TS 68: Die Stadt im Meer
der Angreifer brachen und sie zum zweitenmal flüchteten, folgte Zee ihnen mit allen Soldaten, die sie finden konnte. Sie verfolgten die Fliehenden etwa hundert Meter weit und hieben auf sie ein. Dann ließ sie die Bogenschützen in Aktion treten und lief zurück in das Wäldchen.
„Barra?“
„Hier. Immer noch unter den Lebenden.“
„Wir haben ihre schwache Stelle gefunden. Jetzt kommt es darauf an, wer den längeren Atem hat.“
„Halt bis Sonnenaufgang durch, Zee. Bei Tage werden sie sich in ihre Höhlen verkriechen. Das, glaube ich, erklärt die Blässe ihrer Haut. Sie leben anscheinend unter der Erde und kommen nur bei Nacht hervor. Horch doch mal!“ Sie erhob sich rasch auf die Knie und starrte auf die offene Prärie hinaus. „Hast du das gehört?“
„Ich habe nichts gehört. Was ist … Ja!“
Sie hörten weit entfernt ein dumpfes Donnergrollen.
„Das kann doch kein Gewitter sein!“
„Nein“, sagte Zee, „und es hört sich auch nicht an wie ihre Waffen. Es klingt mehr wie …“
„Captain!“ Leutnant Donn hob ihren Kopf vom Boden. „Hier unten – können Sie es kommen hören.“
Zee ließ sich neben sie fallen, legte ein Ohr auf die Erde. Jetzt war der Donner deutlich zu hören.
„Pferde, Barra! Es klingt wie galoppierende Pferde!“
„Das sind Pferde in rasender Flucht, Zee. Wir sollten besser zu den Bäumen hinüber gehen.“
„Captain!“ Ein Soldat in der Verteidigungslinie stand auf. „Pferde – Hunderte von Pferden. Sie kommen auf uns zu!“
„Zieht euch zurück!“ rief Zee. Schnell hob sie den Leutnant auf. „Nehmt die Verwundeten mit euch. Unter die Bäume!“
Weit draußen auf der Prärie tauchten die vorwärtsstürmenden Pferde auf, deren Umrisse deutlicher wurden, je näher sie herankamen, und schließlich zu einer erschreckten Herde flüchtender Tiere wurden, die vor einem unbekannten Schrecken entsetzt davonjagten.
Direkt vor ihnen spie das Gras plötzlich eine Masse von Körpern aus, winzige Männer, die aus ihren Verstecken sprangen und den Schutz des Waldes zu erreichen suchten.
Zee stieß einen schrillen Pfiff aus. „Bogenschützen! Auf sie!“
Höchsten ein oder zwei Dutzend erreichten die Bäume vor den jagenden Pferden, nur, um sofort niedergemacht zu werden. Der Rest wurde von den Ponies überrannt. Die Pferde rasten an dem Wäldchen vorbei und verschwanden in der Nacht. Der Donner der Hufe wurde immer schwächer.
Zee lehnte sich an einen Baum. „Das hätte schiefgehen können! Wie viele Verluste haben wir?“ Sie wischte sich mit dem Arm über die Augen.
„Sieben Tote, Captain. Sechzehn Verwundete.“
Barra meldete sich plötzlich. „Und einen gewonnen.“
„Gewonnen, Barra?“
Die Ärztin sagte spöttisch: „Du glaubst doch wohl nicht, daß die Pferde rein zufällig gekommen sind?“ Sie ging zum Rand des Wäldchens, von wo sie die Prärie überblicken konnte und versuchte nicht, ihre freudige Erregung zu verbergen. „Diesen Trick kennen wir doch, Captain.“
Zee trat rasch neben sie. „Wo ist er?“
„Hier.“ Der Mann stand hinter ihnen.
Der Captain ließ ihn nicht hängen.
Noch hielt sie ihm die Strafpredigt, die er ihrer Ansicht nach so wohlverdient hatte. Sie konnte überhaupt nichts tun von all dem, was sie sich vorgenommen hatte. Sie machte vier rasche Schritte auf ihn zu und blieb dann wie angewurzelt stehen, unfähig, ein Wort zu sagen.
Er wartete geduldig, daß sie aussprach, was ihr auf der Seele lag und schwieg. Sie brachte kein Wort heraus und streckte schließlich ihre Hand aus, wie um die Kräfte, die sie besiegten, abzuwehren und ließ müde die Schultern hängen.
Er nickte, sah ihr aufmerksam ins Gesicht und las ihre Resignation darin.
Schließlich sagte sie dumpf: „Du bist zurück.“
„Wo ist mein Korporal?“ Sie fragte, als ob es sie in Wirklichkeit gar nicht interessiere, ihr völlig gleichgültig sei.
Er zeigte nach Osten. „Umgekehrt.“
Zee schloß müde die Augen. Mit einer ausholenden Handbewegung wies sie auf die Szenerie. „Ich nehme an, ich habe dir zu danken.“
Wolf antwortete nicht.
Sie wandte sich um und ging fort, hinein in die Dunkelheit der Bäume. Er sah ihr nachdenklich nach und merkte kaum, daß jemand seinen Arm berührte.
„Mann, Mann“, rief Barra, „sind wir froh, dich zu sehen! Und bin ich froh, daß du wieder da bist!“
Er wandte seine Aufmerksamkeit der Ärztin zu. „Sag’s noch mal!“
„Was? O – ich sagte, wir sind glücklich, dich wiederzusehen.“
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