Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
TS 62: Das Rätsel der Venus

TS 62: Das Rätsel der Venus

Titel: TS 62: Das Rätsel der Venus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald A. (Hrsg.) Wollheim
Vom Netzwerk:
ihm vorbeizuschieben, aber er wich nicht.
    „Man wird Sie nicht sterben lassen. Sie werden Sie so verstümmeln, daß kein Arzt auf Erde, Mars oder Venus Sie noch retten kann, aber Sie werden noch eine Weile leben. Und dann werden Sie sie zur nächsten Stadt schaffen – in diesem Falle Cefor – und Sie dort liegen lassen. Die Grauen amüsieren sich darüber, daß wir Menschen die Angehörigen unserer Rasse nicht töten, selbst wenn diese zu sterben wünschen. Sie werden in einem Hospital sterben, bis zum Hals voll Morphium gepumpt und sich dennoch vor Schmerzen krümmen.“
    Er ließ sie los. „Aber das ist nicht wichtig“, sagte er beiläufig. „Wichtig ist nur, was Sie ihnen über uns sagen können. Wir werden Ihnen alle dankbar sein. Vielleicht werden wir Ihnen ein Denkmal errichten. Sie werden sterben, aber durch Ihren Tod werden Sie uns retten.“
    Mit diesen Worten wandte er sich ab und ging.
    Als sie zurückkam, wartete Warren an der Luftschleuse. Er grinste. „Können Sie mit einer Pistole umgehen?“ wollte er wissen.
    Sie nickte stumm. „Nehmen Sie sich zwei mit“, sagte er. „Sie werden keine Zeit zum Laden haben.“ Er gab ihr eine Waffe, die sie sich in den Gürtel steckte. Sie trug jetzt einen leichten Pyjama, der so dünn war, daß sie im Innern des Schiffes fröstelte. Darüber hatte sie den Plastikanzug gestreift und mit dem Gürtel, in dem jetzt die Waffen steckten, an der Hüfte zusammengehalten.
    „Und es gibt kein Mittel, seine Gedanken vor den Grauen abzuschirmen?“ fragte sie ihn. bemüht, ihn dabei nicht anzusehen.
    „Nur, indem man selbst wie ein Grauer denkt. Das können nur ein halbes Dutzend Leute auf der Venus – und auch die halten es nicht lange durch.“
    Sie kämpfte einen Drang nieder, ihn anzuflehen, an ihrer Stelle zu gehen. Sie glaubte jedes Wort, das er gesagt hatte – sie rechnete damit, sterben zu müssen. Aber gleichzeitig war sie auch davon überzeugt, daß sie sterben würde, wenn sie im Schiff blieb. Außer ihr würde niemand gehen.
    „Viel Glück“, sagte Warren.
    Sie schlug nach ihm, aber er wich dem Schlag aus und half ihr in die Luftschleuse.
    Als sie ins Freie trat, brach die Hitze über sie herein wie ein Schlag. Die Schiffswand war gegen Hitze und Kälte isoliert. Virginias Anzug sollte eine gewisse Isolierung bieten, aber sie war kaum ein paar Schritte gegangen, da war sie schon über und über mit Schweiß bedeckt.
    Sie sah sich ein letztes Mal zum Schiff um, ehe sie den Abhang hinaufging. Er war nur fünfzig Meter entfernt. Noch konnte sie umkehren. Die Bedeutung dessen, was Warren gesagt hatte, wurde ihr klar. Cefor würde sie finden – nicht aber das Schiff, sobald sie es einmal aus den Augen verloren hatte.
    Sie versuchte, objektiv über Warren nachzudenken. Er mußte von Anfang an gewußt haben, daß sie versuchen würde, nach Cefor durchzukommen, wenn er es nicht tat. Sie war nicht der Mensch danach, still sitzenzubleiben und auf den Tod zu warten. Sie haßte Warren. Und, was das Schlimmste war, sie glaubte, daß er selbst vielleicht durchgekommen wäre. Sie glaubte immer noch an ihn. Irgendwie wäre es diesem Mann gelungen, lebend durchzukommen.
    Aber er brauchte es nicht zu riskieren. Jemand anderer, der bereit war, das Risiko zu übernehmen, würde ihn retten. Daß es eine Frau war, machte diesem Mann, der seinen Stolz verloren hatte, nichts aus.
    Sie schritt dahin, bis ihr die Zeit, die sie schon gegangen war, wie Stunden erschien. Sie kam sich vor, als hätte sie soeben ein Dampfbad genommen. Ihre Uhr zeigte dreiundsechzig Minuten seit dem Verlassen des Schiffs. Sie war schnell gegangen. Über vier Meilen.
    Und dann erreichte sie den Wald. Die venusianischen Bäume glichen denen der Erde darin, daß sie aus einem dicken Stamm bestanden – aber damit erschöpfte sich die Ähnlichkeit auch schon. Man konnte mit dem Arm in sie hineingreifen, und sie schlossen sich darum. Ein starker Mann konnte geradewegs durch einen dieser Bäume hindurchgehen.
    Virginia begann – völlig unlogisch, wie sie sich selbst gestand – zu hoffen, daß sie keine Grauen sehen würde. Sie begann jetzt wie ein Roboter einen Fuß vor den anderen zu setzen. Sie war zäh, das wußte sie. Wenn es sein mußte, konnte sie zwanzig Meilen gehen, ohne zu ermüden. Die einzige Schwierigkeit war der ewig ansteigende Weg. Aber selbst daran gewöhnte sie sich.
    Sie hatte vielleicht zehn Meilen zurückgelegt, als sie gerade vor sich einen Grauen sah. Er stand höchstens

Weitere Kostenlose Bücher