mißtrauisch gemacht hätte, hätte er darauf bestanden, zuerst seine Waffen zurückzubekommen.
    Jeder am Tisch nahm sich von einem Stapel ein flaches Gefäß mit leicht aufgestülpten Rändern – einen Teller, wie Egan-Egan erkannte, obwohl die Näpfe, aus denen man in seiner Stadt den Nährbrei aß, auch Teller hießen, aber gänzlich anders aussahen.
    Er zögerte. Währenddessen nahm Oliver-Null von den Kartoffeln, legte sich ein Ei dazu und schenkte ein kleines Näpfchen mit dem dampfenden, braunen Getränk voll. Nach ihm langten Francis-Zwei und Honest-Eins zu. Schließlich war Egan-Egan der letzte, der noch einen leeren Teller vor sich hatte.
    „Greifen Sie zu!“ forderte Honest-Eins ihn auf.
    Egan-Egans Blick wanderte von den Kartoffeln zu den Eiern, von den Eiern zum Brot, vom Brot …
    „Oder fürchten Sie“, fügte Oliver-Null nicht unfreundlich hinzu, „daß der nährbreigewohnte Magen eines Mannes der vierten Kaste die natürliche Kost nicht verträgt?“
     
    *
     
    Eine Zeitlang hatte Egan-Egan das beängstigende Gefühl, die Welt wolle sich auf den Kopf stellen. Er schloß die Augen, um den Wirrwarr nicht zu sehen, und öffnete sie wieder, als die Welle zornigerScham über die Narrenposse, die man mit ihm gespielt

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