TS 60: Gehirnwäsche
zu erforschen, was sie nicht zu sehen vermochten. Die Felsspalte, durch die sie gekommen waren, war jetzt von einem Vorhang verschlossen, den sie weder brechen noch durchstoßen konnten.
Hume versuchte es mit seinem Strahler. Sie sahen zu, wie die dünne Flamme an der unsichtbaren Barriere entlangstrich, ohne die geringste Wirkung auf sie auszuüben.
Hume schob die Waffe ins Halfter zurück. »Die Falle ist dicht.«
»Vielleicht gibt es einen anderen Ausweg.« Aber als er es sagte, wußte Vye schon, daß dem nicht so war. Die Wesen, die diese Falle hinter ihnen zugeklappt hatten, würden ihnen kein Schlupfloch gelassen haben. Aber weil sie Menschen waren und einfach eine Niederlage ohne Kampf nicht hinnehmen wollten, machten sich die Gefangenen erneut auf den Weg, diesmal nicht ins Tal hinunter, sondern an seinem Rand entlang.
Immer wieder wurden sie von Büschen und niedrigen Bäumen aufgehalten und zu zeitraubenden Umwegen gezwungen. Sie waren schon eine ziemliche Strecke von der Felsspalte entfernt, als Hume plötzlich stehenblieb und die Hand hob. Vye lauschte und versuchte das Geräusch auch zu hören, das seinen Gefährten erschreckt hatte.
In diesem Augenblick, wo Vye sich auf ein unbekanntes Geräusch konzentrierte, bemerkte er zum erstenmal, was er nicht hörte.
Im Flachland war ein andauerndes Summen, Zirpen, Kreischen und Scharren um ihn gewesen, die Stimmen und Laute von Myriaden von Kleinlebewesen im Gras. Hier, abgesehen vom Singen des Windes und ein paar Insektengeräuschen – nichts. Alle Lebewesen, die größer als eine jumalanische Fliege waren, waren offensichtlich schon seit langem aus diesem Tal vertrieben oder ausgerottet worden.
»Links!« Hume drehte sich um.
Ein undurchdringliches Dickicht war dort, zu dicht, als daß ein ausgewachsenes Tier darunter liegen konnte. Das, was das Geräusch verursacht hatte, mußte sich hinter dem Dickicht verbergen.
Vye sah sich verzweifelt nach einem Gegenstand um, den er als Waffe benutzen konnte. Dann griff er nach dem langen Buschmesser, das Hume in einer Scheide am Gürtel trug. Fünfzig Zentimeter Dreifachstahl schimmerten in seiner Hand.
Hume rückte dem Busch mit kleinen Schritten näher, während Vye ein paar Schritte hinter ihm und etwas links lauerte. Der Jäger verstand mit seinem Strahler umzugehen, das war eine selbstverständliche Voraussetzung für den Leiter einer Safari. Und Vye wußte, wie er ihn unterstützen konnte.
Er streifte das Bündel, das er auf der Schulter getragen hatte, ab und warf.
Aus dem Dickicht schoß ein rotes Etwas und stürzte sich auf den hingeworfenen Köder. Hume schoß, und der schrille Schrei einer Wasserkatze antwortete ihm. Aber der Jäger hatte gut gezielt. Während Vye sich sein Bündel zurückholte, betrachtete Hume den Kadaver.
»Seltsam.« Er griff nach der noch zuckenden Vorderpfote und streckte den Kadaver mit einem Ruck aus.
Es war ein Riese seiner Art, ein Männchen, größer als alle Angehörigen seiner Art, die er bisher gesehen hatte. Ein zweiter Blick zeigte ihm, daß die Rippen durch den räudigen Pelz stachen und die Haut viel zu dicht am Schädel anlag. Die Wasserkatze war dem Hungertode nahe gewesen, und ihr Angriff auf die beiden Menschen war vermutlich ein letzter Akt der Verzweiflung gewesen. Ein verhungernder Fleischfresser in einem Tal, in dem die normalen Laute kleiner Vögel und sonstiger Tiere völlig fehlten, in einem Tal, das in Wirklichkeit eine Falle war.
»Kein Ausweg und keine Nahrung.« Vye fügte die beiden Gedanken laut aneinander.
»Ja. Man nagelt den Feind fest und sieht zu, wie er sich gegenseitig umbringt.«
»Aber warum das?« wollte Vye wissen.
»So ist es am einfachsten.«
»Drunten im Flachland gibt es doch eine Menge Wasserkatzen. Man kann doch nicht alle hier herauftreiben, bis sie sich gegenseitig umbringen. Das würde doch Jahre dauern – Jahrhunderte.«
»Vielleicht hat man diese Bestie hier nur zufällig heraufgetrieben – oder möglicherweise auch, um die Funktion irgend eines Mechanismus zu kontrollieren«, antwortete Hume. »Ich glaube nicht, daß man diese Falle nur gebaut hat, um Wasserkatzen zu beseitigen.«
»Nehmen wir einmal an, daß es schon vor langer Zeit begonnen hat, und daß diejenigen, die es gemacht haben, gar nicht mehr hier sind. Der Mechanismus funktioniert immer noch, ohne daß eine lenkende Intelligenz dahintersteckt. Das könnte doch die Antwort sein, nicht wahr?«
»Ein Prozeß, der erst eingeleitet wird, wenn ein Schiff
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