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TS 57: Die Irrfahrten des Mr. Green

TS 57: Die Irrfahrten des Mr. Green

Titel: TS 57: Die Irrfahrten des Mr. Green Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip José Farmer
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auf dem Vordeck und lauschte den Arbeitsgeräuschen der unsichtbaren Matrosen. Er hatte die Schuhe ausgezogen, um mit den bloßen Füßen jeder Bewegung des Schiffes nachzuspüren, und wenn die undurchdringliche Schwärze, durch die das Schiff sich jetzt bewegte, ihn vielleicht auch manchmal zögern oder zweifeln ließ, so merkte man es ihm jedenfalls nicht an. Mit fester Stimme gab er den Rudergängern seine Kursanweisungen.
    „… sechs, sieben, acht, neun, zehn. Jetzt! Laßt nach Backbord abfallen! Laßt abfallen! So ist’s recht!“
    Green, der hoch oben auf dem Vortopp hockte, erschien das plötzliche Wendemanöver furchterregend und fast widernatürlich. Er konnte spüren, wie das Schiff und mit ihm der Mast, auf dem er saß, weiter und weiter zur Seite krängte, bis seine Sinne ihm zuriefen, jetzt – jetzt müßten sie umschlagen, um auf dem Boden zu zerschellen. Doch seine Sinne trogen. Denn obschon der Fall kein Ende zu nehmen schien, kam doch der Augenblick, wo die rückläufige Bewegung einsetzte, das Schiff sich wieder aufrichtete, um nun allerdings nach der anderen Seite zu fallen.
    Plötzlich flatterten die Segel und klatschten gegen die Masten. Das Schiff hatte jetzt den Punkt erreicht, wo der Wind von dwars auftraf und keine Angriffsmöglichkeit mehr fand. Dann aber, während der Schwung seiner Fahrt das Schiff weiter im Kreis herumführte, füllte das Tuch sich wieder mit einem knallenden Laut. Der Wind traf jetzt aus einer völlig unnatürlichen Richtung auf, nämlich von vorn, und die Segel wölbten sich nach hinten, wobei ihr Mittelteil fest gegen die Masten drückte.
    Der Roller kam fast augenblicklich zum Stillstand. In der Takelage stöhnte es, und die Masten knarrten laut. Dann bogen sie sich rückwärts, und die Matrosen, die über den Rahen hingen, fluchten unterdrückt, während sie sich verzweifelt festklammerten.
    „Ihr Götter!“ rief Green. „Was hat er vor?“
    „Ruhe!“ sagte jemand in seiner Nähe. „Miran steuert ihn rückwärts.“
    Green verschlug es den Atem. Doch er begann Mirans Absichten zu verstehen. Inzwischen bewegte sich der Vogel wieder auf seinem alten Kurs, aber langsamer als vorher, weil die Segel, durch die Masten behindert, dem Wind geringere Angriffsfläche boten. Die Ving-Schiffe mußten deshalb bald auf gleicher Höhe mit ihnen sein, denn bei seinem Wendemanöver hatte das Kauffahrteischiff natürlich zusätzlich an Boden verloren. In wenigen Minuten also würden die Ving sie einholen, für kurze Zeit neben ihnen herlaufen und sie dann hinter sich zurücklassen.
    Immer unter der Voraussetzung natürlich, daß Miran seine Geschwindigkeit und die Kurve, die der Vogel bei der Wendung beschrieben hatte, richtig eingeschätzt hatte. Andernfalls konnte jeden Augenblick der Krach ertönen, mit dem der Bug eines Ving-Schiffes sie rammte.
    „Oh, Booxotr“, betete jemand in Greens Nähe laut, „steuere uns sicher, oder du verlierst einen deiner ergebensten Anhänger, nämlich Miran.“
    Booxotr, erinnerte sich Green, war der Gott des Irrsinns.
    Plötzlich packte ihn eine Hand bei den Schultern. Es war sein Nebenmann.
    „Siehst du sie nicht?“ flüsterte dieser. „Sie sind schwärzer als die Nacht.“
    Green strengte seine Augen an. Bildete er es sich nur ein. oder sah er zu seiner Rechten tatsächlich eine Bewegung? Und eine zweite auf Backbord?
    Was es auch war, Roller oder Einbildung. Miran mußte es ebenfalls bemerkt haben. Seine Stimme zerriß die Stille der Nacht.
    „Alle Geschütze – Feuer!“
    Als wären auf seinen Befehl verborgene Leuchtkäfer hervorgekrochen, glühten überall entlang der Reeling winzige Lichtpünktchen auf. Green war im ersten Moment überrascht, obwohl er wußte, daß der glimmende Zunder bis dahin unter Körben versteckt gehalten worden war, um den Ving den Standort des Schiffes nicht zu verraten.
    Die Leuchtkäfer wurden zu langen glühenden Schlangen, als die Zünder Feuer fingen.
    Dröhnender Donner ließ das Schiff erzittern.
    Kaum eine Sekunde später setzte auf dem ganzen Schiff rasendes Musketenfeuer ein. Auch Green beteiligte sich daran und schoß seine Waffe auf das Fahrzeug ab, dessen Umriß die Flammen des Geschützfeuers vorübergehend aus der Nacht herausgeschält hatten.
    Dann hüllte Dunkelheit sie wieder ein, doch mit der Stille war es vorbei. Die Männer brüllten, und die Decks erzitterten, während die Geschütze von neuem ausgerannt wurden. Bei den Piraten rührte sich nichts.
    Miran schrie einen neuen

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