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TS 64: Bluff der Jahrtausende

TS 64: Bluff der Jahrtausende

Titel: TS 64: Bluff der Jahrtausende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Mahr
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ließ ihn nicht zu Wort kommen. Mit zwei weiten Schritten stand er dicht vor dem kleinen Mann, und für den kam die Angelegenheit so überraschend, daß er entsetzt ein paar Meter zurückwich. Dort standen aber seine Begleiter, und da sie nicht recht wußten, was eigentlich gespielt wurde, blieben sie stehen und hemmten des Kommissars weiteren Rückzug.
    „Jetzt will ich Ihnen einmal etwas erzählen, Sie Frosch!“ sagte Chet mit gefährlich ruhiger Stimme. „Ich habe in den vergangenenStunden Ihrem Kreuzerkommandanten dort drüben schon einmal auseinandergesetzt, daß wir lieber bis in alle Ewigkeit weiterfliegen, als uns von irgend jemand wie Verbrecher behandeln zu lassen. – Wenn Sie hier hereinkommen, dann sagen Sie „Guten Tag!“ oder welcher Gruß sonst auch immer gerade in der Mode ist … und wenn Sie etwas haben wollen, dann bitten Sie darum! Verstanden?“
    Liu-Sü zwinkerte ein wenig. Dann machte er sich an seinem Helm zu schaffen und kippte ihn langsam nach hinten. Als sein Gesicht wieder zum Vorschein kam, lächelte es freundlich. Der Kommissar versuchte, das Beste aus seiner Lage zu machen.
    „Natürlich haben Sie recht“, sagte er. „Ich war ein wenig aufgeregt, entschuldigen Sie bitte. Alles Glück für Sie also, und … könnten Sie die Gravitation nicht ein bißchen niedriger einstellen? Wir sind von SUNRISE her nur 0,8 g gewöhnt.“
    Wenn es ihm schwerfiel, sich Chets Forderung zu beugen, dann merkte man es ihm wenigstens nicht an. Chet klassifizierte Liu-Sü in Gedanken als gefährlichen Gegner.
    Er wandte sich zu Jaune um.
    „Jaune, du hast gehört, worum dieser Gentleman uns bittet!“
    Jaune nickte eifrig und begann, an einem Rad zu drehen. Die Gravitation innerhalb des Schiffes sank merklich. Liu-Sü atmete auf.
    „Vielen Dank“, sagte er. „So ist mir erheblich wohler!“
    In Gedanken rezitierte er eine Spalte aus der Enzyklopädie der Raumfahrt, die er zu studieren begonnen hatte, als er erfuhr, daß er die Mannschaft eines Raumschiffes aus der Zeit der privaten Raumfahrt zu testen haben würde:
     … da sie mitunter jahre- oder gar jahrzehntelang nur auf sich alleine gestellt waren, eine Selbständigkeit entwickelt, die sich manchmal bis zur Selbstherrlichkeit steigerte und ein untrügliches Kennzeichen dieses Menschenschlages gewesen ist. Sie waren bereit, anderen, die sie für ebenbürtig hielten, Respekt zu zollen; aber wehe dem, der ihnen selbst den Respekt versagte. Ein Menschenleben galt ihnen wenig, da sie jederzeit bereit waren, das eigene in die Schanze zu schlagen. Sie balgten sich mit offiziellen Regierungsvertretern ebenso herum wie mit primitiven Eingeborenen und kannten keine Ehrfurcht, außer vor der Weite und der Schönheit des Universums …
    Weiß der Himmel, dachte Liu-Sü, da hat der Verfasser recht gehabt.
    Woher hätte Liu-Sü auch wissen sollen, daß Chet das kleine Theater nur zu dem Zweck inszeniert hatte, um den Kommissar die Übereinstimmung zwischen dem, was er zu hören bekam, und dem, was er gelesen hatte – es mußte nicht die Enzyklopädie der Raumfahrt sein; authentische Berichte über die Wildheit und Ungezügeltheit der privaten Raumfahrer fanden sich an vielen Orten – eindeutig feststellen zu lassen.
     
    *
     
    Die Untersuchung dauerte vierzehn Stunden. Die ersten sechs Stunden davon nahm die Inspektion des Schiffes in Anspruch. Liu-Sü und seine Leute schienen Übung in solchen Dingen zu haben; denn sie ließen keinen Winkel aus.
    Chet und seine Männer verfolgten ihre Bemühungen ungerührt. Von den meisten der Geräte, die Liu-Sü bei der Suche verwandte, gaben sie vor, keine Ahnung zu haben; und das schien dem Kommissar zu gefallen, denn er nickte zufrieden brummend vor sich hin.
    Eine andere Bemerkung über Erfolg oder Erfolglosigkeit der Suche machte er nicht.
    Die restlichen acht Stunden verwandte Liu-Sü auf die medizinische und psychologische Untersuchung der vier Männer.
    Sie begann mit einer Aufzeichnung der Nervenreaktionen, um dem Analysator ein Bild vom nervlichen Aufbau des Untersuchten zu vermitteln. Darauf folgte eine vergleichsweise gemütliche Befragung, während der Liu-Sü sich alle Mühe gab, durch leutseligen Tonfall über die Hinterhältigkeit seiner Fragen hinwegzutäuschen. Zum Beispiel:
    „O ja … ich hätte die Erde gerne einmal gesehen! Florence City zum Beispiel; man erzählt bei uns ungeheuer viel davon, wahre Wunderdinge. Aber die Ausschlußrate, Sie wissen ja, man bekommt einfach keine Genehmigung.

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