TS 58: Das Raumschiff der Verbannten, Teil 1
Rede. Leinster konnte erkennen, daß die Siedler eine Lautsprecheranlage nach allerRegeln der Kunst aufgebaut hatten und die Worte des aufgeregten Sprechers tatsächlich bis ans letzte Ende der großen Menschenmenge zu verstehen waren.
Frodgey hatte zu niedrig geschätzt. Leinster war sicher, daß die Menge aus wenigstens achtzehntausend Leuten bestand. Beim Heranfahren war zu sehen, daß der größte Teil von ihnen Männer waren. Die Frauen hielten sich offenbar – wie auf der Erde schon – nach Möglichkeit aus der Politik heraus.
„Halt an!“ befahl Leinster.
Frodgey stoppte den Wagen zehn Meter vor den am weitesten hinten stehenden Zuhörern. Mit Leinster zusammen stieg Frodgey aus.
„Ich warne dich …“, murmelte Frodgey, aber weiter kam er nicht mehr.
Seltsamerweise war es ausgerechnet der Mann auf dem Dach, der die beiden Neuankömmlinge zuerst entdeckte, obwohl er um ein paar Meter weiter von ihnen entfernt war als die Leute, hinter deren Rücken Frodgey den Wagen angehalten hatte.
Der Mann unterbrach seine Rede. Leinster hörte ihn rufen:
„Zwei neue Freunde sind zu uns gestoßen! Ich bezweifle nicht, daß auch sie sich in wenigen Minuten unserer Meinung und unserem Feldzug angeschlossen haben werden. Ich begrüße euch …“
„Ich dich auch“, knurrte Frodgey. „Wart nur, bis ich bei dir bin!“
Die zuhinterst Stehenden hatten sich umgewandt und Leinster erkannt. Es war deutlich zu erkennen, daß sie nicht wußten, wie sie sich zu verhalten hätten.
„Laßt uns durch, Leute“, bat Leinster lächelnd. „Wir wollen mit dem Mann dort vorne reden!“
Eine schmale Gasse öffnete sich, und Leinster schritt ohne Zögern hinein. Frodgey folgte ihm, und Leinster hörte ihn brummen:
„Wenn das gutgeht …!“
Leinster hatte die Hälfte der Entfernung bis zu dem Bungalow zurückgelegt, als die ersten Protestrufe laut wurden.
„Gegen die Diktatur der Offiziere! Zieht die Brüder bei den Ohren!“
Aber es waren nur einzelne Rufe, und sie kamen niemals in Leinsters Nähe. Der Mann auf dem Dach war inzwischen informiert worden, um wen es sich bei den beiden „Freunden“ handele. Er schwieg und ließ Leinster mit Frodgey herankommen.
Der Mann grinste.
Leinster blieb vor der Frontseite des Bungalows stehen und rief hinauf:
„Ich möchte gerne mit Ihnen und den Leuten ein Wort reden! Haben Sie was dagegen?“
„Gar nichts. Kommen Sie ruhig ‘rauf – durch das Haus!“
Die Tür stand offen. Das Haus war einstöckig. Das Luk, das aufs Dach hinaufführte, stand offen, und gegen den Rand der Öffnung lehnte eine Art Leiter. Neben der Leiter hingen die Leitungen für die Lautsprecheranlage herab.
Leinster stieg aufs Dach hinauf. Frodgey kam dicht hinter ihm her. Die rechte Hand hatte er in der Tasche. Leinster wußte, daß er dort einen kleinen Ultraschallstrahler trug.
„Wer ich bin, wissen Sie“, sagte Leinster zu dem Mann mit dem Mikrophon in der Hand. „Jetzt möchte ich gerne noch wissen, wer Sie sind.“
Der Mann grinste immer noch.
„Sie werden mich nicht kennen“, antwortete er. „Mein Name ist Glarendon. Ich bin Elektronik-Techniker von Beruf.“
Leinster nickte.
„Und unter wessen Diktatur, glauben Sie, haben diese Leute zu leiden?“ fragte er, und machte dabei eine weitschweifende Handbewegung über die zuhörende Menge hin.
Seine Worte wurden ebenso wie die Glarendons durch das Mikrophon übertragen.
„Unter der Diktatur der Leute“, erwiderte Glarendon, „die den ursprünglichen Reiseplan unbedingt einhalten und die Gefahr nicht sehen wollen, die daraus entspringt.“
„Woraus?“ fragte Leinster scharf.
„Das Triebwerk ist schadhaft, wie wir gehört haben“, antwortete Glarendon schnell. „Wenn wir schon auf ein solches Triebwerk angewiesen sind, dann sollten wir die Fahrt so schnell wie möglich hinter uns bringen und nicht riskieren, daß alle Aggregate vollends zum Teufel gehen, wenn sie nach vier Jahren zum Bremsen wieder eingeschaltet werden.“
Dünner Applaus antwortete ihm.
„Da haben Sie etwas Falsches gehört“, erklärte Leinster. „Das Triebwerk ist nirgendwo schadhaft. Das Leck, das an einer Nugas-Kanone entstanden ist, wurde mit Absicht geschweißt. Jemand hat Sabotage verübt, um Sie und Ihresgleichen zu dieser Kampagne aufzuwiegeln.“
Glarendon schwieg verbissen. Auch die Menge war still.
„Beweisen Sie uns das!“ verlangte Glarendon nach einer Weile.
Leinster nickte.
„Ich will es Ihnen gerne beweisen – aber nur unter
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