TS 60: Gehirnwäsche
um ihn strahlten ein gedämpftes Licht aus. Er lag in einer leeren Zelle auf dem Rücken. Er tat gut daran, aufzustehen, ehe Darfu kam und ihm mit einem Fußtritt nachhalf …
Vye blinzelte. Das war ja gar nicht seine Kammer im »Sternfall«, das sagten ihm seine Augen ebenso wie seine Nase. Dazu war seine Umgebung viel zu reinlich und zu gepflegt.
Er setzte sich steif auf und blickte staunend an sich herunter. Das einzige Kleidungsstück, das er trug, war ein Lendentuch, das von einem breiten Gürtel gehalten wurde. An den Füßen trug er plump gearbeitete Sandalen, und seine Beine waren bis zur Hüfte von zahllosen Kratzern, Narben und verheilenden Wunden bedeckt.
Mühsam – sein Geist schien ebenso träge und erschöpft wie seine Arme und Beine – versuchte er, sich zu erinnern. Und langsam verband sich in seinem Gedächtnis ein Bild mit dem anderen.
Gestern nacht – oder gestern – war Rynch Brodie hier eingeschlossen worden. Und ,hier’ war ein Lagerabteil in einem Raumschiff, das einem gewissen Wass gehörte. Es war der Pilot von Wass gewesen, der sie mit einem Gleiter von der Insel im Fluß befreit hatte, wo die Ungeheuer sie belagert hatten.
Sie waren zu einem befestigten Lager gebracht worden – dem Versteck von Wass. Er war jetzt ein Gefangener mit einer höchst unsicheren Zukunft, die völlig vom Willen des Lords und eines Mannes namens Hume abhing.
Hume, der Raumjäger, hatte keinerlei Überraschung gezeigt, als Wass plötzlich vor ihnen im Scheinwerferlicht gestanden und die Geretteten begrüßt hatte. »Ich sehe, Sie waren auf der Jagd.« Seine Augen waren von Hume zu Rynch und dann wieder zurück gewandert.
»Ja, aber das ist nicht wichtig.«
»Nicht? Was ist dann wichtig?«
»Das hier ist keine offene Welt. Ich muß das melden. Schaffen Sie meine Zivilisten hier weg, ehe ihnen etwas zustößt!«
»Ich dachte immer, alle Safari-Welten wären frei«, erwiderte Wass.
»Diese hier aber nicht. Warum und weshalb weiß ich nicht. Aber ich muß das berichten, und die Zivilisten müssen …«
»Nicht so schnell.« Wass’ Stimme klang sanft. »Ein solcher Bericht würde die Raumpatrouille interessieren, nicht?«
»Natürlich …«, begann Hume und hielt dann plötzlich inne.
Wass lächelte. »Sie sehen – die Komplikationen fangen schon an. Ich habe keine Lust, der Patrouille gegenüber Erklärungen abzugeben, und Sie zweifellos auch nicht, mein Freund – nicht wenn Sie sich einmal überlegen, was das für Folgen haben könnte.«
»Wenn Sie nicht selbst nach Jumala gekommen wären, hätte es gar keine Schwierigkeiten gegeben.« Humes Selbstsicherheit war jetzt wiederhergestellt, und er hatte Stimme und Gesten wieder unter Kontrolle. »Haben Ihnen Rovalds Berichte nicht genügt?«
»Ich habe bei diesem Projekt viel riskiert«, erwiderte Wass. »Außerdem ist es ganz gut, wenn ein Lord sich von Zeit zu Zeit persönlich für die Arbeit seiner Leute interessiert. Das erhöht ihre Leistungen. Und außerdem war es doch gut, daß ich kam, oder nicht, Jäger? Oder wären Sie lieber auf dieser Insel geblieben?
Ob sich unser Projekt noch retten läßt, werden wir erst sehen müssen. Im Augenblick jedenfalls unternehmen wir nichts. Nein, Hume, Ihre Zivilisten werden schon eine Zeitlang sehen müssen, wie sie alleine zurechtkommen.«
»Und wenn sie in Gefahr kommen?« widersprach Hume. »Wenn ein Bericht über einen Angriff fremder Wesen nach außen dringt, haben wir sofort die Raumpatrouille hier.«
»Sie vergessen Rovald«, erinnerte ihn Wass. »Die Wahrscheinlichkeit, daß einer von den Zivilisten mit dem Raumsender umzugehen versteht und einen Funkspruch absetzen kann, ist wirklich gering, und Rovald wird dafür sorgen, daß das überhaupt nicht passiert. Sie haben Brodie mitgebracht, sehe ich.«
»Ja.«
»Nein!« Was war in ihn gefahren, daß er in diesem Augenblick widersprochen hatte? Im selben Moment, als Wass’ Blick sich auf ihn gerichtet hatte, war ihm klar geworden, daß er einen Fehler begangen hatte.
»Das wird ja immer interessanter«, hatte der Lord mit seiner täuschenden Sanftheit bemerkt. »Sie sind doch Rynch Brodie, ein Schiffbrüchiger der Largo Drift, nicht wahr? Ich nehme an, daß Raumjäger Hume Ihnen erklärt hat, wie sehr wir um Ihr Wohlergehen besorgt sind, Mr. Brodie.«
»Ich bin nicht Brodie.« Nachdem er die gefährliche Wahrheit nun schon einmal ausgesprochen hatte, war er starrköpfig genug, dabei zu bleiben.
»Das finde ich höchst interessant. Wenn Sie
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