TS 58: Das Raumschiff der Verbannten, Teil 1
bekommen.
An den Bericht schloß Helmer an:
„Da nur Offiziere den Kanonensektor ohne weitere Kontrolle betreten können – oder vielmehr betreten konnten – richtet sich der Verdacht eindeutig gegen uns, Sir. – Daher meine Forderung.“
Helmers Bericht hatte zwei Minuten gedauert und Leinster Zeit genug gelassen, sich auf die Antwort vorzubereiten.
„Ich werde Ihnen nachweisen, daß das Kanonenleck auf Sabotage zurückzuführen ist. Mehr habe ich nicht behauptet, und mehr zu beweisen können Sie nicht von mir verlangen.“
Helmer war überraschend schnell damit einverstanden.
„Ich glaube, daß niemand etwas dagegen einzuwenden haben wird, Sir … obwohl ich natürlich nicht für alle Offiziere sprechen kann.“
Den Teufel kannst du nicht, dachte Leinster zornig. Wo du sie doch erst aufgewiegelt hast.
Er wandte sich zu Rigellian hinüber.
„Wo ist Godfroy?“ wollte er wissen.
„Hat Freiwache, Sir“, antwortete Rigellian. „Wahrscheinlich in seiner Kabine.“
Leinster nickte.
„Rufen Sie ihn, bitte. Godfroy als Techniker wird Ihnen beweisen können, daß das Leck an der Kanone Sabotagearbeit ist.“
Rigellian nahm das Mikrophon des Bordsprech auf und drückte Godfroys Nummer. Der Bildschirm gab ein rotes Blinkzeichen; aber Godfroy meldete sich nicht. Rigellian legte auf.
Leinster zuckte mit den Schultern.
„Wir haben Zeit“, sagte er. „Geben Sie einen Rufspruch durch, damit Godfroy sich sofort im Kommandostand meldet, wenn er zu seiner Kabine zurückgekehrt ist.“
Er drehte sich um und verließ den Kommandostand.
Ursprünglich wollte er zu Glarendon und seinen Leuten zurückkehren, um sie über den bisherigen Gang der Dinge zu unterrichten.
Aber dann fiel ihm ein, daß es vielleicht besser sei, zur Messe hinüberzufahren und nachzusehen, ob Godfroy dort war.
Helmer legte eine verhängnisvolle Aktivität an den Tag, und je schneller Godfroy seine Erklärung abgab, desto eher war ihm der Mund gestopft.
Die Messe lag vom Kommandostand nicht ganz einen Kilometer entfernt. Sie lag an der Peripherie der kleinen Kugel, die mit ihrem eigenen Schwerefeld das Zentrum der GLORIOUS bildete.
Die Gänge zwischen Kommandostand und Messe waren überaus belebt. Die letzte Wachablösung hatte vor einer Stunde stattgefunden. Aus den Mannschaftsräumen strömten die Leute – nachdem sie sich umgekleidet hatten – zu den Mannschafts- und Unteroffiziersmessen.
Nur wenige Offiziere waren zu sehen. Auch in der Messe waren nicht mehr als fünf. Sie saßen an einem Tisch und grüßten stramm, als Leinster auf sie zukam.
„Haben Sie Godfroy gesehen?“ wollte Leinster wissen.
Nur einer von den fünfen hatte.
„Er ist sofort nach dem Wachwechsel hierhergekommen, Sir, um zu essen. Dann ging er zu seiner Kabine zurück. Er sagte, er sei hundemüde.“
Leinster war erstaunt.
„Wann war das? Ich meine: wann ist er hier weggegangen?“
Der Offizier überlegte.
„Vor einer halben Stunde, würde ich sagen.“
Leinster dankte und eilte davon. Godfroys Kabine lag von der Messe nur ein paar Schritte weit entfernt. Leinster wechselte hastig über ein paar Transportbänder hinüber und drückte ein paarmal hintereinander auf den Meldeknopf neben dem Kabinenschott.
Der Gang, in dem er sich befand, gehörte zum „Wohnviertel“ der Offiziere. Weiter vorne – etwa hundert Meter – auf dem Hauptgang, der die Messen und Kasinos untereinander verband, herrschte reger Verkehr; aber in Leinsters Nähe war alles ruhig.
Auf das Summen des Melders hin rührte sich nichts. Leinster drückte ein zweites Mal auf den Knopf.
Seine Unruhe wuchs. Godfroy schien vom Erdboden verschwunden.
Leinster haßte es, in jemandes privaten Bereich einzudringen, ohne daß er dazu eingeladen war. Aber in diesem Augenblick schien ihm Rücksichtnahme Zeitvergeudung zu sein. Er zog den kleinen Kode-Geber hervor, auf dessen Signal hin sich alle Elektronik-Schlösser des Schiffes öffneten.
Das Schott rollte widerstandslos beiseite, und von der Gangbeleuchtung her fiel ein breiter Lichtstreifen in die Finsternis von Godfroys Kabine.
Leinster betrat den kleinen Vorraum und schaltete das Licht an. Von dem Vorraum aus führte eine gewöhnliche Tür in den eigentlichen Wohnraum hinein. Leinster öffnete sie und griff nach rechts, um auch dort das Licht einzuschalten.
Der Raum war ebenso eingerichtet wie alle anderen Offizierskabinen an Bord: mit einem Maximum an Zweckmäßigkeit und einem Minimum an Individualität.
Ein Tisch,
Weitere Kostenlose Bücher