TS 55: Die Wespe
dafür sorgen.
Er bog rechts ab. Die Straßen waren nun voller Polizei, aber niemand hielt ihn an. Sie suchten ja einen anderen Wagen.
Mowry beschrieb einen großen Umweg, ehe er es wagte, in sein Wohnviertel zu fahren. Es war seine Absicht, seine Sachen zu nehmen und zur Höhle zurückzukehren. Dort wollte er einen Bericht absenden und eine neue Identität annehmen. Es gab noch genug zu tun.
Aber als er in seine Straße einbog, meldete sich sein sechster Sinn.
Wie immer gab es herumlungernde Nichtstuer. Zwei Mann standen bei einer Laterne und unterhielten sich. Vier beschäftigten sich damit, eine Steinmauer anzustreichen, die kaum den Abbruch wert war. Gegenüber von seinem Haus stand ein Lastwagen. Gleich sechs Arbeiter waren damit beschäftigt, ihn zu beladen.
Drei Zivilisten flegelten sich in seinem Hauseingang. Einer von ihnen sah ihm mit zusammengekniffenen Augen nach, als er langsam an dem Haus vorbeirollte.
Klarer Fall! Sie hatten eine Spur gefunden und das ganze Viertel abgeriegelt. Er hatte nur eine Chance: ruhig und gelassen weiterzufahren, als ginge ihn das alles nichts an.
Insgesamt zählte er vierzig verdächtige Gestalten, bevor er sich dem Ende der Straße näherte, wo vier Männer gerade auf die Straße kamen, um ihn anzuhalten.
Bevor das geschehen konnte, stoppte er dicht neben zwei Passanten, die sich scheinbar hier getroffen hatten, um sich über das Wetter zu unterhalten.
„Verzeihung“, sagte er höflich. „Man sagte mir, ich käme hier zur Asakostraße. Können Sie mir helfen?“
„Es gibt Leute, die nicht einmal ihre eigene Stadt kennen“, entgegnete der eine mißmutig. „Die Asakostraße liegt genau entgegengesetzt.“
„Zu dumm!“
„Macht nichts. Fahren Sie die erste links, die zweite wieder rechts, dann solange geradeaus bis zum Torbogen. Von da ist es nicht mehr weit.“
Mowry bedankte sich und fuhr weiter. Die vier Kerle, die ihn anhalten wollten, waren durch Mowrys Benehmen getäuscht worden. Sie lehnten wieder gegen die Mauer und warteten auf ein besseres Opfer.
Er beschleunigte, kaum, daß er das Viertel hinter sich gelassen hatte. Sein Versteck war nun erledigt. Er würde sich ein neues suchen müssen.
Am Stadtrand wurde er von einem Streifenwagen der Polizei angehalten. „Wohin wollen Sie?“
„Palmare“, gab Mowry Auskunft und nannte den Namen einer Stadt, die in etwa zwanzig Kilometer Entfernung lag.
„Haben Sie sich gedacht! Sie hören wohl keine Nachrichten?“
„Seit heute früh nicht. Keine Zeit gehabt.“
„Alle Ausfallstraßen sind gesperrt. Niemand darf die Stadt ohne schriftliche Erlaubnis der militärischen Dienststellen verlassen. Kehren Sie um und kaufen Sie sich eine Zeitung.“
Das war kein schlechter Rat. Mowry beschloß, ihn zu befolgen. Kaum war der Streifenwagen außer Sicht, fuhr er ein Stück in die Stadt zurück und fand einen Kiosk. Einige Meter weiter fand er einen Parkplatz, wo er in aller Ruhe die Zeitung studierte. PERTANE UNTER KRIEGSRECHT! AUSREISEVERBOT! Drastische Aktionen gegen die verräterische Freiheitspartei! Polizei auf den Spuren des Bombenattentäters.
Weiterhin besagte der Bericht, daß die Kaitempi zwei geflohene Verbrecher erschossen und zwei weitere lebendig gefangen habe. Diese hätten ihre Mitgliedschaft zur Revolutionspartei bereits zugegeben. Man habe erste Spuren gefunden, die mit Nachdruck verfolgt würden.
Das stimmte, mußte Mowry zugeben. Eine Horde von Agenten umlagerte sein bisheriges Quartier, wo in einer Tasche weitere Ausweise lagen, mit denen er nun nicht mehr rechnen konnte. Und wie sollte er zur Höhle gelangen, wenn zwischen ihr und ihm ein Ring von Truppen stand?
Hm, vielleicht war das seine Chance? Natürlich würde man jeden überprüfen, der den Ring passieren wollte. Aber er besaß ja noch die Ausweise eines hohen Offiziers. Es kam also vielleicht nur darauf an, welchen Rang jener besaß, der ihn anhielt und kontrollierte.
Nun, er mußte versuchen, oder er war in der Stadt gefangen, die schon jetzt einem Heerlager glich.
*
Etwa sechzig Straßen führten aus Pertane heraus; darunter die breiten Hauptstraßen, aber auch schmalere Nebenstraßen, die zu nahen Dörfern und Fabriken führten. Sie würden weniger bewacht sein als die Highways. Auch war damit zu rechnen, daß die Polizei sich weniger um sie kümmern würde. Er hätte also dann nur mit Soldaten zu tun.
Alle diese kleinen Straßen kannte er natürlich nicht, wohl aber jene, die parallel zur Hauptstraße nach
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