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TS 62: Das Rätsel der Venus

TS 62: Das Rätsel der Venus

Titel: TS 62: Das Rätsel der Venus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald A. (Hrsg.) Wollheim
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waren.
    Die Grauen konnten nur dreißig oder vierzig Meter sehen – weniger noch als sie. Wenn nur der Nebel schwächer wurde. Aber den Gefallen tat ihr der Nebel nicht. So war eben die Atmosphäre dieses Planeten.
    Plötzlich sah sie ein schwaches Leuchten vor sich. Sie zwang sich zu eisiger Ruhe. Jetzt war der Augenblick gekommen, vor dem Warren sie gewarnt hatte. Sie zwang sich, langsam weiterzustolpern. Im stillen hegte sie eine schwache Hoffnung, daß die Grauen die Stadt noch nicht sahen und sie noch eine Weile in Ruhe lassen würden.
    Sie taumelte weiter und dachte verzweifelt: Noch nicht! noch nicht, während ihre Beine drohten, sich selbständig zu machen und auf das Licht loszurennen.
    Und dann sah sie die Grauen näherrücken. Jetzt rannte sie, und schoß gleichzeitig. Wohin die Kugeln flogen, war ihr jetzt gleichgültig. Und dann wurde ihr klar, daß der Nebel das Geräusch ebenso verschluckte wie das Licht, und sie noch viel zu weit von der Stadt entfernt war, als daß man die Schüsse hören konnte.
    Aber sie hielt ihren Vorsprung. Sie warf die leere Waffe weg. Sie hatte gewonnen. Die Grauen hatten sie unterschätzt, hatten genau das getan, wozu sie sie seit Stunden getrieben hatte.
    Plötzlich hörte sie hinter sich einen Schrei. Den Schrei einer Frauenstimme. Er kam so unerwartet, daß sie unwillkürlich den Schritt verhielt. Im nächsten Augenblick rannte sie weiter. Der Schrei war ein Trick der Grauen.
    Und dann kam er wieder, und diesmal glaubte sie. Worte zu verstehen. Das war kein Grauer. Hinter ihr schrie ein Mädchen. Wieder konnte Virginia nicht anders als stehenbleiben. Und dann rannte sie weiter. Das mußte Yvonne Yonge sein. Irgendwie, aus irgendeinem Grund war ihr dieses Glamourgirl gefolgt. Aber Virginias Pflicht sich selbst und den anderen gegenüber war, Cefor zu erreichen. Sie fing an zu rennen, als wäre sie bisher nur geschlichen.
    Aber die Grauen war ihr auf den Fersen. Sie würde nie wissen, ob sie durchgekommen wäre, wenn sie bei Yvonnes Schrei nicht stehengeblieben wäre, oder ob die Grauen sie ohnehin gefangen hätten. Jetzt jedenfalls hatten sie sie.
    Sie kämpfte, wie sie nie gedacht hätte, daß sie kämpfen konnte. Wären es nur zehn gewesen, nur zwanzig, wäre es ihr vielleicht gelungen, sich loszureißen – aber es waren Dutzende, vielleicht Hunderte. Immer wenn es ihr gelang, sich einer Gruppe zu entwinden, rannte sie der nächsten geradewegs in die Hände.
    Yvonne sah sie nicht, wenn es überhaupt Yvonne war. Sie wurde meilenweit geschleppt. Die Grauen gingen sehr vorsichtig mit ihr um und nahmen lieber ihre wütenden Schläge in Kauf, als sie zu verletzen. Jetzt legten sie sie an den Fuß eines mächtigen Baumes und schlangen Lianen um ihren Hals.
    Einen Augenblick hoffte Virginia – hoffte und fürchtete zugleich – daß sie sie erdrosseln würden. Aber sie schlangen das Seil nur um ihren Hals, um die Plastikhülle ihres Anzugs dichtzuhalten. Dann schnitten sie ihn unter dem Seil ab, klebten die Ränder mit irgendeiner Masse an ihre Haut und nahmen ihr die Schlingpflanze wieder ab.
    Sie wollten also, daß sie weiterhin durch die Filter in der Kapuze atmete. Jetzt wurde sie an Händen und Füßen gebunden und nach verborgenen Waffen abgetastet. Dann verließen sie sie.
    Sie war völlig hilflos. Sie konnte sich natürlich auf die Seite wälzen und versuchen, die Kapuze abzustreifen, damit die giftige Luft in ihre Lungen drang – aber das würde Stunden in Anspruch nehmen, und sie glaubte nicht, daß man sie solange allein lassen würde.
    „Sagen Sie nur nicht, daß ich Sie nicht gewarnt habe“, sagte Warren.
    Sie ruckte hoch, aber sie konnte ihn nicht sehen. Dann tauchte plötzlich sein Kopf in dem Baum neben ihr auf. Er stand in ihm.
    „Warren Blackwell“, stöhnte sie. „Sie!“
    „Ich war die ganze Zeit höchstens hundert Meter hinter Ihnen“, sagte er. „Tut mir leid, Virginia – aber anders ging das nicht. Ich kann wie ein Grauer denken. Aber damit könnte ich nie die Grauen ein paar Stunden lang täuschen. Sie würden unweigerlich die Gedanken eines Menschen spüren – wenn nicht ein anderer Mensch in der Nähe war, der selbst wie ein Mensch dachte.“
    Er grinste. „Ich habe Ihnen gesagt, daß sie keine Gedanken lesen können. Das war nicht ganz der Wahrheit entsprechend. Sie können Gefühle lesen – Furcht zum Beispiel. Und sie hätten es bemerkt, wenn Sie damit gerechnet hätten, durchzukommen. Sie hätten sich gefragt, worauf Sie rechneten

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