TS 73: Der Letzte der Navajos, Teil 1
verspürt. Hinter dem Tuch war das Gesicht des Terraners eine Maske leidenschaftslosen Duldens, und er kämpfte eisern die Regung nieder, die Gorgol mit seinem impulsiven Angebot hervorgerufen hatte.
„Ihr kommt spät.“ Bisters vom Staub rauhe Stimme tat nicht nur Storms Ohren, sondern auch seinen erregten Nerven weh. „Habt ja ‘n ganz schönes Trüppchen zusammengekriegt diesmal. Hat dich der Ziegenbock hier dahingeführt, wo er sie alle fein säuberlich versteckt hatte?“
Diese feindselige Bemerkung bewirkte, daß in Storm wieder diese neue Wachsamkeit aufsprang. Er mochte Bister nicht, aber er betrachtete diese Abneigung nicht länger einfach als eine unangenehme Zugabe in seinem jetzigen Leben. Sie könnte ihm Anlaß geben, etwas Konkretes gegen die Sticheleien des anderen zu unternehmen. Der Terraner wußte nicht, daß ihn seine Augen, die er gewöhnlich besser in der Gewalt hatte, über den Rand des Tuches hinweg verrieten. Coll Bister achtete anscheinend genau auf jedes kleinste Zeichen.
Der Siedler zog sein eigenes Tuch vom Gesicht und spuckte aus. „Glaubst wohl nicht, daß diese Böcke schlau genug sind, um das alles zu planen, wie?“
Storm interessierte sich mehr für Bisters hin- und herpendelnde rechte Hand. Von seinem dicken Handgelenk hing eine Peitsche herunter und schleifte auf dem Boden, eine Peitsche mit einer extra langen, doppelt geflochtenen Schnur aus Yorishaut.
„Wir hätten nicht halb so viele Pferde gefunden, wenn Krotags Männer sie nicht für uns aufgespürt hätten.“ Storms Haltung auf dem Pferd wirkte lässig, seine Hände waren weit von den Waffen an seinem Gürtel entfernt. Aber er ahnte, was geschehen würde genau einen Augenblick vorher, einen Augenblick, den er zum Handeln nutzte, als hätte er das Wissen zusammen mit dem Staub aus der Luft gesogen.
Der schlenkernde rechte Arm hob sich, als der letzte Nachzügler der entlaufenen Tiere vorbeitrottete. Es schien, als zielte Bister mit seiner Peitsche auf den müden Jährling, aber Storm bezweifelte das. Ein schneller Schenkeldruck ließ Rain vorwärtsschießen, so daß die Yorishaut nicht Gorgols nackte Hüfte traf, sondern mit scharfem Klatschen auf Storms besser geschütztes Bein niedersauste.
Darauf war Bister nicht gefaßt gewesen, und auch nicht auf das, was nun folgte. Storms wohlgezielte Vergeltung schickte den größeren Mann zu Boden – sein Arm, der die Peitsche geschwungen hatte, war für kurze Zeit bis zum Ellbogen gelähmt. Mit einem unartikulierten Wutschrei rappelte sich Bister wieder auf, nur um nach einem exakt geführten Kampfhieb Storms wiederum der Länge nach hinzuschlagen. Der Terraner hatte seine Strategie schon im voraus wohl überlegt.
Zu seiner Überraschung griff Bister ihn nicht noch einmal an. Statt dessen blieb der schwere Mann, als er wieder auf den Beinen war, bewegungslos stehen. Er keuchte, sein Gesicht war gerötet, aber er machte keine Anstalten, den Kampf fortzusetzen.
„Wir sind noch nicht fertig miteinander!“ stieß er hervor. „Ich habe von dir gehört, Storm. Ihr trainierten Saboteure könnt einen Mann mit den bloßen Händen töten. Nun gut. Warte nur, bis wir nach Irrawady Crossing kommen, dann werden wir ja sehen, ob du den Mut hast, dich mir zum Pistolenkampf zu stellen! Mit dir bin ich noch nicht fertig – und auch nicht mit deinen Freunden, den Böcken!“
Storm war so verwirrt, daß er fast seine selbstbewußte Ruhe verloren hätte. Bisters Zurückhaltung paßte gar nicht zu dem Typ, der er zu sein schien. Und Storm war ganz sicher, daß der Arzorianer auch nicht nur ein Maulheld war. Während er in das rote Gesicht und die dunklen Augen blickte, die in die seinen starrten, überlegte Storm, ob er Coll Bister nicht ganz und gar falsch eingeschätzt hatte. Dieser Mann hatte nicht das geringste bißchen Angst! Er war sehr selbstsicher – und er haßte! Warum also weigerte er sich jetzt, weiterzukämpfen? Der Terraner sah zu, wie sich der andere in den Sattel schwang. Er würde Bister den nächsten Zug in diesem Spiel überlassen – bis er mehr über den Einsatz erfahren hatte.
„Denk dran –“ Bisters Finger spielten mit dem Gesichtstuch, bereit, die Maske wieder über das vierkantige Kinn emporzuziehen – „wir sind noch nicht fertig miteinander.“
Storm zuckte die Achseln. Es war zweifellos geraten, Bister im Auge zu behalten, aber er konnte nichts damit gewinnen, daß er den anderen das merken ließ.
„Bleib du auf deiner Seite der Herde und ich
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