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TS 64: Bluff der Jahrtausende

TS 64: Bluff der Jahrtausende

Titel: TS 64: Bluff der Jahrtausende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Mahr
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Die Atmosphäre von SUNRISE war dünn, aber atembar.
    „Ich bin befugt, Ihnen auszurichten“, fuhr Liu-Sü strahlend fort, „daß die Stadtverwaltung Sie als ihre Gäste betrachtet. Ich nehme Sie mit in die Stadt, und Sie suchen sich das Hotel aus, in dem Sie wohnen möchten.“
    Chet staunte.
    „Donnerwetter! So herzlich hatte ich es mir gar nicht vorgestellt. Können wir nicht an Bord bleiben?“
    Liu-Sü breitete die Arme aus.
    „Aber warum wollen Sie? Ihr Schiff ist in der Werft bestens aufgehoben. Machen Sie sich deswegen keine Sorge! Ich dachte, Sie könnten ein bißchen Landurlaub gut gebrauchen, wie?“
    Chet schien zu zögern – wie man es von einem verantwortungsbewußten Schiffseigner erwartete – aber Warren Foley stieß ihm verabredungsgemäß in die Rippen und zischte:
    „Sag ja, Chef! Denk an die Steaks und die weichen Betten …!“
    Liu-Sü lächelte.
    „Also schön“, seufzte Chet. „Wir kommen mit in die Stadt. Sagen Sie der Stadtverwaltung unseren verbindlichsten Dank für die Freundlichkeit.“
    Liu-Sü winkte ab.
    „Wo denken Sie hin? Man wird Ihnen zu Ehren einen Empfang geben. Bei dieser Gelegenheit können Sie selbst sagen, was Sie auf dem Herzen haben.“
    Chet rümpfte die Nase.
    „Empfang?“ murmelte er. „An sich mag ich solchen Aufruhr gar nicht …“
    Diesmal war es Jaune, der ihn in die Rippen stieß.
    „Denk an die Mädchen, Chef!“
    Liu-Sü hörte es und lachte. Chet stimmte schließlich ein.
    „Es ist ein Kreuz“, jammerte er und stieg dabei in den Gleiter, „wenn man seine Mannschaft nicht rechtzeitig zur Disziplin erzogen hat. Andauernd haben sie Extrawünsche …!“
     
    *
     
    Die Mannschaft eines privaten Raumfahrers gegen Ausgang des dritten Jahrtausends hätte unter solchen Umständen nicht gezögert, sich das beste Hotel auszusuchen. Chet und seine Männer verhielten sich ebenso. Auf ihren Wunsch hin brachte Liu-Sü sie nach einer ausgiebigen Rundfahrt in einem Haus unter, dessen Zimmerpreise Chet auf dreihundert Credits pro Kopf und Nacht in irdischer Währung schätzte, ohne Frühstück und Bedienung.
    Liu-Sü ließ sich nicht anmerken, ob er die Wahl für unbescheiden hielt.
    Er zog sich zurück, da Chet und die drei anderen ihm offenherzig versicherten, sie würden jetzt gerne alleine sein und sich so herrichten, daß sie nicht mehr „meilenweit gegen den Wind nach Raumfahrt stänken“, wie Warren Foley sich ausdrückte.
    Liu-Sü war großzügig genug, um ihnen „im Auftrag der Stadtverwaltung“ einen Betrag von insgesamt zwanzigtausend Sunrise-Credits zu hinterlassen, damit sie ihre Bedürfnisse in Bekleidung, Kosmetik und ähnlichen Dingen befriedigen könnten.
    Zwar stand der Sunrise-Credit nicht so hoch im Kurs wie der irdische. Aber zwanzigtausend davon waren immerhin noch mehr Geld, als achtzig Prozent der Menschheit jemals auf einem Haufen gesehen hatte.
     
    *
     
    Auf die Auswahl der Bekleidungsstücke verwandte Chet Farren erhebliche Sorgfalt. Er achtete sehr darauf, daß ihm niemand ein Stück zu verkaufen versuchte, das bei seinem Eintritt in das Warenhaus außerhalb seines Blickfeldes gehangen hatte.
    Die Mikrotechnik trieb wunderbare Blüten. Perfekte Opto-Akustiksonden von der Größe eines Staubkorns waren in den Geheimdienst-Archiven keine Seltenheit.
    Demzufolge nahm das Besorgen der Kleider fast einen ganzen Tag in Anspruch. Außerdem waren Chet und seine Männer noch ziemlich anspruchsvoll. Es gab manches Warenhaus, das sie deswegen verließen, weil es einfach nicht anbot, was sie haben wollten.
    Ihre neue Garderobe kostete sie fünfhundert von den zwanzigtausend Credits, die Liu-Sü ihnen gegeben hatte.
    Stille Beobachter – wenn es welche gab – mußten ihre Freude an ihnen haben. Denn angeblich waren sie ja eine Mode gewöhnt, die tausend Jahre zurücklag, und sie nutzten die Gelegenheit, um sich in derben Späßen über die moderne Kleidung lustig zu machen.
    Zu ihren Fahrten quer durch die Stadt benutzten sie die Transportbänder, die unter den Straßen dahinliefen, verirrten sich ein paarmal und fanden erst, als es schon nahezu dunkel war, zu ihrem Hotel zurück.
    Bis dahin kannten sie den inneren Teil von Ulan schon so gut wie den Kommandostand der HARPOONE.
    Liu-Sü erwartete sie. Er behauptete, er sitze schon seit drei Stunden in der Empfangshalle; seine Freundlichkeit schien unter der Geduldsprobe jedoch nicht gelitten zu haben.
    „Ich glaube, ich habe mir eine ungünstige Zeit für meine Bitte ausgesucht“,

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