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TS 65: Die Zeit-Agenten

TS 65: Die Zeit-Agenten

Titel: TS 65: Die Zeit-Agenten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Merwin jr.
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Sie säumten auf eine Länge von hundert Metern zu beiden Seiten die Straße und hielten die neugierige Menge zurück. Elspeths Träger wurden gute zwanzig Minuten aufgehalten, so dicht war der Verkehr der Sänften und Karren.
    Dies war ihr erstes Fest, an der ein Mitglied der kaiserlichen Familie teilnahm – wenn auch Berenice selbst sowohl mit den Claudiern als auch den Flaviern, allerdings auf höchst inoffizielle Weise, verbunden war. Im Wissen um die Tragödie, die dieser stolzen und doch anziehenden jüdisch-römischen Prinzessin bevorstand, fühlte Elspeth sich besonders zu ihr hingezogen.
    Die Prinzessin erwiderte diese Zuneigung, und so war beinahe eine Art Freundschaft daraus geworden, die natürlich die kulturelle Mission gleichzeitig einfacher und komplizierter gemacht hatte, als Elspeth ursprünglich gewünscht hatte. Einfacher, weil Elspeth durch die Prinzessin Zugang auch zu den höchsten Kreisen Roms hatte, schwieriger wegen der vielen gesellschaftlichen Verpflichtungen, die das mit sich brachte.
    Wenn Elspeth auch Berenices Palast schon mindestens ein dutzendmal betreten hatte, war sie doch nicht auf den Anblick vorbereitet, den er jetzt im Glanz eines Festes bot. Seine gewöhnlich kalt anmutenden Wände waren mit farbenfrohen orientalischen Teppichen von ungeheurer Größe behängt; die hohen, meist mit Säulen versehenen Räume, die gewöhnlich nach Sonnenuntergang düster wirkten, gleißten jetzt im Licht zahlloser Fackeln. Im Atrium wimmelten farbenfreudige Togen und Tunikas, vermischt mit kostbaren oder raffinierten Kleidern der Gäste – und auch die Diener und Sklaven waren in festlicher Pracht gekleidet.
    Als Elspeth eintrat und ihre Stola einem kleinen, schwarzen Mädchen übergab, und sich dabei wie eine weißhäutige Riesin unter schwarzen Zwergen vorkam, spürte sie beinahe körperlich, welcher Haß von diesem Mädchen ausging. Sie lächelte, setzte sich und ließ sich von einer Sklavin die Frisur richten.
    Langsam entspann sich um sie eine Unterhaltung – eine Unterhaltung, wie Frauen sie wohl seit den ersten Tagen der Menschheit geführt hatten.
    Es wurde auch viel gelacht, aber weder Elspeth noch die Sklavinnen stimmten in das Gelächter ein.
    Als sie ihre Toilette beendet hatte, ließ sie sich zur Gastgeberin führen.
    Berenice Agrippina war nicht ganz so alt wie Elspeth, und an ihren weichen Zügen fiel besonders der breite Mund auf. In ihrer Robe aus gesponnenem Silber wirkte sie wirklich königlich, und ihre Arme, ihr Hals, die Finger und das kohlschwarze Haar schimmerten vor Rubinen und Saphiren.
    Als Elspeth vor ihr knickste, hieß die Prinzessin sie aufstehen und flüsterte ihr zu: „Bleib in meiner Nähe, Marina Elspetia – der Prinz wird bald kommen, und ich möchte, daß du ihn kennenlernst.“
    „Bin ich denn eine gotische Prinzessin?“ erkundigte sich Elspeth und erinnerte sich dabei an Anekdoten um die romantischen Neigungen des Prinzen.
    „Ich werde in der Nähe sein“, sagte Berenice. Elspeth hatte kaum die Plattform verlassen, als eine kräftige männliche Hand sie am Arm packte. Sie wandte sich um und erblickte Gnaius Laconius, der wie üblich von einer Wolke von Parfüm umgeben war.
    Im Glanz seiner grellroten goldgesäumten Tunika, dem goldenen Gürtel und den gekünstelten Locken wirkte er nach Elspeths Meinung wie ein zurechtgemachter Hollywood-Star. Trotzdem unterdrückte sie den Wunsch, ihm ins Gesicht zu lachen und sah ihn mit Augen an, die – so hoffte sie – schmachtend wirken sollten.
    „Geliebte, wir müssen so schnell wie möglich gemeinsam hier weggehen“, flüsterten seine rot gefärbten Lippen an ihrem Ohr. „Ich habe die Sekunden gezählt, seit ich dich verlassen habe.“
    „Du!“ spottete sie. Sie hatte wirklich noch nie etwas Abstoßenderes als diesen Mann gesehen.
    „Was sollen diese Worte?“ erwiderte er. „Marina. Du mußt noch heute mein sein, oder ich sterbe. Ich erschieße mich, wenn du nein sagst.“
    Da war es wieder. Schußwaffen würde es erst in fünfzehnhundert Jahren geben, und wenn man bedachte, wie viele Anachronismen sie an Gnaius Laconius bereits festgestellt hatte und weiterhin den Bericht im Auge behielt, den Commander de Mestres über die Lage gegeben hatte, so schien es, daß man diesem Mann Aufmerksamkeit widmen mußte. So hauchte sie: „Später, Gnaius.“
    Seine Stirn glühte. „Du meinst … ich darf hoffen?“ flüsterte er.
    „Ich meine, daß ich nachher mit dir gehe – aber noch nicht. Berenice

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