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TS 64: Bluff der Jahrtausende

TS 64: Bluff der Jahrtausende

Titel: TS 64: Bluff der Jahrtausende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Mahr
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veranlassen würde, daß die wichtigsten Kenntnisse tief im Unterbewußtsein versinken würden, wenn Gewalt angewendet wurde, um sie zum Vorschein zu bringen. Geheimnisse des Space Intelligence Service würden also weder bei der Gehirnwäsche noch irgendeiner anderen Befragungsmethode, die Liu-Sü vielleicht ausgedacht hatte, verraten werden.
    Zu den Informationen, auf die der erst kürzlich entwickelte Katalysator wirkte, gehörte alles Wissen über die Howligan’sche Hinterlassenschaft. Es war nicht zu befürchten, daß die Sunrise-Leute etwas von dem ungeheuerlichen Verdacht erführen, den die irdische Menschheit gegen sie und ihre Rassegenossen hegte.
    Was also hatte es für einen Zweck, die Aussage zu verweigern?
    Gar keinen, entschied Chet.
    Er würde bereitwillig alles sagen, was die Gehirnwäsche ohnehin ans Tageslicht brächte. Um den Rest, den wichtigen Rest, brauchte er sich keine Sorgen zu machen. Der Katalysator arbeitete eigenständig und unbeeinflußbar.
     
    *
     
    Chet hatte also seine Antwort bereit, als Liu-Sü zurückkehrte.
    Aus dem Kommissar war ein anderer geworden. Das stereotype Lächeln war verschwunden. Sein Gesicht war ebenso kalt wie seine Stimme, die Chet Farren noch wie einen Alptraum in Erinnerung hatte.
    Als Liu-Sü die kleine Zelle betrat, war Chet schon wieder so weit, daß er Arme und Beine bewegen konnte. Er hätte aufstehen können; aber er blieb liegen, weil er wußte, daß es seinem Körper guttun würde, sich solange wie möglich auszuruhen.
    „Na …?“ fragte der Kommissar.
    „In Ordnung“, antwortete Chet. „Ich werde Ihnen sagen, was ich weiß. Aber zuvor …“
    Liu-Sü schnitt ihm das Wort mit einer Handbewegung ab.
    „Kein zuvor!“ sagte er hart. „Sie sind nicht in der Lage, Bedingungen zu stellen. Ich habe Ihnen versprochen, daß alles Mögliche getan werden wird, Ihre Lage zu erleichtern, wenn Sie offen sprechen. Wir werden also Ihre Aussage aufnehmen und anstelle der Sequenz von Gehirnwäschen nur eine einzige durchführen, um die Aussage zu überprüfen. Stellt sich heraus, daß Sie alles und vor allen Dingen die Wahrheit gesagt haben, kommen Sie mit einer Pfropfung davon. Andernfalls hätten wir Sie töten müssen.“
    Chet rührte sich nicht. Er hätte nicken können, weil er nichts anderes erwartet hatte; die Sitten der Geheimdienste waren nicht sehr verschieden voneinander. Aber er sparte sich die Bewegung.
    „Wo sind meine Männer?“ fragte er statt dessen hastig, damit der Kommissar keine Möglichkeit hätte, ihm die Frage zu verbieten.
    Liu-Sü verzog das Gesicht.
    „Das weiß ich nicht“, antwortete er.
    „Heißt das …“
    „Keine weitere Antwort“, unterbrach Liu-Sü. „Sie bekommen jetzt etwas zu essen. Ihre Aussagen können Sie gleich danach machen.“
    Dann ging er wieder. Chet blieb reglos auf dem Gestell liegen und richtete seine Gedanken auf die neue Situation.
    Er war sicher, daß die einmalige Gehirnwäsche keine Fehler in seinen Aussagen entdecken würde. Er konnte in aller Ruhe erzählen, was nicht von dem Katalysator beeinflußt wurde, weil es zu unwichtig war, und dann darauf warten, was die Gehirnwäsche zutagebrachte.
    Er zweifelte nicht daran, daß Liu-Sü sein Versprechen wahrmachen würde: ihn mit der Pfropfung davonkommen zu lassen, anstatt ihn zu töten.
    Pfropfung bedeutete: Abtötung des individuellen Bewußtseins und Aufpfropfung einer Bewußtseinsschablone auf das nach dem ersten Teil der Behandlung brachliegende Gehirn.
    Wer eine Pfropfung durchgemacht hatte, der war nach der Behandlung ein völlig anderer Mensch als vorher. Er besaß keine Erinnerung mehr an das, was vor der Pfropfung gewesen war, statt dessen aber eine Pseudoerinnerung, die ein Elektronengehirn für ihn ausgearbeitet hatte und die logisch und lückenlos bis ins kleinste Detail war.
     
    *
     
    Zum Verhör wurde Chet in einen anderen Raum gebracht. Man setzte ihn auf einen Stuhl und brachte die üblichen Meßgeräte für Blutdruck, Hautfeuchtigkeit und Atemrhythmus an Oberarm, Hand und Bauch an, ließ das Registriergerät einen kurzen Test laufen und forderte Chet dann auf, seine Aussage zu machen.
    Während des Verhörs waren nur Liu-Sü und ein anderer Mann anwesend, den Chet nicht kannte. Er sah ziemlich alt aus und machte einen erstaunlich gutmütigen, fast väterlichen Eindruck.
    Chet berichtete, daß es auf der Erde Gerüchte gebe, wonach die mongolischen Welten planten, andere Kolonialplaneten unter ihre Herrschaft zu bringen und

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