TS 69: Im Kosmos verschollen
Schiff die Erde ansteuern. Inzwischen werden wir der Menschheit über Funk mitteilen, daß wir Gefangene sind und unser Leben von der zuvorkommenden Behandlung der Besucher abhängt. Später, wenn euer Schiff mit einem diplomatischen Vertreter an Bord die Erde verläßt, kann ein Raumschiff von der Erde zum Pluto fliegen und uns abholen.
Auf diese Weise würden wir noch zu Lebzeiten zur Erde zurückkehren können und trotzdem während der entscheidenden Zeit eure Geiseln bleiben. Diese Taktik wird unseren Leuten zeigen, daß ihr euch nicht übertölpeln laßt, gleichzeitig aber euren guten Willen beweisen.“
Der Erfolg dieser Rede war überwältigend. Alle Mitglieder des Rates waren sofort damit einverstanden. Eve, völlig mit der Gedankenwelt der Karaner vertraut, hatte eine für beide Seiten befriedigende Lösung gefunden.
Der Ratsvorsitzende überlegte nur einen kurzen Augenblick und wandte sich wieder an mich. „Bist du mit diesem Plan einverstanden, Fremder?“
„Ich glaube, dieser Plan ist gut, vorausgesetzt, daß keine der beiden Parteien einen Verrat plant.“
Das Eis war gebrochen. Der letzte Akt unseres Dramas konnte beginnen. Der Ratsvorsitzende war entschlossen, diesen Weg zu gehen.
„Bringt die Funde herein!“ rief er einigen Dienern zu.
Die Diener verließen den Raum und kamen mit den Navigationsinstrumenten, den Karten und Aufzeichnungen der aus dem Sumpf geborgenen Rakete zurück. Hinter ihnen schritten die Wissenschaftler, die mit der Deutung dieser Funde beauftragt waren. Für mich war der Anblick dieser Dinge ein Schock.
Erschüttert nahm ich die Aufzeichnungen in die Hände. Mein Blick glitt über die gaffenden grünen Gestalten, meine Gedanken wirbelten fieberhaft durch mein gequältes Gehirn. Konnten diese Wesen überhaupt hoffen, von den Menschen als intelligente Lebewesen anerkannt zu werden? Für einen kurzen Augenblick war ich der Versuchung nahe, die Sternkarten und Aufzeichnungen zu zerreißen.
Ich tat es aber nicht. Statt dessen öffnete ich die Karte des südlichen Himmels, die ihn so zeigte, wie er von der Erde aus beobachtet werden kann. Mein rechter Zeigefinger wies fast automatisch auf einen Stern in der linken oberen Ecke der Karte.
„Das ist Kara!“ sagte ich nur.
Dann zog ich mit dem Finger eine Linie zur rechten unteren Ecke der Karte. „Dieser Stern hier ist die Sonne. Die Erde ist der dritte Planet dieser Sonne.“
Die Verantwortung lastete schwer auf mir. Was hatte ich getan? Hatte ich der Erde und Kara den ewigen Frieden gebracht, oder hatte ich aus kleinlichen, egoistischen Motiven zwei weit voneinander liegenden Welten einen endlosen Krieg beschert?
Trotzdem war meine Verantwortung nicht allzu groß. Die Karaner hatten die Karten gefunden. Es war nur eine Frage der Zeit. Früher oder später würden sie auch ohne meine Mithilfe zu den richtigen Erkenntnissen kommen, dann aber mit einem Vorurteil belastet sein. Es hatte auch keinen Sinn, die Unterlagen zu vernichten, denn die Karaner hatten todsicher Kopien angefertigt.
Eve trat wieder auf ihren Platz zurück. Die Konferenz war beendet. Ihr Blick ruhte traurig auf mir. Sie war ein Fremdling in dieser Welt, aber auf der Erde würde sie ebenso fremd sein. Sie schien nicht sehr glücklich zu sein. Sie war von anderer Gestalt als die Karaner, aber sie war unter ihnen aufgewachsen und hatte demzufolge starke natürliche Bindungen, die sich nicht ohne Schwierigkeiten lösen ließen. Für mich war vieles leichter, denn ich war ein Kind der Erde. Die Reise dorthin würde für mich die Rückkehr in die Heimat sein, für Eve aber die Konfrontierung mit einer fremden, ungewohnten Welt.
25.
In all den dreizehn Jahren meines Aufenthaltes hatte ich nicht erfahren, was Kara uns alles zu bieten hatte. Erst als ich zur Werft gebracht wurde und das Raumschiff bestieg, wurde ich mir dessen bewußt. Die Karaner waren zweifellos nicht intelligenter als wir, aber ihre Art, die Dinge zu sehen und zu deuten, machte sie uns überlegen.
Wir standen im Kontrollraum des großen Raumschiffes und blickten durch die riesigen Fenster auf die Stadt. Der Kapitän des Schiffes gab ruhig seine Befehle. Die Gangway wurde eingezogen, die luftdichten Schotts schwangen langsam zu.
Ganz sanft erhob sich das gigantische Raumschiff vom Boden. Da war kein langer Countdown, keine umständlichen, nervenzerfetzenden Vorbereitungen. Das Schiff erhob sich langsam in die Luft. Nur ein durch den ganzen mächtigen Schiffskörper dröhnendes
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