TS 69: Im Kosmos verschollen
Faktoren. Die Männer auf der Erde sind zum Beispiel ganz anders als die männlichen Wesen hier auf Kara.“
Sie sah mich mit großen Augen an. Meine Aufgabe war nicht leicht. Ich wollte ja nicht nur Interesse, sondern auch Gefühle für die Erde wecken.
„Die Erde ist ein kleinerer, dichterer Planet als Kara“, erklärte ich. „Drei Fünftel der Erde liegen unter ungeheuren Wassermassen, und große Teile der übrigen zwei Fünftel sind unbewohnbare Wüsten oder vereiste Polregionen. Der Mensch entwickelte sich unter ungeheuer schwierigen Bedingungen. Er brauchte Mut, Initiative und Härte, um die Schwierigkeiten zu meistern. Der Mensch kann stolz darauf sein, daß er sich behauptet hat.“
„Aber?“ Eve hatte natürlich das Kernproblem erkannt und wollte das Wesentliche meiner Erklärung hören.
„Die Menschen sind anders als die Bewohner von Kara, Eve, härter, grausamer und unvernünftiger. Sie bekämpften sich gegenseitig, und das mit unvorstellbarer Brutalität.“
Eve rutschte von meinen Knien und starrte mich fassungslos an. „Willst du damit sagen, daß du dich vor unseren eigenen Leuten fürchtest? Nicht die Karaner werden den Frieden brechen, sondern die Menschen? Und du hast mir so oft erzählt, wie wunderbar und schön das Leben auf der Erde ist!“
Eve war tief enttäuscht. Sie tat mir leid, aber diese fundamentale Wahrheit konnte ich ihr nicht länger verschweigen. Sie mußte wissen, warum ich einen Zusammenstoß der beiden Rassen verhindern wollte. Vielleicht begriff sie jetzt, warum ich in den vergangenen dreizehn Jahren keine Anstrengungen unternommen hatte, Kontakt mit der Erde herzustellen.
Irgendwie mußte ich ihre Enttäuschung aber dämpfen. „Die Menschen bekämpfen sich schon seit langem nicht mehr, Eve. Sie haben längst eingesehen, wie unsinnig es ist, sich gegenseitig umzubringen. Trotzdem sind die uralten Instinkte noch wach. Auch auf der Erde gibt es verschiedene Rassen. Die Menschen sind von gleicher Gestalt, aber sie haben unterschiedliche Hautfarben. Es gibt weiße, gelbe, rote, braune und schwarze Menschen. Es gibt viele Millionen, die die anderen nicht als Menschen ansehen, nur weil sie eine andere Hautfarbe besitzen. Kannst du dir vorstellen, welche Katastrophe es unweigerlich geben wird, wenn Karaner und Menschen zusammentreffen?“
Eve konnte es sich nicht vorstellen. „Wenn sie herkämen, würden sie mit offenen Armen empfangen werden“, sagte sie überzeugt.
„Aber sie würden die freundschaftlich ausgestreckte Hand nicht ergreifen. Menschen handeln oft zuerst und denken hinterher nach. Ich war früher auch nicht anders. Was werden sie sehen, wenn sie herkommen: ein gigantisches Sonnensystem mit vielen bewohnbaren Planeten. Sie werden keinen Augenblick zögern, dieses System für sich zu beanspruchen und jeden Widerstand niederzuwalzen. Sie werden keinen einzigen Gedanken an Wesen verschwenden, die sie nur als Tiere sehen. Sie werden die Karaner töten, versklaven und schließlich ausrotten. Solche Dinge sind in der Geschichte der Menschheit oft genug vorgekommen. Ich könnte die Menschen nicht einmal warnen. Die Bewohner der Erde unterstehen keiner gemeinsamen Regierung. Sie sind in kleine Staaten zersplittert, und jeder dieser Staaten sinnt natürlich nur auf. den eigenen Vorteil. Auf der Erde sorgt ein gewisses Gleichgewicht der Kräfte für Ruhe und Ordnung, aber hier draußen wurde jeder tun, was er will. Ein Zusammentreffen zwischen Erdbewohnern und Karanern muß unweigerlich zu einer Katastrophe führen!“
Für Eve war das alles eine bittere Enttäuschung. Ich sah die Verbitterung und die tiefe Verständnislosigkeit in ihren Augen.
„Aber die Erde ist nur ein einzelner Planet, während die Karaner ein riesiges Imperium hinter sich haben“, trumpfte sie auf. „Wenn die Karaner wollten, könnten sie eine gewaltige Raumflotte mobilisieren.“
„Sie könnten es tun, Eye. Vielleicht würde die Bedrohung durch die Menschen auch dazu führen. In der technischen Entwicklung sind die Menschen noch weit zurück. Sie würden einen Krieg zwar beginnen, aber nicht gewinnen können. Die Menschheit ist jünger als die Karaner. Wir brauchen noch viel Zeit, um uns zu entwickeln, um auf den gleichen moralischen und sittlichen Stand zu kommen, denn die Folgen würden für beide Seiten fatal sein.“
Eve ging zum Fenster und blickte auf die Stadt hinab. Ich hatte keine Ahnung, was sie dachte, aber ich kannte ihre Gewohnheiten und wußte deshalb, daß sie mir
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